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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 1
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Die Frage der Kirchenheizung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0008

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8

nächst technisch m 5gltd), Ränuie von
solchen Dimensionen ztt durchwärmen?
Die Frage wird zu besahen sein in unserer
Zeit, die unter dem Zeichen der Kohle
und des Dampfes steht. Nicht nur ein,
sondern mehrere Verfahren werden uns
augeboten und wurden schon angewendet,
was freilich and) wieder ein Beweis dafür
ist, daß noch kein ganz befriedigendes und
vollkommenes gefunden ist. Es handelt
sich, soweit meine Erfahrung reicht, haupt-
sächlich um folgende Vorrichtungen, die
ich in aller Kurze mit Vorzügen und
Schattenseiten aufsühren will:

1) Die C e n t r a l h e iz u n g von einem
unterirdischen Heizraum aus; hier kommt
iu Betracht zunächst die Luftheizung,
welche die Anlage von zwei geschiedenen,
gemauerten, am Fußboden sid) öffnenden
Kanälen erfordert, von denen der eine
dem Zuzug der warmen, der andere dem
Abzug der kalten Luft dient; mit dieser
Einrichtung wurden die von Herrn Hof-
baudirktor von Egle erbauten Kirchen in
Stuttgart und Tübingen bedacht. Vor-
züge: gleichmäßige Erwärmung, gesunde
Ausgleichung der Luft; der Heizungs-
apparat stört in keiner Weise und funk- !
tionirt sehr reinlich. Nachtheile: Kost- !
spieligkeit der ersten Anlage; Langsamkeit
des Erwärmungsprozesses, daher große
Kosten auch bei jeder einzelnen Heizung.
Verwandt ist damit die Dampf- oder
H e i ß w a ff e r h e i z u n g, welche eine Röh-
renleitung unter dem Fußboden erfordert;
Hanptvorzng: Erwärmung des Fußbodens.
Nachtheile: hohe Anlagekosten, Verbrauch
von sehr viel Brennmaterial, auch eine
gewisse Gefahr der Explosion bei Mangel
an sorgfältiger Wartung.

2) Die Heizung m i t t e l st eines
oder nt ehr er er Oefen, seien es Gas-
öfen, seien es Kohlenöfen. Erstere er-
zielen sehr rasch eine Steigerung der
Temperatur, werden aber als etwas ge-
sundheitsgefährlich angesehen und sprühen
in die unmittelbare Umgebung eine uner-
trägliche Hitze ans. Am meisten empfehlen
sid) die neuesten eisernen Reguliröfen oder
Kachelöfen. Neuerdings hat das Kgl.
Hüttenamt Wasseralfingen einen Prospekt
versendet, in welchem ein eigens konstruirter
Kirchen-Regulirofen empfohlen wird; er
sei bereits eingesührt in den protestantischen

Kirchen zu Ellwangen, Mergentheim, Groß-
heppach. Berechnet wird, daß für eine Kird)e
von 1200 —1500 Cubikmeter Rauminhalt
ein Ofen erforderlich ist, für 1500—2500
zwei Oefen, für 2500—5000 drei, für
5000—8000 vier, für 8000—12000
fünf. Kaminbauten sind nid)t uothwenig,
sondern das Rohr kann durch das Dad)
oder eilt Fenster geführt werden. Form
ttnd Ornament des Mantels ist geschmack-
voll, sie frühgothisck) zu neuneu ist etwas
kühn. Die Heizungskosten werden gering
angeschlagen und als auck) für eine arme
Gemeiitde erschwinglich bezeick)»et, von der
ganz richtigen Voraussetzung aus, daß
80 Reaumur für die Kirchentemperatur
reiche; die Preise der Oefen sind itick)t
beigesetzt.

Die reiit technische Möglichkeit der
Erwärutnng der Kircheuräume wird also
int allgemeinen zuzugeben seiit, wiewohl
man gut daran thun wird, sich dieselbe
nicht so eiitfack) und wohlfeil vorzustelleu,
als manche Ausschreiben sie darstellen.
Aber wir müssen die Frage nach der Mög-
lichkeit noch einmal stelleit, anders ge-
wendet. Ist die Kirchenheizung
nt ögli ch ohne a u d e r w e i t i g e be-
deutende Nachtheile? Man ist zu
sehr geneigt, tiur deren Vortheile iits
Auge ztt fassen tutd zu preisen, und mau
stellt fick) tutd andern ohne weiteres beit
geheizten Kircbenraum so behaglich vor
wie ein geheiztes Wohnzimmer. Es sind
vor allem sanitäre Gründe, welche man
für die Heizung geltend gemacht; aber
man beachtet nicht, daß die Heizung nicht
bloß sanitäre Vortheile, auck) sanitäre
Nachtheile haben kann, selbst wenn die
vollkommenste Form derselben vorausgesetzt
wird. Man bedenke vor allem, daß man
natürlich nur sehr selten oder nie in der
Lage sein wird, eine Kirche die ganze
Woche hindttrch zu Heizen und warm zu
erhalten. Es wird also in der Zwischen-
zeit von einer Heizung zur andern die
Lust sich wieder vollständig erkälten und
der ganze Steinbatt wieder vott der Winter-
kälte durcktdrnngen werdeit. Nun wird
einmal in der Wock)e die Temperatur rasch
erhöht; das wird meist die unvermeidliche
Folge haben, daß der Bau zu schwitzen an-
fäugt; die seuck)te Winterkälte, dazu die
in unserem Klima so häufig sich findende
 
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