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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 1
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Die Frage der Kirchenheizung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0009
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4

Jnnenfenchtigkeit des Mauerwerks wird!
sich an den Wänden Niederschlagen. Das
eisig kalte Mauerwerk wird an die warme
Jnnentemperatnr Manergase abgeben, der
kalte Fußboden die Bodengase ansströmen.
Dazu kommt die Ausdünstung der Men-
schen und der Kleider, die bei feuchtem
Wetter oder bei Schneegestöber in der
warmen Temperatur eine sehr bedeutende
sein wird. Da darf man sich wahrlich die
durch die Heizung hergestellte Atmosphäre
der Kirche durchaus nicht als eine allzu
angenehme, trockene, warme vorstellen; sie
wird ungesund fenchtwarm lind so unan-
genehm sein wie etwa die eines nicht ganz
trockenen, rasch erwärmten Zimmers, das
sonst nie geheizt wird?) Die Erfahrung
liegt bereits vor, daß viele nicht bloß
kränkliche, sondern selbst gesunde Personen
es in geheizten Kirchen nicht anshalten
können und ihr Prozentsatz ist vielleicht
ebenso groß als der jener, welche die kalte
Kirche meiden müssen. Man beachte ferner
wohl, daß was das Nöthigste wäre, die
Erwärmung des Fußbodens und der unter-
sten Luftschichten, durch die Heizvorrich-
tungen, abgesehen etwa von der Röhren-
heiznng, nicht zu erreichen ist; so werden
die Kirchenbesucher häufig in die Lage
kommen, unten zu frieren und oben zu
heiß zu haben, weil sie ja warm gekleidet
sind. Wenn man besonders auch im Inter-
esse des Predigers die Heizung befürwortet
hat, der mehr als andere die kalte Luft
einzuatmen habe, so ist doch dem entgegen
zu betonen, daß es auch nicht gesund und
leicht ist, auf der erhöhten Kanzel, in einer
Temperatur, die natürlich immer um einige
Grad höher sein wird als die untere, in
einer durch Feuchtigkeit und Ausdünstung
zäh und dumpf gewordenen Luft sprechen

0 Im „Anzeiger für die kath. Geistlichkeit"
1890, Nr. 3 wird zu Gunsten der Heizung
Folgendes geltend gemacht: „Wer will es für
eine gesunde Temperatur ausgeben, wenn im
Innern einer Kirche, welche von mehreren hundert
Personen besucht wird, in Folge massenhafter
Ausdünstungen die nassen Niederschläge in Strö-
men an den dicken, massiven Mauerwänden herab-
fließen, wie das jeder in unfern vielbesuchten
Kirchen beobachten kann, so oft im Winter ein
Wechsel eintritt?" Freilich ist das keine gesunde
Temperatur; aber es ist eine Illusion, zu mei-
nen, daß durch die Heizung die Niederschläge und
Ausdünstungen sistirt werden können; sie werden
vielmehr gesteigert.

! zu müssen. Das sind sanitäre Gegengründe,
welche die Heizung widerrathen, und sie
sind noch viel zu wenig ins Auge gefaßt
worden.

Doch nicht nur der Gesundheit der
Menschen kann die Heizung Schaden brin-
gen, auch der Gesundheit eines andern
Organismus , des K i r ch e n b a u e s samt
dem, was zu ihm gehört. Es wurde schon
gestreift, daß die intermittirende Heizung
nicht ohne schlimme Folgen für den Ban
sein könne; es liegt in ihr eine gewisse
Mißhandlung des Baues; er wird aus
einer Temperatur in die andere gejagt,
ans starker Erwärmung in die Eiseskälte
zurückgestoßen; das kann ihm nicht gut
thun und an den warmen Tagen seines
Winterlebens wird wohl regelmäßig ein
klebriger Fieberschweiß, der feine Innen-
wände bedeckt, von seinem Unbehagen Zeug-
niß geben. Wohl wird sein felsenfester
Organismus für gewöhnlich durch solche
Fieberschauer nicht bedeutender erschüttert
werden und keinen bedenklichen Schaden
nehmen. Aber das Farbengewand, das
etwa sein Inneres trägt, die edleren Theile,
die sein Organismus birgt, ein kostbares
Inventar, Kunstwerke der Skulptur und
Malerei, werden schon härter durch diese
Schwankungen betroffen werden. Darüber
liegen bereits schlimme Erfahrungen vor.
So gehen mir ans Nürnberg folgende
Notizen zu. In der dortigen katholischen
Marienkirche wurde mit einem Aufwand
von 40 000 Mark eine Luftheizung ein-
gerichtet. Als sie in Betrieb gesetzt wurde,
jagte der starke Luftzug den Staub in die
Höhe, der sich auf die kostbaren Wand-
malereien niederließ; dazu kamen alsbald
Feuchtigkeitsniederschläge, welche den Staub
auf den Farben sirirten und die Gemälde
schwer schädigten. Das Ende war: man
mußte die Heizung wieder einstellen. Wir
kennen ans Erfahrung die Wirkungen,
welche sehr rasch eintretendes Thauwetter,
oder vorzeitiges Oeffnen der Fenster im
Frühling in unfern Kirchen zur Folge
hat; nun wohl, durch die Heizung wird
ein ähnlicher Prozeß vielleicht fünfzehnmal
kurz nach einander über den Ban und
sein Inventar verhängt: die Folgen wird
man wahrlich nicht gering anschlagen dürfen.

Welche:: Standpunkt werden wir nun
nach dem Gesagten einnehmen, welchen
 
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