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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0017

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12

logiae in universitate Monacensi
prof. p. o. Monachii, Sumptibus
E.Stahl 1890. XVII et 114p.2,40M.

Walafrid Strabo, geb. ca. 808, von 838—49
Abt des Klosters Reichenau, ist ein Hauptzeuge
des kirchlichen Lebens am Anfang des 9. Jahr-
hunderts und ein Hauptvertreter der kirchlichen
Wissenschaft und Poesie dieser Zeit. Von beson-
ders vielseitigem Interesse ist seine Schrift mit
dem oben angegebenen Titel; der Historiker wie
der Liturgiker, der Apologete lute der Kunstforscher
findet hier verwerthbares Material; ganz beson-
ders muß den Liturgiker und jeden Freund der
Liturgie die Schrift interessiren als erster Ver-
such einer wissenschaftlichen Behandlung der Li-
turgik. Walafrid ist auch vom Standpunkt seiner
Zeit nicht als Kunstkenner zu bezeichnen; aber
dennoch sind seine Mittheilungen und manche
seiner Gedanken bezüglich der kirchlich-liturgischen
Kunst werthvoll und aller Beachtung würdig.
Thalhofer kommt in seinem klassischen Handbuch
der Liturgik des öfteren ans ihn zurück; im übri-
gen ist aber die Schrift bei weitem nicht so be-
kannt und benützt worden, wie sie es verdient.
Da dies offenbar daher rührt, das; die Schrift
wenig zugänglich und bloß in einigen Sammel-
werken, dazu mit vielfach verdorbenem Text, zu
finden war, so entschloß sich Prof. Knvpfler zur
Veranstaltung einer Separatausgabe nach den
neuesten textkritischen Grundsätzen. Zur Ver-
fügung stand ihm der älteste, am Ende des 9.
oder Anfang des 10. Jahrhunderts geschriebene
Codex der St. Gallener Bibliothek; sein Text
war zu Grund zu legen; daneben wurden die
Varianten zweier Münchener Handschriften aus
dem 11. und 12. Jahrhundert berücksichtigt und
zugleich mit denen der Hauptausgaben unter dem
Text allegirt. Der Herausgeber leitet die Schrift
ein mit einer kleinen biographischen und litera-
rischen Skizze über Walafrid und begleitet den
Text mit fortlaufenden Noten, ivelche sämtliche
Citate genau feststellen und über schwierige Aus-
drücke und Punkte sachverständigen Aufschluß
geben, auch einschlägige Literatur verzeichnen.

Werfen wir einige Blicke in die Schrift, nicht
um von deren Lektüre zu dispensiren, sondern
um zu derselben anzulocken. Gleich die ersten
Kapitel beweisen, daß der Verfasser in die Tiefe
strebt; sie haben die Aufschrift de exordiis tem-
plorum et altarium und: qualiter religiones di-
versae se invicem imitatae sint et quid commune
habuerint, quid diversum. Freilich fehlt ihm zu
seinem religionsgeschichtlichen und geschichtslitnr-
gischen Versuch das nöthige Material und seine
.eigenthümliche Grundanschaunng, wornach Tem-
pel und Opferkult dem ersten Ursprung nach auf
die Dämonen zurückzuführen wäre (p. 7), kann
nicht für richtig erkannt werden. Es folgen im
4. Kapitel interessante Bemerkungen über die
Orientirung der Kirchen, welche als Regel be-
zeichnet wird (p. 12), im 5. Kapitel über die
Glocken: de vasis quaeijsimpliciter signa vocantur;
die großen Glocken iverden, sagt er, campanae
und nolae genannt von Nola in Canipanien,
wo zuerst Glocken erwähnt werden; schön heißt
Stuttgart, Buchdruckerei der

es p. 14: congrue his vasis utimur in convo-
catione ftdelium, ut praedicatio nostra in ecclesia
in argento pura, in aere significetur durabilis
et sonora, id est, ut nee haeretica foedetur
rubigine nec neglegentiae lassetur pigridine nec
humana supprimatur formidine. Wichtig ist das
Kapitel 6, welches die einzelnen terrnini, Tempel,
Basilika, Crypta, Absis, Altar, Ambo u. s. w.
unter zum Th eil seltsamer etymologischer Ab-
leitung erklärt; hiezu bringt Kapitel 7 einen
Nachtrag über das deutsche Wort Kirche mit
eigenthümlicher Vorbemerkung; Walafrid ent-
schuldigt sich, daß er die barbaries nostra, quae
est theotisca, berücksichtige, es mögen wohl latei-
nische Leser ihn belachen, da er nngestalte Jungen
von Affen (d. h. deutsche Wörter) unter die
Kinder der Erlauchten (unter die lateinischen) zu
stellen wage, aber ailch Salomo seien unter den
Pfauen Affen gebracht worden, und der Herr,
ivelcher die Tauben ernähre, gäbe Speise auch
den kleinen Raben, die ihn bitten. Das 8. Ka-
pitel handelt de imaginibus et picturis; der
Nachweis der Berechtigung des religiösen Bildes
und seines Werthes ist vortrefflich. Es folgen
Erörterungen über die Konsekration, über den
Nutzen des äußern Kultus, das Opfer, die Be-
standtheile der hl. Messe, Paramente und Geräthe
und den Taufritus, auf ivelche wir nicht näher
eingehen können, die aber alle sehr lesenswerth
sind. Den Schluß bildet eine eigenthümliche
Parallele zwischen den kirchlichen Ständen und
den iveltlichen Rangordnungen.

Es soll nur noch angefügt sein, daß das
Latein Walafrids sehr elegant und leichtflüssig
ist, so daß die Lektüre, erleichtert durch die Fuß-
noten und einen trefflichen Druck, zum Genuß
wird. —

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Alphabeten n. s. \v.

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