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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 2
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Keppler, Eugen: Der mittelalterliche Physiologus, [1]
DOI Artikel:
Detzel, Heinrich: St. Georg, [4]: in Legende und bildender Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0022

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16

so mehr heißen will, als es sich hier NM
die Versinnlichung mystischer und spiritua-
listischer nnd nicht bloß menschlicher und
bürgerlicher Wahrheiten handelt, wie etwa
in den Fabeln eines Aesop. Ein Ueber-
blick über die hauptsächlichsten Glanbens-
nnd Sittenlehren, die im Physiologus be-
handelt werden, könnte nichts schaden, a.
Glaubenslehren: „Der Baum Peridexion
ist ein Bild der allerheiligsten Dreifaltig-
keit. Das Geheimnis; der Menschwerdung
des Herrn wird durch die Bilder des Löwen
(1. Eigenschaft) nnd des Einhorns alle-
gorisch erläutert. Die Gottheit Christi
wird in der 2. Eigenschaft des Löwen be-
sonders betont, seine Allwissenheit als Gott
im Abschnitt von der Dorkas, die Vereini-
gung der Gottheit nnd Menschheit in ihm
durch das Bild des doppelten Adlersteins.
Darstellungen von Sündenfall nnd Er-
lösung in ihrem Zusammenhang geben die
Abschnitte vom Stephanien unb vom Peli-
kan; von der Erlösung die Abschnitte von
den Tauben, vom indischen Stein, von der
Feige nnd mit besonderer Beziehung ans
die Berufung der Heiden die vom Chara-
drius nnd Nyktikorar. Bilder der Aufer-
stehung des Herrn geben der Löwe (3. Eigen-
schaft) Phönix und Panther. Die Mono-
gamie der Krähe (und Turteltaube) ist das
Symbol der mystischen Ehe Christi mit der ,
Kirche. Die Ueberwindnng der Macht des
Teufels durch Christus lehren die Ab-
schnitte vom Hydrns, Ichneumon und Hirsch.
Seine ohnmächtige Wnth über die Vermin-
derung seines Reiches stellt der Onager dar,
seine endlose Verwerfung der Affe" (S.
46 f). b. Sittliche Ermahnungen: Man
kann nicht Gott nnd dem Teufel dienen
— Ameisenlöwe. Ueberwinde die Sünde
durch Abtödtung — Schlange (1. Eigen-
schaft). Hüte dich vor Trunkenheit —Antho-
lops. Halte die Laster fern — ebend.
Bewahre den Weinberg deiner Seele —
Igel. Fliehe die Lehren der Häretiker —
Ameise (3. Eigenschaft). Höre den Ruf der
Kirche — Rebhuhn. Suche Hilfe bei Chri-
stus — Adler und Sonneidechse. Habe
Christus im Herzen — Krähe, Diamant.
Liebe die Eltern — Wiedehopf. Laß deine
Linke nicht wissen tvas die Rechte thut —
Löwe (1. Eigenschaft). Versenke dich in die
göttliche Weisheit — Ibis. Lebe von den
Früchten des Geistes — Baum Peridexion

(siehe die Art.) — die Handgreiflichkeit
und Anschaulichkeit feiner Symbole geben
dem Physiologus einen nicht zu unter-
schätzenden Vorzug gegenüber gewissen ab-
j geblaßten, mumienhaften allegorischen Er-
zählungen (insbesondere ans dem Anfang
dieses Jahrhunderts), die den Leser durch
Scheinlandschaften mit Bäumen und Blu-
men, Thieren nnd Gebäuden und ihren
zahllosen Einzelheiten hindurchführten und
ihn dabei beständig in Zweifel ließen, welche
! von diesen zahllosen Gestaltungen alle-
' gorisch gemeint, und welche bloß zum
Schmuck angebracht seien. So verzehrten
sie seine Kraft im peinlichen Aufsuchen
eures geheimen Sinnes, der vielleicht gar
nicht vorhanden war, und entließen ihn zu-
letzt mit der Enttäuschung, trotz aller Mühe
nichts für Kopf nnd Herz gefunden zu
; haben. Solche Allegorien freilich lassen den
Rath des gewiegten Kritikers Fester als
! nur zu berechtigt erscheinen: es möchten
; doch diejenigen, welche zur Belehrung An-
! derer schreiben, die klarsten nnd geradesten
Pfade einschlagen, anstatt den Leser zu
i nöthigeu, seine Kräfte ans mühsamen Um-
wegen nutzlos zu erschöpfen. (Forts, f.)

St. Georg

iit Legende u n b bildender K u u st.
Von Pfarrer Detzel in St. Christina-
Ravensburg.

(Schluß.)

Wenn S>t. Georg auf den besiegten Dra-
( cheu tritt, so unterscheidet er sich dadurch von
: St. Michael, daß er die Martyrerpalme trägt,
während St. Michael die Wagschale hält.

Am zahlreichsten sind die Bilder der
d rit t en Art, welche den Heiligen zu Pf er d
u u b im Ka m p f e mit de m D rache u
zeigen. Dieser Vorwurf der Legende wurde
von der Kunst des Mittelalters und der
! Renaissance mit einer Vorliebe behandelt,
wie nicht leicht ein anderer Legendenstoff.
In Gemälden und Skulpturen, in Stichen
und Holzschnitten und besonders auch in
kleineren Reliefs begegnet uns dieser Gegen-
stand unzählige Mal, ja so populär wurde
dieses Sujet, daß es selbst bei einer statt-
lichen Reihe von kunstgewerblichen Gegen-
ständen, wie Ringen, Messingbecken, Münzen,
Perlmntterarbeiten n. dergl. angewendet
wurde. Es dachte sich offenbar die christliche
Kunst der Vorzeit in diesem Heiligen den
wackern Streiter für die Ehre des Heilandes,
den Rittersmann gegen alles Christusfeind-
 
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