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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 3
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Detzel, Heinrich: Eine Kreuzigungsgruppe als Grabmonument
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0033

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27

Noch tiefer erscheint uns der innerliche
Schmerz, aber dennoch größer die äußere
Ruhe bei der hl. Jungfrau, zu welcher der
sterbende Heiland sein Haupt geneigt hat.
Sie steht aufrecht da, entsprechend ihrer
Würde und Standhaftigkeit, nicht in schwäch-
licher Ohnmacht zusammengesunken oder von
andern Frauen gehalten, welches neue, aber
nicht glückliche Motiv schon das griechische
Malerbuch vom Berge Athos in die Krenzig-
ungsgruppe hereingebracht und das später
von der Renaissance vielfach nachgeahmt
wurde. Schon in allen ältesten Darstellungen
und später auf allen berühmten Bildern,
von Cimabue und Giotto angefangen bis
auf Fra Angelico, Masaccio und ihre Zeit-
genossen wird Maria geinäß den Worten
der hl. Schrift (Joh. 19, 25) stehend unter
dem Kreuze abgebildet. *Stabat mater dolo-
rosa, Juxta crucem crucem lacrymosa, Dum
pendebat filius,« singt tit seiner wunderbaren
Sequenz Jacopone da Todi, der durch seine
heiligen Gesänge ausgezeichnete Franziskaner
des 13. Jahrhunderts. „Am Kreuze stand
die heilige Jungfrau, auf die jetzt des alten
Simeons Prophezeiung in Erfüllung ging;
denn jetzt fühlte sie ein Schwert ihre Seele
dnrchdringen. Sie stand da ohne weibisches
Geschrei und Lärm; betrübt, schweigend und
mit bescheidenem Kummer, so tief, wie die
Gewässer des Abgrundes, aber sanft wie die
Oberfläche eines klaren Teiches; voll Liebe,
Geduld, Kummer und Hoffnung." Diese
schönen Worte eines Gottesgelehrten scheint
mir nicht undeutlich die überaus zart und
fromm ausgeführte Gestalt der Mutter des
Herrn wiederzugeben.

So steht beim diese Kreuzigungsgruppe
in Weingarten vor uns als ein Denkmal
sinnreichster Pietät für teure Verstorbene,
aber nicht minder auch als ein monumentales
Zeichen der selbst in unfern Tagen des Ma-
terialismus noch nicht erstorbenen christlichen
Kunst.

Zeitschriftenschau.

Aus dem dritten Jahrgang der Zeit-
schrift für christliche Kunst, redigirt von
Alexander Schnütgen, heben wir, absehend
von dem überaus reichen knnsthistorischen Inhalt,
die folgenden für die Kunstpraxis wich-
tigen Artikel heraus. Heft 1: Einige Be-
merkungen über den Ban kleiner und einfacher
Kirchen, von Münzenberger. Gothische Stein-
kanzel zu Nienberge, von Effmann; mit Abbil-
dung, nachahmenswert!;. Heft 3: Konkurrenz-
entwurf zu einer Herz-Jesn-Kirche in Köln, von
A. Tepe; mit 7 Abbildungen; großartiger, drei-
schiffiger Plan. Heft 5: Einiges über die Anlage
von Missionsbauten, von M. Meckel, mit zehn
Abbildungen; von demselben in Heft 7 und 8

Entwürfe für einfache Kirchenbanten, mit Abbil-
dungen ; die angegebenen Preise erregen bei uns
überall wegen ihrer Niedrigkeit lebhafte Zweifel.
Heft 6: Zur Restaurirung unserer Kirchen (der
Pelpliner Kathedialkirche), von Jos. Richter.
Heft 8: Entwurf zu einem Caselkrenz nebst
Stolen in Aufnäharbeit von Schnütgen. Heft 9:
Altarleuchter von Schmiedeiseu von Fr. Crnll.

Der 21. Jahrgang (1890) des „Kirchen-
schmn ck" (Blätter des christlichen Kunstvereins
der Diözese Seckau, redigirt von Joh. Graus),
reich illustrirt, liegt wie seine nächsten Vorgänger
besonders dem Studium der kirchlichen, näherhin
italienischen Architektur ob und verwerthet in
geistvoller, auch praktisch in hohem Grad lehr-
reicher Weise den Ertrag ausgedehnter italienischer
Wanderungen. Demselben Gebiet gehört an eine
Studie über die Barock-Kirchen. In der letzten
Nummer sindet sich ein schöner Artikel über
Kirchhofkapellen, auf welchen wir zur Ergänzung
des Artikels in Nr. 1 des „Archivs" 1891 noch
besonders verweisen. In Nr. 6—9 tvird unter
dem Titel: „Zum modernen Stilhaß und zur
Kennzeichnung seiner neuesten Argumente", der
heißentbrannte Streit wegen der Renaissance
iveiter ausgefochten, hauptsächlich gegen Reichens-
pergers Artikel in der Kölner Zeitschrift für
christliche Kunst: „Zur Kennzeichnug der Renais-
sance."

Der Kunstfreund. Neue Folge. Heraus-
gegeben von Karl Atz und Hans Made in
ivendet auch in diesem Jahrgang sich mehr den
unmittelbar praktischen Fragen zu, setzt aber da-
neben die treffliche, reich illustrirte Kunstgeschichte
von Tirol und Vorarlberg in eigenen Beilagen
fort. Tüchtige Artikel orientiren über die Bau-
geschichte der Hoskirche in Innsbruck. Der
Fragekasten gibt bündige Aufschlüsse und brauch-
bare Rathschläge.

Literatur.

Der Weißen Horner Kunstmaler
K o n r a d Huber, -h 1830. Von
Joseph Holl, Stadtpfarrer in
Weißenhorn. Augsburg, Haas und
Grabherr, 1890. 12 S.

Das kleine Schriftchen sammelt in anspruchs-
loser, aber dankenswerther Weise die Hauptdaten
aus dem Leben eines der berühmteren Maler vom
Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhun-
derts. Huber ist in Weingarten in Württemberg
am 24. November 1752 geboren; seine Liebe
zur Kunst entfaltete sich an Assams Decken- und
Wandgemälden in der dortigen Klosterkirche;
seine Schule machte er durch in Salmansweiler
und Konstanz, dann bei Martin Kuen in Weißen-
horn und in der herzoglichen Akademie in
Stuttgart; eine italienische Reise schloß dieselben
ab. Von 1773 an bis zu seinem Tode 1830
lebte er in Weißenhorn. Er war ein außeror-
dentlich fruchtbarer Künstler, freilich oft auch
flüchtig; als Vorzüge können ihm nachgerühmt
werden eine große Zeichenfertigkeit, feiner kolo-
ristischer Sinn und auch eine für jene Zeit aner-
kennenswerte religiöse Wärme und Tiefe. In
 
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