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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 4
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Die Stuttgarter internationale Gemäldeausstellung im März und April 1891
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0047

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40

Hirschls große Komposition: die Pest in Roiit
(Nr. 115); durch die Reihen der Kranken hin-
durch, an vorzüglich gemalter antiker Architektur
vorbei bewegt sich die Prozession der Büßer und
Büßerinnen, meist jüngere weibliche Personen;
die Schilderung ist sehr natürlich und ergreifend,
ohne Uebertreibung und ohne theatralischen Auf-
putz. Ans letzteren sieht es hauptsächlich ab
Villegad-Cvndero in seinem Palmsonntag
(Nr. 296), und auch Benlliure's Fest der
Mutter Gottes (Nr. 24) mit trefflichen Einzel-
partieen ist nicht ganz frei davon. Eine ganze
Reihe von Darstellungen befaßt sich mit der
Spendung der verschiedenen Sakramente, übri-
gens durchaus in würdiger und ernster Weise.
Unter den kirchlichen Architektnrbildern verdient
Hofmeisters Kapelle ans der Klosterkirche zu
Salem (Nr. 117) wegen ihrer trefflichen und
liebevollen Durchführung besondere Beachtung.
Endlich begegnen wir auch hier Uhde's heiliger
Nacht wieder, über welche wir früher ausführ-
lich gehandelt haben. Wir sehen zu unserer
Freude, daß sie noch nicht verkauft ist, und rathen
dem Meister, den Titel des Bildes zu ändern,
damit es vielleicht doch noch verkäuflich wird;
er nenne es: Vagabundenherberge, dann kann
es wenigstens kein religiöses, höchstens noch ästhe-
tisches Äergernis geben; die Engelbnben haben
sicher dagegen auch nichts einzuwenden. Ebenso
würde Uhde's anderes Bild: die Jünger in
Emaus, füglicher „Abendessen im Bagno" titn-
lirt. Keine Beachtung verdient das Tripthcho-n
von van Hove (Nr. 118): Schwarzknnst,

Zauberei, Scholastik, wegen des schon in dieser
Zusammenstellung sich knndgebenden unsinnigen
Inhalts und wegen der Durchführung; das
Ganze ist gemalt des üppigen nackten Franen-
leibs willen. der in der Mitte auf dem Tisch
liegt und von Richtern ans Hexenmahle unter-
sucht wird; das Sujet ist so thöricht zusammen-
gestellt, als wenn einer Philosophie, Bierbrauerei
und Alchymie zusammenmalen wollte.

Literatur.

Der gute Hirt in der altchristlicheu
Kunst. Von Or. Hans Heinrich
Bergner. Berlin, Speyer und
Peters 1890. 45 S. Preis 1 M.

Mit manchen Positionen dieses Schristchens
kann man sich ivohl einverstanden erklären. So
vor allem mit dem Hanptresnltat, wornach das
christliche Bild des guten Hirten nicht durch Ko-
pirung und Umtanfung des Hermes Krivphoros
entstand, noch auch dem Bilderkreis des antiken
Gräberschmncks entnommen, sondern aus der Pa-
rabel Lncas Kap. 15 und der Hirtenrede des
Herrn, Joh. Kap. 10 (letztere will der Verfasser
nicht ernstlich beiziehen), und aus der Natur von
den christlichen Künstlern selbständig und frei
geschaffen wurde. Die Beweisführung gegen
Raonl-Rochette und seinen Hermes Krivphoros ist
schlagend, noch mehr die gegen Hasenclever, welcher
die andere Thesis vertreten hatte, und gegen dessen
leichtsinnige Behauptung, daß die Figur des

Hirten in der antiken Wandmalerei und im an-
tiken Gräberschmuck durchaus gewöhnlich sei,
während nur Ein sicheres Beispiel ans dem
Nasvnengrab aufgeführt werden kann. Für die
wenigen Aufschlüsse und guten Ausführungen
muß aber der katholische Leser eine Menge von
unanständigen Insulten in Kauf nehmen, mit
welchen die katholischen Altertumsforscher durch
das ganze Büchlein hindurch bedacht werden; gleich
auf der ersten Seite steht das neueste protestan-
tische Dogma angeschrieben, das seit einiger Zeit
proklamirt wird, daß die katholische Kirche, den
Appell vom Dogma an die Geschichte als Häresie
betrachtend, von vorneherein ungeeignet sei, die
Katakombenstudien vornrtheilsfrei zu Pflegen.
Der Verfasser selbst redet Eingangs davon, daß
das stille Thal frühchristlicher Knnstübnng nun
auch mit lautem Kampfgeschrei erfüllt worden
sei; er macht es auch seinen Konfessionsgenossen
zum Vorwurf, daß sie ans reinem Widerspruchs-
geist vft so weit über das Ziel hinansgeschossen
haben. Anstatt aber das Seinige beizutragen,
daß der häßliche Kampf eingestellt oder in an-
ständiger und gesetzmäßiger Weise geführt würde,
erivacht bei ihm selbst die wilde Rauflust, und er
fährt roh auf Männer los, die in der Kata-
kombenforschnng sich urit Verdiensten bedeckt
hatten, ehe noch die Protestanten auf diesem Ge-
biet überhaupt zu arbeiten angefangen. Selbst
die Katakombenforschnng konfessionell verhetzt —
das allein hatte noch gefehlt!

Wahrheit und Dichtung im Kest-
ner-Museum zu Hannover von G u -
stav Schönermark. Mit Abbil-
dungen. Hannover, Mauz. 1890.
26 S.

Das Kestner-Mnseum in Hannover, seit 1889
eröffnet, hat vor kurzerLeit eine große Bereiche-
rung erfahren durch Einverleibung der Samm-
lung des Senators Culemann, welche die Stadt
von dessen Erben um 600 000 M. ankanfte. Der
Verfasser erbringt den wohl nicht gerade will-
kommenen Beweis, daß manche Stücke, und zwar
gerade solche, die ans dem 11.—13. Jahrhundert
datirt worden waren, also wohl bei Bestimmung
des Ankaufspreises ziemlich stark ins Gewicht
fielen, Fälschungen seien; bei andern nimmt er
Umdatirungen vor. Die in der Vorrede aus-
gesprochene Forderung, es solle in derartigen
Sammlungen von erklärenden Zetteln neben den
Objekten der ausgedehnteste Gebrauch gemacht
werden, kann man nur aufs lebhafteste unter-
stützen.

Ankündigung. Das in Nr. 2 dieses Jahres
besprochene Werk: Georg Humann, der West-
ban des Münsters zu Essen, läßt der Herr Ver-
fasser bei direkter Bestellung an seine Adresse
(Architekt G. Humann, Essen) den Mitgliedern des
Diözesan-Knnstvereins zum halben Preis von
2 M. ab. Möge von diesem dankenswerthen
Anerbieten reichlich Gebrauch gemacht werden
und das reich illnstrirte Werk das Studium der
Architektur fördern.

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
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