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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 7
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Frühgotische Wandmalereien in Pfullingen (Württemberg)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0071

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63

In den profanirten Bau, der als eine
Art Lagerhaus für eine Fabrik dient,
wurden mehrere Stockwerke eingefügt. In
künstlerischer oder historischer Hinsicht
macht dieser letzte überlebende Zeuge eines
nicht unbedeutenden Klosters weiter keine
Aussage mehr, als die, daß nach Ausweis
hervorstehender Kragsteine einst an der
Südseite sich der Klosterkreuzgang ange-
schlossen habe. Aber die Innenwände
haben noch einen sehr beachtenswerthen Rest
alter Kunst bewahrt. Noch durch den

einfachen, mit einem Kreis umschriebenen
Konsekrationskreuze. Die Wandflächen
sind eingefriedigt durch kräftige weiße Ho-
rizontalstreifen, von welchen hellrothe, sehr-
einfach aber zierlich und sorgfältig gebil-
dete srühgothische Knollenkrabben auslaufen;
in ganz schlichter Weise, mit einfacher Um-
kehrung der Krabbe, sind diese Zierstäbe
auf der Quadratur aufgesetzt, die ca. 1 m
über dem Boden beginnt. Mit denselben
Krabbenstäben sind auch die Fenster an
ihrer inneren Kante umzogen, und zwar

1


Staub der Jahrhunderte hindurch schim-
mern uns hier Wandmalereien aus der
zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
entgegen, welche nie übertüncht waren und
in ihrer fast vollständigen Erhaltung uns
ein klares Bild einer frühgothischen be-
malten Kirche geben. Sie ist einfach, diese
Bemalung, und unter Verzicht auf alle
figürliche Darstellung rein ornamental ge-
halten, aber trotzdem überaus wirkungs-
voll und instruktiv.

Die Wände, nicht Quader- sondern
Bröckelgemäner aus gewöhnlichstem Kalk-
stein, waren eines Bewurfes und einer
Bemalung bedürftig. Sie wurden gleich-
mäßig von unten bis oben, auf der Fläche
und in den Fensterlaibnngen mit einem
ziemlich dunklen grauen Ton belegt. Ueber
diesen hin ist mit ganz weißen Linien
eine Quadratur gezogen. Man erblickt
zunächst in der Höhe von ca. 4 m die

sind die Krabben abwechselnd weiß und
roth, die letzteren, wie alle Ornamente
weiß kontnrirt. Figur 1 und 2 gibt eine
Ansicht der südlichen Langwand und der
Westgiebelwand, welche die Disposition
der ganzen Bemalung zeigt. Zwischen
den mit dem Krabbenmotiv umrahmten
Fenstern (Figur 9, Profil und Ornament)
sind auf die Wandfläche der Südseite noch
fensterähnliche Motive aufgemalt, welche
Beil. Fig. 6 und 7 in größerem Maßstabe
darstellt. Die Motive sind der Architektur
entlehnt, aber durchaus frei gehandhabt;
die zweitheiligen, in der Mitte von Zier-
bögen und Ziergiebeln durchzogenen fenster-
artigen Gebilde schließen nach oben nicht
in Spitzbogen, sondern ihre Maßwerk-
krönung überdacht ein mit Krabben be-
setzter Wimperg mit einer Kreuzblume auf
der Spitze. Diese Fensterwimperge sind
sicher sehr frühe Erscheinungen in Deutsch-
 
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