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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 8
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Probst, Josef: Beziehungen des Martin Schongauer zu Oberschwaben
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Detzel, Heinrich: Die alten Glasmalereien in der Frauenkirche zu Ravensburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0083

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—. 74

Besitz eines Altars von Martin Schon-
gauer mit lebhafter Freude empfunden
wurde, geht aus den freudigen Epelamatio-
nen deutlich hervor, mit denen der Auktor
die sämmtlichen Wandlungen des reichen
Flügelaltars begrüßt; sowie auch daraus,
daß er nur hier den Namen des Meisters
und zwar zweimal, rühmend erwähnt.

Unter solchen Umständen spricht die Prä-
sumtion ganz dafür, daß in unserer Ge-
gend Werke der Malerei und Skulptur
vorhanden sein können, welche direkt aus
der Werkstätte in Kolmar hervorgegangen
sein mögen. Soweit darf man sich be-
greiflich nicht verirren, daß man nun alle
jene Werke, die mit Stichen des Martin
Schongauer irgend eine Uebereinstimmung
zeigen, direkt auf denselben zurückführt.
Die Kunstkritik muß hier eine Allswahl
treffen, die wohl nicht gerade leicht sein
mag. Da aber Aussicht vorhanden ist,
daß außer denl scholl bekanilten Material
noch weiteres aufgeführt werden kann, so
gewillnt damit die oberfchwäbifche Gegend
für die Forschungen über Martin Schön
jedenfalls eine Bedeutung, die sie zuvor
nicht hatte. Der Wunsch legt sich von
selbst nahe, daß den alten Akteil in Biberach
ulld vielleicht auch anderwärts eine er-
neuerte sorgfältige Beachtung und Durch-
forschung zugewandt werden möchte.

Die alten Glasmalereien in der Frauen-
kirche zu Ravensburg.

Bon Pfr. Detzel in St. Christina-Ravensbnrg.

Gegenwärtig wird die katholische Stadt-
pfarrkirche iil Ravensburg einer durchgreifen-
den Restauration unterworfen xutb ist zunächst
mit der Herstellung des früheren Architektur-
bildes begonnen worden. Die Unserer Lieben
Frau und dem hl. Alldreas geweihte Kirche
war ursprünglich eine dreischifsige, gothische
Basilika, wurde aber im Verlaufe der Zeit
nlannigfach lnngestaltet, namentlich dlirch eine
unschöne Erbreiterung des rechten Seiten-
schiffes. Weiln einmal unter der Leitnilg
deS Herrn Architekten Cades das Aeußere
iil seiner alten Form wieder nell erstanden
sein lvird, rilft das Innere von selbst nach
Erneuerung. Da wird es sich dalli: in erster
Linie um die Frage der Erhaltung des noch
vorhandenen Alten handeln, llalllentlich der
llvch aus denl Mittelalter stammenden Glas-
malereien im Chore der Kirche. Es liegt
in der Natur der Sache, daß von deir deko-
rativen Resteil der niittelalterlichen Kunst die-

jenigen der Glasmalerei am seltensten sind.
Abgesehen davoil, daß alte Skulpturen, Wand-
malereien u. dgl. an und für sich mehr der
Ungunst der Zeiteil und Menschen zll wider-
stehen im Stande waren, so hat den alteil
Glasgemälden besonders die sogenannte Auf-
klärung des vorigen Jahrhunderts, die Zeit
der Jllllminaten, bös mitgespielt. Um so
mehr werden alte Glasmalereien heutzlitage
geschätzt, je feltener sie geworden. Auch iil
ilnsereiil Lande, speziell in Oberschwaben,
gehöreil sie zu deil Seltenheiten, nnb sie sind
um so werthvoller, weilil nicht bloß unznsam-
menhängende, eiilzelile Bruchstücke, sonderil
vollständige Feilster mit zusammeilhängendeil
vollstäildigeil Cyklen gefundeil werdeil. Zwei
solcher kostbaren Fenster finben sich im Chore
der Liebfrauenkirche zu Ravensburg; das
dritte enthält nur größere Bruchstücke. Die
Feilster wurden bisher gewöhnlich gailz un-
bestimmt als denl 14. und 15. Jahrhundert
angehörcnd bezeichnet. Ich bin nun schon
längere Zeit daran gegangen, die Fenster
genall zu untersilchen, um Kompositioilen,
welche verschieden angegeben werdeil, Material
und Jilschriften bestimmen zu können. Da
ward mir vor allenl das wichtige Resultat,
daß ich unter Staub und Lehm verborgen
die Jahreszahl ihrer Anfertigung,
1415, gefnildeil habe.

Das linke Fenster, mn mit diesem zu be-
ginnen, ist eiil sogenanntes Ap o st elf en st er,
das in sechs großen Medaillons, die durch
eineil das ganze Fenster in zwei Theile ab-
sondernden Steinpfosten durchschnitten wer-
den, je zwei Apostelfiguren enthält. Es ist,
abgesehen von der Schönheit der Komposition,
auch von besoilderem archäologischem Jnter-
esse, weil es die zwölf Artikel des apostolischen
Glaubensbekenntnisses hat ilnd mit der Dar-
stellniig der zwölf Apostel auch die voil zwölf
Propheteil verbindet. In der altchristlicheil
Zeit wurdeil die Apostel nur mit Schriftrollen
abgebildet, worauf später danil ihre Namen
gesetzt wurden; mn Petrus hatte schon früh-
zeitig das Attribut des Schlüssels. Vom
13. Jahrhuildert an aber nnb vielleicht noch
früher wird je einem Apostel auch ein Artikel
des apostolischen Glaubensbekenntnisses als
Jilschrift beigesetzt. Der Ueberlieferung gemäß
nämlich, ivelche allch Wilhelmus Duraildus
(iil seinem Rationale divin.) anführt, vereinig-
ten sich die Apostel, ehe sie sich zerstreuten,
lliil den Völkern das EvangelilUil zu pre-
digen, zilr Zusamiileilstellung des Credo als
des Symbols des gemeinschaftlichen Glau-
bens, den sie predigen sollteil; jeder von ihnen
gab einen Artikel an. Doch ist diese Zu-
eigmlilg je eines Artikels des Credo für
jeden Apostel keine b estiin mt e weder nach
 
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