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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 8
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Detzel, Heinrich: Die alten Glasmalereien in der Frauenkirche zu Ravensburg
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Beck, Paul A.: Der Kirchenschatz der Klosterkirche zu Schussenried
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0088

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79

ten. Die einzelnen Ereignisse und Situa-
tionen sind nlit gutem Geschick in wenigen
Figuren allsgedrückt, wobei eine eigentlich
malerische Anordnung noch vermieden, der
Teppichcharakter dagegen festgehalten ist.

Der Airchenschatz der Klosterkirche zu
öchusfenried.

Von Amtsrichter a. D. P. B e ck.

Der Kirchenschatz der Klosterkirche zu Schussen-
rieb war vor Zeiten wegen seines Reichthums
berühmt. Ob derselbe schon unter dem Bauern-
krieg im Jahre 1525 gelitten hat und ob die
Bauern bei ihrer bekannten Invasion in das
Kloster im März des genannten Jahres sich auch
am selben vergriffen haben, darüber gehen sichere
Nachrichten ab. Beträchtliches scheint jedenfalls
damals nicht abhanden gekommen zu sein, denn
dem bei Baumann in seinen „Quellen zur Ge-
schichte des Bauernkriegs" abgedruckten Weissen-
auer Berichte des Abts Jakob Murer ist zu
entnehmen, daß letzterer sein und Schussenrieds
„Heiligthum und Silbergeschirr" damals in den
Weisfenauer Hof nach Ravensburg geflüchtet hatte,
lieber den 30jährigen Krieg, in welchem zuletzt
im Jahre 1647 das Stift durch die Schweden
noch eingeäschert wurde, ging aber alles zu Grund.
Nach den Auszeichnungen des damaligen Abts
Matthäus Rohrer wurde sehr Vieles nach Münster-
lingen, Meersbnrg, Ueberlingen und in die
Schweiz geflüchtet, wobei schon auf dem Trans-
port Manches weggekommen war. Das Meiste
des geflüchteten Kirchenschatzes mußte in der
dringendsten Noth „versilbert", beziehungsweise
eingeschmolzen werden; so mußte sich der ge-
nannte Prälat einmal schweren Herzens ent-
schließen, denselben anzugreifen und 205 Mark
23 Loth Silber auf die Konstanzer Münze zu
schicken, von welcher er dafür kaum 2300 fl. er-
hielt, indem das Loth nicht höher als zu 40 kr.,
das vergoldete bloß zu 44 kr. angenommen
wurde. Gegen das Ende des 30jährigen Elends
sah es in der ehedem berühmten Schussenrieder
Silberkammer so aus, daß der Abt in die
Sakristei einen zinnernen Kelch um 1 fl. 45 kr.
anschafste. Es wird also zu dieser Zeit vom
alten Schatz kaum mehr ein Stück vorhanden
gewesen sein. Trotz dieser Katastrophe erholte sich
indes der Silberschatz nach dem 30jährigen Krieg
verhältnißmäßig bald wieder, und hatte sich im
letzten Viertel des 18. Jahrhunderts bereits
wieder ein sehr ansehnlicher „Schatz" ange-
sammelt, welcher übrigens den früheren Stand
nie mehr erreichte. Ein Inventar darüber liegt
leider so wenig wie über die Zeit vor dem
Schwedenkriege mehr vor. Welch großen Reich-
thum an Silber und Gold das Stift hernach
wieder besessen haben muß, dies belegt u. a. die
Sage, daß jeder Konventuale bei Tisch auf einem
silbernen Teller gespeist und aus einem innen
vergoldeten silbernen Becher getrunken habe!
Derselbe gieng aber großentheils in den langen
Kriegsläusen wieder verloren. Als Abt Siard II.
Berchtold bei dem ersten Einfall der Franzosen
in Schwaben unter General Moreau im Jahr

1796 bei noch bestehendem Klosterverbande etwas
übereilter und nicht ganz korrekter Weise auf die
Flucht gieng, nahm er nicht nur sehr vieles pro-
fanes Silbergeräthe, sondern auch vorn — Kirchen-
silber folgende Gegenstände, ohne solche nach
seiner jahrelangen Abwesenheit wieder zurückzu-
bringen, nach Augsburg und ins Tyrol mit:

1) vier große Leuchter sammt Kruzifixus,

2) ein vorzügliches, die unbefleckte Empfängniß
darstellendes Bild von getriebener Arbeit,

3) die Brustbilder des hl. Norbert und
Augustin,

4) die — etwas kleineren — der Heiligen
Magnus, Vincenz, Valentin und Norbert,

5) Eine Silberlampe nebst solchem Weih-
kessel mit Besprenger, der innen einen Schwamm
faßte,

6) den vergoldeten prächtigen Abtsstab,

7) das ganz silberne Prozessionskreuz.

Außerdem u. a. nur von Trinkbechern 12 große

und 24 kleine silberne und goldene Stücke. Der
Silberwerth dieser Kirchenstücke (ausnühmlich der
Trinkbecher) soll sich nach glaubhafter Versiche-
rung auf mindestens 20 000 fl. belaufen haben.
Alle diese Gegenstände sind auf Nimmerwieder-
sehen verschwunden, „versilbert" und höchst
wahrscheinlich eingeschmolzen worden; möglich,
daß das eine oder andere Stück sich noch irgend -
>vo in Bayern oder in einem tyrolischen Kloster
(Wiltau?) erhalten hat. Was der im Jahr 1816
f letzte Prälat Siard an werthvollen Insignien,
als Prälatenstab, Kelche re., noch hinterlassen
hatte, wurde im August 1823 von dem Grafen
Franz v. Sternberg-Manderscheid, an welchen das
Stift Schussenried und Weissenau als Ent-
schädigung für die auf dem linken Rheinufer
verlorenen Besitzungen im Jahr 1802/3 gefallen
war, nach Prag mitgenommen. Was von Ponti-
fikalien noch znrückblieb, nämlich Mitren, Hand-
schuhe, goldgesticktes Gremiale mit Quüstchen
an den Ecken, Schuhe u. s. w., ist nicht von be-
deutendem Werth. Die Krone Württemberg,
unter deren Oberhoheit Schussenried im Jahr
1806 gekommen war, hatte schon früher nach
den zuverlässigen Aufzeichnungen des letzten
(1855 st) Schussenrieder Konventualen und nach-
maligen Pfarrers von Schussenried, P. Laur.
Löwe, im Jahr 1809, um welche Zeit das Stern-
bergsche Besitzthum von König Friedrich unter
Sequester (von 1806—1810) gelegt war, hin-
weggenommen:

1) die beiden schönen Magnusstäbe,

2) eine prächtige Monstranz aus der Weissenau,

3) die Partikeln vom hl. Vincenz und Jo-
hannes Nepomuck,

4) sechs silberne große Leuchter,

5) zwei kleine Leuchter,

6) sieben Kelche,

8) das Silber von den Meßbüchern,

9) ein großes Altarkreuz,

10) zwei vergoldete Opferkänuchen mit drei
Patenen,

11) ein Lavoir mit Patene und zwei Opfer-
kännchen, zusammen wohl 200 Mark Silber in
reinem Silberwerth von über 4000 fl. Das
Schicksal auch dieser Kirchenutensilien ist un-
schwer zu errathen, unzweifelhaft werden auch
 
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