Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

DOI Heft:
Nr. 8
DOI Artikel:
Beck, Paul A.: Der Kirchenschatz der Klosterkirche zu Schussenried
DOI Artikel:
Literatur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0089

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
80

sie „versilbert" und eingeschmolzen worden sein.
Paramente waren auch nach der Säkularisation
noch schöne übrig, sie sind aber natürlich seit-
her vom Zahn der Zeit nicht verschont ge-
blieben. — Vom einstigen berühmten Silberschatz
der Kirche sind aber nur noch etwelche Rudera
vorhanden — kaum noch ein Schatten alter
Pracht, so eine schöne schwere Monstranz im
Barockstil nach dem bekannten Sonnenmotiv,
deren Pyxis mit einem Kranz von Email-
medaillons umzogen ist; zwei hübsche, mit Dar-
stellungen aus dem Leiden des Herrn geschmückte
Kelche im Zopfstil mit zierlichen Ornamenten, von
welchen der eine sehr zarte Emailmalerei auf
Perlmutter, der andere Goldciselirungen zeigt;
ein in spätgothischem Stile gehaltener Magnus-
stab mit krabbenverziertem Knaufs und dem
Brustbildchen des Heiligen und noch einiges
Andere.

Literatur.

Geschichte der graphische n
K ü it st e. Ein Handbuch für Freunde
des Kunstdrucks von I. E. Wessel y.
Mit vielen Abbildungen im Licht-
druck nach Originalen der betressenden
Künstler. Leipzig, T. O. Weigels
Nachfolger. (Tanchnitz). 189h S.
299. groß 8°.

Ties Buch füllt wirklich eiue Lücke aus. Es
mangelte uns bisher eine zusammeufassende Ge-
schichte der vervielfältigenden Künste; die von
C. von Lützow begonnene ist zu breit und groß-
artig angelegt, als daß sie in Bälde zum Ab-
schluß kommen und mit gewöhnlichen Mitteln
beschafft werden könnte. Wessely erfüllt seine
Aufgabe im Ganzen recht befriedigend; man
wünschte manche Technik etwas ausführlicher er-
läutert, manchen Meister eingehender behandelt;
aber derartige Erweiterungen hätten den ganzen
Rahmen des Werkes sprengen miissen. Die kurze
und klare, mitunter stilistisch etwas vernachlässigte
Darstellung umfaßt einen Zeitraum von 450
Jahren und eine Reihe von Namen, welche
neun Seiten zu je drei Spalten alphabetisch
aufführeu. Die vorhandene Literatur ist genau
angemerkt. Die Illustrationen sind reichlich und
tüchtig. Die Einleitung bildet eine Vorgeschichte
des Formschnitts, welche in interessanter Weise
darthut, wie in verhältnißmäßig früher Zeit die
Vorbedingungen dieser Kunst gegeben waren,
ohne daß sie selbst vor dem 13. Jahrhundert
sicher nachweisbar ist. Deutschland macht den
Anfang; der Metallschnitt geht dem Holzschnitt
voran; von ersterem finden sich vereinzelte
Spuren im 13. und 14. Jahrhundert, von letz-
terem am Ende des 14. Jahrhunderts; der erste
datirte Holzschnitt trägt die Jahrzahl 1423; er
wurde in der Karthause von Buxheim bei Mem-
mingen entdeckt (jetzt in der Sammlung des
Lord Spencer in England) und stellt den hei-
ligen Christophvrus dar. Unter den ersten

Namen von Formschneidern figurirt ein Ulrich
von Ulm (1398), Georg Haspel in Bibrach
(Biberach? gestorben ca. 1400), Haus Schläffer,
Michel Schropp, Briefmaler, Peter Mäler, alle
drei aus Ulm und dem Ende des 15. Jahr-
hunderts angehörig. Auf die einzelnen Blätter
(Bilder, Spielkarten, Neujahrswünsche), folgen
die Blockbücher oder xylographischen Werke. Nach
dem deutschen wird der niederländische, italie-
nische, französische, englische, spanische Formschnitt
vorgeführt. Dann kommt die Ansangsgeschichte
des Kupferstichs, dessen Heimat ebenfalls Deutsch-
land ist; der älteste datirte ist von 1446: sieben
Blättchen mit Passionsdarstellungen, jetzt in
Berlin. Zu den frühesten gehört auch ein merk-
würdiges Einsiedler-Bild, welches die (gothische)
Madonna von Einsiedeln mit Pilgern und oben
über einer Brüstung Christus und Gottvater
mit Engeln darstellt, die Einweihung der Kirche
(Engelweihe) vornehmend; es stammt von dem
! fruchtbaren Meister E. S. und aus dem Jahr
1466. Der größte Meister der ersten Periode
ist Martin Schongauer, dessen herrliches Lireuz-
tragungsbild in vortrefflicher Reproduktion dem
Text eingefügt ist. Die Blütheperiode der gra-
phischen Künste fällt ins 16. Jahrhundert, wo
Albrecht Dürer in Deutschland denselben die
schöpferische Kraft seines Genies zuwandte, wie
denn überhaupt fast alle großen Maler sich mit
deren Pflege abgaben. Im 17. und 18. Jahr-
hundert tritt ein starker Nachlaß ein, im 19. Jahr-
hundert ein langsames Wiederaufblühen; die
alten Techniken werden wiederbelebt und eine
neue erfunden, die der Lithographie, deren Er-
finder Senefelder aus Prag, deren eigentliche
Heimath München ist. Diese ganze Entwicklung
zieht in ansprechender Schilderung am Auge vor-
über. Für eine weitere Auflage des empfeh-
lenswerthen Werkes möchten wir den Wunsch
einer kleinen Erweiterung des Rahmens oder
der Anfügung eines Anhangs aussprechen, damit
auch die freilich nicht der Kunst, aber dem Kunst-
handwerk zugehörigen modernen Reproduktions-
Techniken kurz vorgeführt werden könnten.

Ueber den am 23. Januar 1891 verstorbenen
berühmten D o m b a u m e i st e r Friedrich
Freiherr von Schmidt, einen geborenen
Württemberger, bringt A. Reich ensp erger in
der „Zeitschrift für christliche Kunst" Nr. 4 in-
teressante Mittheilungen, welche namentlich dessen
Beziehungen zur Gothik und Renaissance klar-
stellen. Der Artikel soll in Bälde, beträchtlich
erweitert, als eigene Broschüre im Verlag von
Schwann in Düsseldorf erscheinen. Schmidt,
wohl der größte Architekt der Neuzeit, fertigte
auch den Plan für die Kirche in Stetten im
Donauthal und lieh seinen Rath und Beistand
bei Erbauung der Kirchen in Göppingen und
Geislingen. —

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. „Deutsches Volksblatt".
 
Annotationen