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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 9
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Kreuzpartikel der Klosterkirche in Kirchheim (im Ries)
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0094

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85

Franenktosters Kirchheim bei Bopfingen
bietet mit den noch erhaltenen Resten der
Klostergebände soviel Interessantes, daß
wir ihr in Bälde eine eingehende Bespre-
chung angedeihen zu lassen gedenken. Ihr
gehört auch der auf der Beilage abgebil-
dete Kreuzpartikel, welchen wir trotz oder
wegen seiner schlichten, deßwegen leicht
nachahmbaren Konstruktiv! der Abbildung
würdig hielten. Das Cliche wurde nach
einer Zeichnung des Herrn Theodor Schnell
in Ravensburg angesertigt.

Der Bau dieses Ostensorinms ist einfach,
aber wohl proportioniert, schlank und zier-
lich. Der Fuß unterscheidet sich nicht we-
sentlich von den bei spätgothischen Kelchen
üblichen Formen und ist ans denselben
Elementen gebildet. Der von der Platte
anssteigende Schafttheil schließt mit kräftig
ausragender Platte und findet dann aber
eine elegante Fortsetzung in einem dünneren
Schaftstück, welches mit einem hübschen
Knaufs durchsetzt ist; nach oben endet auch
dieses mit etwas kleinerer Platte. Nicht
ganz befriedigend ist die Ueberleitnng von
dieser Platte in den Vierpaß des Kreuzes
selbst, wie auch, um dies gleich hier anzu-
fügen, die Einfassung des die Kreuzreliqnie
bergenden ovalen Krystalls; beide Theile
wären bei etwaiger Nachbildung einer Ver-
besserung bedürftig und fähig. Das Kreuz
erscheint ganz für sich behandelt, und
schließt an den vier Enden mit dem schlich-
ten Vierpaß, in dessen Bogen zarte Lanb-
ornamentchen eingesetzt sind, während die
Mitte Emailbildchen, Engel mit Spruch-
bändern darstellend, anssüllen. Den Balken
ist ihre glatte Fläche belassen, die nur
eingegrenzt ist mit schmalen Stäbchen oder
Leistchen; diese Fläche ward dann ausge-
legt und übersponnen mit schon getriebenem
Ranken- und Blätterornament, das sehr
wirksam belebt und ziert. Die silberne
Fläche als Untergrund spielt mit dem
kräftig reliefirten, vergoldeten pflanzlichen
Ornament gut zusammen.

In dem eben erschienenen neuesten Heft
unseres Staatsinventars wird der Kren z-
partikel in der Stadtkirche zu
W e i l d e r st a d t auf einem sehr gelungenen
kolorirten Blatt vorgeführt. Derselbe ladet
zu einer Vergleichung mit dem eben be-
sprochenen ein, die freilich zu Ungunsten
des letzter« aussallen muß. Der Fuß des

reichen Weilderstädter Ostensorinms ist auch
von nobler Einfachheit, aber noch zierlicher,
schlanker und reiner in der Form als beim
Kirchheimer Partikel, der Uebergang vom
Fuß zum eigentlichen Kreuz musterhaft.
Das Kreuz aber zeigt ein viel organischeres
Zusammengehen der konstruktiven und orna-
mentalen Theile und steht nach dieser Seite
hoch über dem Kirchheimer. Auch hier ist
Lanbornament verwendet, aber dasselbe ist
nicht äußerlich aufgelegt und angesponnen,
sondern wächst ans dem Organismus selbst
heraus, hat auch eine stilstrengere Ausbil-
dung. Die Vierpässe an den Enden der
Balken haben mit ihren geschweiften Spitz-
bogen eine reichere und weichere Form und
sind mit köstlichen Brnstfigürchen besetzt; ans
die Kreuzung der Balken ist ebenfalls ein
Vierpaß gesetzt, welcher die Reliquie birgt;
auch ein Crucifixns ist angebracht und sehr
gut in das Kreuz hineinkomponiert. Be-
zeichnend sind die Krabben, welche zu bei-
den Seiten der Balken angesetzt sind —
bezeichnend für den feinen Sinn, u>it wel-
chem die Künstler in Gold und Silber
die Motive der Gothik in ihre Kunst zu
übertragen und für ihr Material zu for-
men wußten. —

Literatur.

Praktisches Handbuch der kirch-
lichen Baukunst einschließlich der
Malerei und Plastik. Zum Gebrauch
des Klerus und der Bautechniker be-
arbeitet von Georg Heckner,
Priester der Erzdiöcese Müncheu-
Freising und ehemaligem Baumeister.
Mit 188 in den Text gedruckten Ab-
bildungen. Zweite gänzlich umgear-
beitete und vielfach ergänzte Auflage.
Freibnrg, Herder, 1891. XIX und
411 S. Preis 4 M.

Die erste Auflage dieses Buches haben tvir
im „Archiv" 1887 Nr. 3 besprvcheu und augelegent-
lichst empfohlen. Die vorliegende zweite erweist
sich als gründlich durchgearbeitet und reichlich
vermehrt; die Seitenzahl ist von 244 auf 411,
die Zahl der Textillustrationen von 105 auf 188
gestiegen, der Preis nur um 1 M. erhöht. Kein
Zweifel, daß die Brauchbarkeit des Buches er-
heblich gesteigert worden ist und auch diese ztveitc
Auflage eines raschen Absatzes sicher sein darf.
Der Verfasser hat sich den Wünschen und Aus-
stellungen des Necenseuten gegenüber sehr ge-
lehrig und eutgegeukommend gezeigt und nament-
lich die von uns hervorgehobeuen'bezw. getadel-
 
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