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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 10
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Neue Beiträge zur Frage der Caselform, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0099

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Archiv für christliche Nunst.

Mrgan des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Kunst.

Herausgegeben und redigirt von Professor Dr. Aeppler in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins, für denfelbeu: der Vorstand Professor Or. Ueppler.

Or.io.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für J( 2.05 durch die wnrttembergischen (J(i 1.90
im Stuttgarter Bestellbezirk), ,M. 2.20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalten,
fl. 1.27 in Oesterreich, Frcs. 3.40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden
auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags direkt
von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbansstraße 94, zum
Preise von Ji 2. 05 halbjährlich.

Neue Beiträge zur Hrage der
Laselform.

(Fortsetzung.)

3) In eine Gruppe- sind zusammen-
zunehmen drei stark abgeschossene Meß-
gewänder, deren ursprüngliche Farbe sich
schwer mehr bestimmen läßt. Jetzt zeigen
sie eine dreifache Abtönung eines gelblichen
Hellbraun; bei dem einen ist aber unter
dem ausgenähten Kreuz noch ein lebhaftes
Roth zu sehen; die anderen waren wohl
ursprünglich gelb, vgl. Nr. 5. Die Länge
des Nückentheiles variirt zwischen 1,21
und 1,37 in, die des Vordertheils zwischen
1,07 und 1,27 m; die Breite des erstereu
zwischen 1,86 und 1,87 m, die des Vorder-
theils über der Brust zwischen 53 und
63 cm. Die Stoffe sind stark lädirt;
am Schnitt fällt auf, daß der Rückentheil
nach unten sich kaum verschmälert und
znspitzt, sondern fast in gleicher Breite
von oben bis unten läuft und mit starker
Schweifung endet. Durch diesen Schnitt
nähern sich die drei Gewänder am meisten
von allen sechs der später allgemein üb-
lich gewordenen Form, nur ist die Breite
immer noch beträchtlicher und bedecken sie
die Arme noch bis zum Ellenbogen.

Der Grund aber, warum diese drei zu-
sammengehören , liegt in ihren gestickten
Kreuzen, die so sehr gleich behandelt sind,
daß man fast an eine Hand denken möchte.
Diese Kreuze sind nicht so schmal, wie die
Aurisrisien der beiden zuerst beschriebenen
Gewänder, sondern haben die beträchtliche
Breite von 17-20 cm. Aus der geringeren
oder größeren Breite des Kreuzes, welches
auf allen sechs Gewändern die lateinische
Form mit geraden Balken, nirgends die
Gabelform hat, läßt sich zunächst kein
Schluß ziehen auf eine frühere oder spätere
Zeit; man hat zweifellos auch in dieser

Spätzeit des 15. Jahrhunderts sowohl die
schmale wie die breite Krenzesform ver-
wendet, erstere mehr für die gewöhnlichen,
letztere, die der Nadelmalerei mehr Spiel-
raum verstattete, für die Festgewänder.

Bei den drei Kreuzen fällt vor allem
ins Auge die gleiche Behandlung des
Grundes. Er ist ganz in der Manier
hergestellt wie bei Nr. 1 der schmale
Kreuzstamm verzirt ist. Alle Grundflächen
sind ausgefüllt mit dem in Rollen oder
Kreisen anfgenähten, mit Ueberfangstichen
sestgehefteten Goldfaden, der aber viel
stärker ist als der bei Nr. 1 verwendete.
Nur durch die Analogie mit Nr. 1 läßt
sich noch feststellen, daß diese Schnürchen
Goldfäden waren; denn das feine Gold-
häntchen, mit dem sie überfangen waren,
ist entweder total schwarz geworden, oder
hat sich völlig abgelöst, so daß der gelbe
Faden heransschaut. So läßt sich kaum
mehr eine Vorstellung gewinnen von der
einstigen vornehmen Pracht dieses durch
die Kreislinien und die sorgsam ange-
ordneten rothen Heftstiche schön belebten
Goldgrundes.

Ans diesen Grund ist nun zunächst ein
schmaler, hoher, mit grüner Seide ans-
geführter , durch sorgfältige Schattirung
gerundeter Kreuzbaum ausgestickt, mit ziem-
lich stark hervortretenden, abgesägten, an
der Schnittfläche weiß oder roth gefärbten
Zweigen oder Aesten. Die Figur des Hei-
landes ist ans allen dreien ziemlich die
gleiche, mit Ausnahme des Lendentnches
und der Stellung der Füße. Die fleisch-
farbene Flockseide ist aber an vielen
Stellen abgerieben, so daß die Leinwand,
znm Theil mit der Aufzeichnung in schwarzen
Strichen, nach welcher gestickt wurde, zum
Vorschein kommt. Die Gesichter sind sehr
stark verdorben, theilweise auch durch
> später roh eingefügte rothe Striche; leider
 
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