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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 10
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Keppler, Eugen: Phantastische, scherz- und boshafte Gebilde mittelalterlicher Kunst, [7]
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Zur Ikonographie der Katakombengemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0104

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in den Reihen der Verdammten Vornehme
und Könige, hohe und höchste geistliche
und weltliche Herren figuriren, so ist
nicht etwa eine sozialdemokratische Herab-
würdigung beabsichtigt, sondern eine de-
monstratio ad hominem von der Ge-
rechtigkeit Gottes, der ohne Ansehen der
Person richtet und allen nach ihren Wer-
ken vergilt, sowie eine eindringliche Mah-
nung an alle Großen, ihre Macht nicht
zu mißbrauchen. Wenn Adam von Eva
bethört, Samson ans Delilas Knieen ru-
hend, wenn Herkules und Omphale, Ari-
stoteles als Sklave der Leidenschaft uns
da und dort auf Kapitellen, Chorstühlen
und Glasgemälden entgegentreten (vgl.
Kreuser a. a. O. S. 168), so liegt in
diesen und anderen „leichtfertigen" Scenen
nichs weniger als eine cynische Aufforde-
rung zur Sinnenlust, sondern vielmehr
eine sehr deutliche Abschreckung von der-
selben. „So macht (sagt Krenser ebend.)
dasselbe Bild verschiedene Eindrücke, je
nachdem die Lüsternheit oder ein reines
Auge sieht. In alten Büchern, Kirchen,
Speisesälen finden sich auch oft Bilder
wie folgt: eine Himmelsleiter ist abgemalt,
oben die Hand des Allmächtigen mit dem
Kranze des Lohnes; aber auf der Leiter
bewegen sich mancherlei Gestalten, z. B.
ein junger Priester, der einer Nonne Geld
giebt, die es willig annimmt und beide
stürzen dann hinab ins Unreine; oder ein
Geistlicher thut sich wohl bei voller Tafel
und wird von einem Weibe verlockt; oder
ein Mönch mit dem Geldbeutel am Halse
stürzt von der Himmelsleiter ans Geld-
säcke. Offenbar liegt hier alles Unflätige
der Gesinnung fern, vielmehr spricht die
Malerei die Warnung aus, daß weder die
Himmelsleiter ersteigen noch den Kranz
des Lohnes erringen wird, wer sich von
den Lockungen der Sinnenlust, des Geizes
und der Schwelgerei verführen läßt."

Warum aber mußten gerade hervor-
ragende Persönlichkeiten und vornehmlich
die Mitglieder des damals so gewichtigen
Priester- und Ordensstandes herhalten?
Weil die Bildner durch das Gewicht der
auftretenden Personen ihrem Anschauungs-
unterricht größeren Nachdruck geben wollten.
So läßt unser Heiland selbst im Gleich-
niß vom barmherzigen Samariter als Bei-
spiel der Unbarmherzigkeit, die er ver-

dammt, einen Priester und einen Leviten
auftreten, nicht als ob dies Laster bei
den Dienern des Altars am häufigsten
gewesen wäre, sondern weil es an ihnen
am häßlichsten ist. Es ist also einseitig
und sieht selbst wie ein Zerrbild aus,
wenn Wright ans Grund von mehr oder
weniger verzerrten Karikaturen die Geist-
lichkeit des Mittelalters als vorzugsweise
au Unkeuschheit, Uumäßigkeit, Habsucht,
oder doch am Verdacht solcher Laster
krankend hiustellt — wenn er z. B. das
oben besprochene Porträt der Freßgier am
Magdalene-Kollege mit dem Urtheil be-
gleitet: „Es ist bemerkenswerth, daß an
einem Gebäude von wenigstens theilweis
kirchlichem Charakter, das auf Kosten und
unter Leitung eines hohen kirchlichen
Würdenträgers, des Bischofs Wainflete,
anfgeführt wurde, ein hauptsächlich den
Klosterbewohnern zngeschriebenes Laster,
nämlich die Gaumenlust, im geistlichen
Kleide personifizirt worden ist. Man
ersieht daraus wieder einmal, daß die
Ausschmückung des Baues im einzelnen
ganz in das Belieben der Baumeister ge-
stellt war"; oder wenn er gelassen den
ganz allgemeinen Satz aufstellt: „Im
Mittelalter herrschte im Volk der aus-
gesprochenste Widerwille gegen den Klerus,
und wollte eine Karikatur der günstigsten
Aufnahme sicher sein, so brauchte sie nur
die Unsittlichkeit oderFalschheit eines Mönchs
oder Priesters zu geißeln" (S. 137, S. 72).
— Schon zehn Jahre, ehe das unser Eng-
länder schrieb, hatte das Kölner „Organ
für christliche Kunst" den Ausspruch eines
Knnstschriftstellers zurückgewiesen, welcher
lautete: „Das Aergerniß, welches man an
der Unwissenheit oder an den Lastern der
Geistlichkeit nahm, ist in einer großen Zahl
von Steinbildwerken zu verfolgen." —
(Fortsetzung folgt.)

Iur Ikonographie der Aata-
koinbengemälde.

Als durch einen Zufall am 31. Mai
1578 der Eingang in das Coemeterium
Jordanorum wieder gefunden und damit die
ganze unterirdische Welt der Katakomben
wieder erschlossen wurde, machte sich zu-
nächst Fra Alfonso Ciacconio, dann Phi-
lipp de Winghe und als dritter der be-
 
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