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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 11
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Neue Beiträge zur Frage der Caselform, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0107

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Archiv für christliche Ärmst.

Organ des Rottenburger DiözesanOereins für christliche Rnnst.

Ljerausgegeben und redigirt von Professor Dr. Keppler in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins, für denselben: der Vorstand Professor Dr, Keppler.

Or.ii.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für Jl 2.05 durch die württembergischen (,M. 1.90
im Stuttgarter Bestellbezirk), M2.20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalten,
fl. 1.27 in Oesterreich, Frcs. 3.40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden
auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags direkt
von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbansstraße 94, zum
Preise von Jk 2. 05 halbjährlich.

Nene Beitrage zur ^rage der
Laselform.

(Schluß.)

Zum Schluß geben wir uoch einige
Mittheiluugen über ein schönes in unserem
Land erhaltenes mittelalterliches Caselkrenz
und über einige leider nicht mehr erhaltene
Caseln.

In der Pfarrkirche zu Kiebingen, OA.
Rottenbnrg, befindet sich noch ein mittel-
alterliches Meßgewand, das ohne Zweifel
ans dem ehemals in naher Waldschlncht
gelegenen Paulinerklösterchen Rohrhalden
stammt. Es hat nicht mehr den alten
Schnitt, sondern wurde, wohl im vorigen
Jahrhundert, zur Baßgeigenform zurück-
geschnitten. Mit Ausnahme des vorderen
Stabes und der Goldborten ist aber der
Stofs noch alt: grüner Seidendamast mit
sehr feiner Granatapfelmnsterung. Das
breite Kreuz der Rückseite schmückt eine
Stickerei, welche an Feinheit die der Rent-
linger Caseln übertrifft, auch noch recht
ordentlich erhalten ist. Der Grund ist
mit horizontal aneinandergereihten Gold-
fäden ansgelegt; die Heftstiche, mit denen
dieselben überfangen sind, bilden ein hüb-
sches Dessin; die Wirkung schon dieser
sorgfältigen, nicht mühelosen Grundirnngs-
arbeit ist eine sehr gute und vornehme.
Ans diesen Fond ist der schmale Kreuz-
stamm gesetzt, im Plattstich mit grüner
Seide gestickt und mit hellgrünen Fäden
und feinen (jetzt verblaßten oder abge-
riebenen) Silberschnürchen sehr schön und
regelmäßig übergittert. Darauf ward die
für sich ans doppeltes starkes Linnentnch
gestickte, dann ausgeschnittene und gnm-
mirte Figur des Gekreuzigten genäht. Sie
ist sorgsam schattirt, ohne Applikation
ganz im Plattstich ansgeführt; das Antlitz
hat etwas große, schreckhafte Züge; das

Lendentnch flattert weit hinaus; aus der
Seite und ans den Fnßwnnden fließen
Blntströme in zwei Kelche, welche ein in
ziemlich kühner Haltung schwebender Engel
unterhält. Ueber dem Kreuz ist das Brust-
bild Gottvaters ans ftilisirter Wolke an-
gebracht; die Linke trägt die Weltkugel,
die Rechte ist segnend erhoben. An den
beiden Balkenenden fangen zwei Engelchen
das Blut ans den Handwnnden in Kelche
ans. Unter dem Kreuze aber hält Johannes
die nmsinkende Mutter des Herrn. Stickerei
und Stoff gehören dem 15. Jahrhundert an.

Herrn Antiquar Heberle in Rottenbnrg
verdanke ich schätzenswerte, von Photo-
graphien und Zeichnungen begleitete Mit-
theilungen über einige früher in Rotten-
bnrger Kapellen befindliche alte Meß-
gewänder. Das eine hat den spätern, heute
noch üblichen rednzirten Schnitt. Sein
Stoff ist ein ins gelbliche spielender Seiden-
damast mit schöner Musterung, deren Hanpt-
elemente die gothische siebenblättrige Rose
mit dem blühenden Granatapfel und
zwischen den Reihen dieser Rosen schön
verästeltes blühendes Gezweige mit klei-
neren Granatäpfeln und Krönchen bilden.
Lediglich durch anfgenähte Goldborten ist
auf dem Stofs der Rückseite ein breites
Kreuz formirt, in welches ein gesticktes
schmäleres eingelegt ist mit Rnndbalken
und abgehanenen Aesten. Der Körper des
Gekreuzigten ist in etwas erhabener Stickerei
ansgeführt. Zn Füßen des Kreuzes kniet,
gegen dasselbe gewendet, aber das Antlitz
im Profil zeigend, mit reichem Mantel
bekleidet, Magdalena. Rechts und links
neben dem Kreuz sind zwei Wappen an-
gebracht, die sich in gleicher Form auf
einer aus Wildberg stammenden, am Thurm
der Weilerbnrg links von der St. Mein-
radskapelle eingemanerten rothen Sand-
steinplatte vereinigt finden; das eine, nnt
 
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