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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 9.1891

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Nr. 12
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Keppler, Eugen: Phantastische, scherz- und boshafte Gebilde mittelalterlicher Kunst, [9]
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Das Stationenwerk der Klosterschule von Beuron
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https://doi.org/10.11588/diglit.15908#0117

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107

Theils zeigen sie Wappenschilder und Na-
menszüge der Wohlthäter des Klosters,
theils aber auch witzige und spitzige Mo-
tive. Auf einem dieser Plättchen ist in
zarter Ausführung eine Scene aus der
verkehrten Welt zu sehen. Ein Hase, der
über seinen Erbfeind, den Hund, Herr ge-
worden ist, hat sich auf dessen Rücken ge-
schwungen und sprengt nun als kühner
Jägersmann hornblasend dem Stelldichein
zu. In der Ecke oberhalb grinst ein
Schalksgesicht, das die Zunge zeigt. Noch
gründlichere Rache nehmen die Hasen an
ihrem Feind in einer Miniaturmalerei, die
im Britischen Museum zu sehen. Wegen
seiner Vergehen zum Tode verurtheilt, wird
hier der Hund auf einem Armensünder-
karren zum Galgen geführt. — Eine an-
dere Thier-Hinrichtung ist aus einem Chor-
stuhl der Abtei zu Sherborue zu sehen.
Gänse sind damit beschäftigt, den Fuchs
aufzuknüpfen, und die Eile mit welcher
die geflügelten Henker zu Werke gehen,
freut offenbar die beiden Mönche, die Zeu-
gen der Hinrichtung. (Forts, f.)

Das Stationenwerk der Rloster-
schnle von Benron,

wie es ausgeführt wurde in der Marien-
kirche zu Stuttgart, phototypisch wieder-
gegeben ans 14 Tafeln, bildet die Vereins-
gabe für die Mitglieder des christlichen
Kunstvereins der Diözese Rottenbnrg für
die Periode 1889/91. Leider reichten die
Mittel nicht zur Herstellung von Chromo-
typien; aber trotz des Fehlens der Farbe
und trotz nur schwacher Modellirnng der
Figuren, wie sie im Prinzip der Schule
liegt, ließen sich doch mittelst des Licht-
drucks sehr wirkungsvolle Reproduktionen
erzielen, hauptsächlich dadurch, daß ein
ganz dunkler Hintergrund gewählt wurde,
von welchem die zarte und delikate Zeich-
nung sich weithin sichtbar abhebt. Die
Größe der einzelnen Tafeln ist 33,5 zu
43 cm; beinahe doppelte Breite haben die
Stationen 1 und 14, welche daher in drei
Theile zerlegt und mittelst eines feinen
Seidenbandes geheftet sind. Eine starke
elegante Mappe, am Rücken und an den
Ecken mit rother Leinwand besetzt, um-
schließt die Kunsttafeln, ganz vorzügliche
Leistungen der Firma M. Rommel in

Stuttgart. Ans der Innenseite des Deckels
ist eine Tasche angebracht für Ausnahme
des Teptbüchleins. Dasselbe gibt ans
67 Seiten 8° zuerst eine Geschichte der
Krenzwegandacht; zur Besprechung kommt
hier vor allem die Echtheit der dnrck die
Tradition bezeichneten via crucm in Jeru-
salem , dann die allmählige Ausbildung
der 14 Stationen und die Verbreitung
der Stationenandacht in der christlichen
Welt. Der zweite Abschnitt: Die Krenz-
wegandacht und die bildende Kunst, unter-
sucht , welche neue Ausgaben der Kunst
durch diese nach und nach ausgebildete und
ausgebreitete Andacht gestellt wurden und
wie sie diesen Aufgaben bis jetzt ent-
sprochen; von den neueren bedeutenden
Stationswerken wird ein Verzeichniß nebst
kurzer Charakterisirnng gegeben; praktische
Winke für die Anbringung der Stationen-
bilder machen den Schluß. Im dritten
Abschnitt werden die Beuroner Krenzweg-
kompositionen erklärt, nachdem zuerst das
Nöthige für Verständniß des ganzen künst-
lerischen Schaffens der Beuroner Kloster-
schule gesagt worden. In 70 Anmerkungen
folgen die Belege und Literaturangaben.

Wir hoffen daß dies Werk innerhalb
und außerhalb des Vereins viele Freude
bereiten und Freunde finden werde. Na-
mentlich hoffen wir, daß die Tafeln vieler-
orts für Anlegung von Kreuzwegen un-
mittelbare Verwendung finden. Ihre Größe
ist so bemessen, daß sie selbst für gewöhn-
liche Kirch e n vollkommen ansreicht. Wir
möchten nochmals nachdrücklichst ans diese
schöne und wohlfeile (das ganze Werk
kostet im Buchhandel 10 Mark) Gelegen-
heit Hinweisen, die kleinen Pfarrkirchen
mit völlig genügenden Stationenwerken
anszustatten, die wahrlich erfolgreicher und
wirksamer als alle fabrikmäßig hergestellten
zum künstlerischen Schmuck der Kirche bei-
tragen und die Frömmigkeit, die Andacht
zum leidenden Heiland fördern werden.
Natürlich müssen für diesen Zweck die
Tafeln hinter Glas und Rahmen gebracht
werden. Es war deshalb unser Bestreben,
zugleich passende Vorbilder für Herstellung
schöner und würdiger Rahmen uns zu ver-
schaffen. Die Beilage enthält eine erste
Serie von Proben, die ans dem Kloster
Benron stammen. Um Platz §it sparen,
sind die einzelnen Motive nicht ganz ans-
 
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