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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 1
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Neue kirchliche Wandgemälde
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https://doi.org/10.11588/diglit.15909#0007
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gekehrt, erhielt Locher glücklicher Weise ein
eigenes Atelier in der Schule des Pro-
fessors Andreas Müller, unter dessen Lei-
tung er sich nun ganz der kirchlichen Knust
znwandte. Erfreulicher Weise fehlte es
dem aufstrebenden Künstler nicht an Auf-
trägen. Seine ersten Kirchenmalereien
waren Bilder in dem Filialkirchlein in
Rißegg bei Biberach, dann zwei Plafond-
bilder in der Kirche zu Mettenberg, aus-
geführt 1883—84, drei Bilder in der
Kirche zu Aepfingen und eine Himmel-
fahrt Mariä für den Kreuzberg zu Um-
mendorf 1885. Im Jahr 1886 überließ
ihm sein Lehrer, Professor Müller, die
Ausführung eines großen Deckengemäldes
für die St. Maxkirche in Augsburg, für
welches der Lehrer die Skizze entworfen
hatte; es ist 63 Quadratmeter groß nab
stellt dar den Heiland als Tröster und
Helfer der Kranken und Elenden, ein er-
greifender bildlicher Kommentar zu dem
Wort: „Kommet alle zu mir, die ihr müh-
selig und beladen seid, ich will euch er-
quicken." Die große Komposition wurde
in der kurzen Zeit von drei Monaten mit
Keimschen Mineralfarben gemalt. Im
Jahr 1887 wurden in der Kirche von
Haunstetten bei Augsburg die Anbetung
der hl. drei Könige und eine hl. Cäcilia
mit Engeln neu gemalt, alte Gemälde
restanrirt. 1888 war Locher mit Historien-
maler Glötzle mit der Ausstattung der
Heiliggeistkirche in München beschäftigt;
im Lauf des Sommers und im Jahr 1889
kamen in der Kirche in Jengen bei Bnchloe
eine Himmelfahrt Christi und ein großes
Skapulierbild zur Ausführung, 1890 und
1891 die Gemälde in Stafflangen. Eine
Himmelfahrt Mariens ist unter den Bil-
dern der modernen Galerie von der Photo-
graphischen Union in München vervielfältigt
worden; sie trägt die Nummer 2032 und
entspricht durchaus allen Anforderungen
an ein religiöses Bild.

Ein schöner, zu frohen Hoffnungen be-
rechtigender Höhengang ist in dem bisheri-
gen Schaffen des Meisters zu verfolgen.
Sowohl die Technik der Keimschen Mi-
neralmalerei als die der Enkanstik oder
Oelwachsfarbenmalerei (in ihr sind auch
die Stafflanger Bilder gemalt) handhabt
er mit voller Sicherheit; die Zeichnung ist
gewandt und durchaus korrekt, eine ent-

schiedene Begabung für klaren, künstleri-
schen Ban der Kompositionen nicht zu
verkennen; die Formengebnng ist weich und
frei, der Stil ganz der Overbecksche, die
Haltung, wenn man will, etwas modern,
aber Formen, Stil unb Haltung kommen
nirgends in Spannung mit den religiösen
Ideen und Zwecken. Für romanische lind
gothische Kirchen und für eigentliche Altar-
bilder müßte allerdings eine noch strengere
stilistische Art verlangt werden. Der Mei-
ster hat sichtlich die moderne Kunst ans
sich wirken lassen, besonders auch ihre
koloristischen Erfolge, aber er hat vom
Unkirchlichen und Unreinen derselben Seele
lind Pinsel rein bewahrt.

Dazu ist er freudig zu beglückwünschen.
Möge er unverdrossen nach weiterer Ver-
vollkommnung streben, namentlich in der
Schule der Alten, und mögen ihm weitere
kirchliche Aufträge wie zum Lohn so zum
Sporn werden. Wir begrüßen in ihm
und den gesinnllngsverwandten jungen
Meistern den so sehr ersehnten und will-
kommenen Nachwuchs, der die Lücken eines
Führich, Steinle, Klein u. A. nach und
nach ansfüllen wird.

Das Gutachten des Referenten über die
Arbeiten in Stafftangen hatte folgenden
Wortlaut:

„Auf Ersuchen des Pfarramts und Stif-
tnngsrathes von Stafflangen habe ich am
11. August die von Herrn Kunstmaler
Locher in München gefertigte malerische
Ausstattung der dortigen Pfarrkirche in
Augenschein genommen. Nach eingehender
und genauester Prüfung muß ich beur-
kunden, daß ich das ganze Werk der Be-
malung mit großem künstlerischem Geschick
und mit technischer Sorgfalt und Gewissen-
haftigkeit ausgeführt gefunden habe. Was
vor allem die Figurenbilder anlangt, so
nehme ich keiner: Anstand zu erklären, daß
dieselben meine Erwartungen weit über-
troffen haben und zum Besten gehörerr,
was kirchliche Wandmalerei in der: letzten
Jahren geschaffen hat. Die großen Pla-
sondgemälde sind im vollen Sinn Meister-
werke der religiösen Kunst und Andachts-
bilber. Die Auffassung ist glaubensvoll
und den dargestellten Mysterien angemessen,
die Anordnung und Gruppirung der
Scenen lebendig und gewandt, der Stil
bei erlaubtem und gesundem Realismus
 
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