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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 1
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Beck, Paul A.: Beziehungen des Martin Schongauer zu Ulm, [1]
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Ein polychromes Madonnenbild der Beuroner Malerschule
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https://doi.org/10.11588/diglit.15909#0014

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10

detaillirte Nachricht muß, wenn sie auch keine zeit-
genössische ist, sondern erst von ungefähr I O2 Jahrh.
nach der Wirksamkeit des M. Schongauer datirt,
bei der anerkannten Zuverlässigkeit der nach besten
Quellen bearbeiteten Geschichte des Wengenstiftes
als eine in dessen Urkunden, Aufzeichnungen und
Uebcrliefernngen begründete angesehen werden.
Einzig allein könnte der Umstand, daß die Dar-
stellung schon in so früher Zeit ans L e i n -
w and gemalt ist, etwas Bedenken erregen.
Auch darf man mit ziemlicher Gewißheit an-
nehmen, daß die Wengenmönche das Bild ans
erster Hand noch zu Lebzeiten des Künstlers nbcr-
kommen haben. Zweifelhaft ist immerhin, ob
das Bild bis zur Säkularisation an seinem Platze
am Hochaltar geblieben und ob es nicht bei den
mehrfachen Restaurationen der Wengenkirche, so
bei der im Jahre 1699 in dem Renaissancestil
vorgenommenen oder bei der um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts unter Propst Joh. Brau-
miller und dessen Nachfolger Michael III. Kuen,
dem Verfasser der YVenga, stattgefundenen Um-
wandlung in den Roeocostil von seinem ursprüng-
lichen Aufstellungsorte weggekommen und etiva
im Kloster aufgehängt worden ist; für letztere
Annahme könnte der Ausdruck »in coli eg io
nostro« im Gegensatz zu »in Ecclesiam
nostram« oben sprechen; hoch- und werthgehalten
wurde aber dieses fürstliche Bild im Wengen-
stifte jedenfalls immer. Wohin — und in wel-
chem Jahre — dann das Gemälde zunächst aus
den Wengen gekommen, ist nicht ganz klar; nach
einer Bemerkung Weyermanns (in s. Ulmischen
Nachrichten k. II., S. 464 und 465, woselbst
die Darstellung irrthümlich als Kreuzigung be-
zeichnet wird) sei dasselbe Bild nach seiner Entfer-
nung aus den Wengen eine Zeit lang im Besitze
eines Ulmer Schiffmannes gewesen. Mit der
Quelle ans YVenga muß man sich wohl zufrieden
geben, und darf man nicht zu große Ansprüche
an die Beweisführung erheben; wnnschenswerth
bliebe freilich noch, daß ein weiterer Beleg ans
dem Wengenarchiv, dessen Verbleib uns aber
nicht bekannt ist, beigebracht werden könnte. Häß-
ler selbst sagt a. a. O. (S. 75): „Bor der Ob-
jektivität der Urkunden muß die Subjektivität der
Meinungen und Konjekturen znrücktreten." Daß
endlich ntiter dem in »YVenga« genannten Mei-
ster : »Martinus Schoen de Kalenbach,
v. der schoen Martin« kein anderer, als
Martin Schongauer, der größte Maler der ober-
deutschen Schule des 15. Jahrhunderts gemeint
sein kann, ist zweifellos, denn allbekanntermaßen
führte ja derselbe den Beinamen des Hü(ip)bschen
oder Schönen; schoti im Jahre 1453 lauft er
„Hipsch Martin" (auch Hi(P)bse und Hn(p)bse
Marten). Nach Woltmann wird er auch gelegent-
lich Martin Schön (bei dem Humanisten
Wimpheling „Schön") genannt. „Das ist keine
Abkürzung des Geschlechtsnamens, sondern ein
Beiname; statt dessen auch die synonyme Be-
zeichnung Hübsch Martin gebraucht wird."
Von Lambert Lombard in seinem Schreiben an
G. Vasari wird dies »Lei Martina« übersetzt;
latimsirende Schriftsteller, wie der Humanist
Beatus Rhenanns nennen ihn »Martinas Bellus«
mit dem ausdrücklichen Beisatze, daß ihm dieser
Zuname wegen seiner außerordentlichen Anmnth

im Malen (also nicht etwa wegen seiner hübschen
Erscheinung) zu Theil geworden sei. Nach andern
wäre dann der Name „Schön" eine deutsche
Rückübersetzung der wälschen Beinamen gewesen.
Ebenso feiert ihn eine urkundliche Aufzeichnung,
die von seinem Tode handelt, als »Pictorum
gloria«. (Schluß folgt.)

<£in polychromes UTabomieubilb ber
Beuroner ^Nalerschule
hat die erprobte Anstalt von Martin Rommel
in Stuttgart durch Photo - chromotypisches Ver-
fahren mittelst nicht weniger als zwölf Platten
meisterhaft vervielfältigt. Ein hellbrauner breite-
rer Rand und eine sorgfältige Umrahmung heben
das farbenreiche Bild vom weißen Karton ab.
Der Hintergrund ist dunkelblau, mit Sternen
dnrchsät und durchblitzt von den Strahlen der
großen Mandorla. Diese selber uunvogt eine
gewellte blaue Einfassung; ihr Kern ist hellgelb.
Ans ihrer lichten Fläche tritt mildkräftig hervor
die Gestalt der Gottesmutter, ans Wolken über
der Weltkugel stehend. Die Haltung ist von jener
getragenen Würde und Hoheit, welche die Schule
so meisterhaft zu geben vermag; doch ist der
Linienflnß etwas weicher als bei andern Gebilden
der Schule und namentlich durch das wohl-
tönendste Farbenspiel geschmeidigt. Das röth-
liche Gewand stimmt vorzüglich zu dem kräftig
blauen Mantel mit grünem Futter, der das
ganze Haupt der Mutter umhüllt. Auch das
Antlitz der hl. Mutter hat weichere Züge als
sonst und entzückt durch eine unsagbare Lieblich-
keit und in sich versunkene Andacht. Schräg
über ihre Arme ist das heilige Kind gelegt, von
den ehrfürchtig verhüllten Händen gehalten; es
ist ganz in Windeln gewickelt, nur Schultern und
Aermchen sind frei und bloß; sein Antlitz ver-
bindet den Zauber der Kindlichkeit mit dem vollen
Bewußtsein der Gottheit; seine Augen schauen
tief und klar ans den Beschauer. Das Bild reiht
sich den schönsten Madonnenbildern aller Zeiten
ein und wird den Lesern wärmstens empfohlen.
Der Alleinvertrieb des Kunstblattes in Württem-
berg ist der Verlagsbuchhandlung von Kitz in
Sanlgan übertragen; der Preis desselben be-
trägt nur 2 M. Seine Größe ist 43 zu 31 ein.

Literatur.

Die Kunst im Lichte der Kititst.
Von Dr. H einrich Pnd 0 r. Dres-
den, Damm 1891. 67 S. Preis:

1,50 M.

Nenn sehr lesenswerthe Essays, kurz und
knapp in der Form, reich an tiefen und licht-
gebenden Gedanken. In der Einleitung (Kunst
und Kunstgeschichte, Musen und Museen) wird im
Sinne des Buches: „Rembrandt als Erzieher"
gegen die heutige Museenwuth geeifert, „das
schönste und häßlichste Kennzeichen der heutigen
Art und Weise, Kunstgeschichte zu treiben", na-
mentlich weil durch sie die Kunstwerke von dem
Boden losgerissen tverden, auf dem und aus dem
sie erwachsen sind. Der zweite Traktat besaßt
sich mit den Grabmülern der Medici von
 
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