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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 4
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Pfitzer, Anton: Zwei Wandgemälde in der Heiligkreuzkirche zu Schwäbisch-Gmünd
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https://doi.org/10.11588/diglit.15909#0040

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als solche einer sorgfältigen, verständigen und
gewissenhaften Restauration »verth, sondern für
die Kirche gewissermaßen als wahrer Schah zu
betrachten."

Um die Restauration der Heiligkreuz-
kirche in ihren inneren Räumen hat der
verstorbene Hofmaler von Gegenbanr das
hervorragendste Verdienst. Er hat die
Kirche aus der drohenden Gefahr einer
abermaligen Uebertünchnng gerettet. H Das
sicherlich nicht inkompetente Urtheil aber
dieses großen Meisters auf dem Gebiete
der Farbenknnst über die etwaige Ent-
stehungszeit unserer Bilder ging dahin:
„Wie die Heiliggrabgruppe allein nach wohl
dem letzten Dezennium des 14. Jahrhun-
derts angehören mag, so sind die beiden
Gemälde Werke ans den ersten Jahrzehnten
des 15. Säkulums. Die Gemälde
siitd mit Oel ails Stein gemalt."
lieber die durch Deschler vollzogene Re-
stauration aber äußerte er sich ebenso kurz
als zu Gunsten des Restaurators: „Wären
Eure Gemälde in andere Hände gekom-
men , so hättet Ihr ohne Zweifel auch
andere Bilder erhalten; Deschler aber
hat die alten ursprünglichen Gemälde wie-
der hergestellt!"

Wenn man nun die Urtheile von Di-
rektor v. Waagen, Restaurator Deschler
und Hofmaler v. Gegenbaur über die
etwaige Entstehungszeit der fraglichen Ge-
mälde zusammenstellt, könnte man da nicht
an den Tag des hl. Evangelisten, das ist
den 21. September des Jahres 1410, das
ist den Tag der feierlichen Einweihung der
Kirche, denken? Könnte diese noch heutzutage
bewunderte erste Ausstattung der Kirche

i) Als er beim Eintritt in die Kirche die be-
reits angebrachten Farbenproben am Getvölbe,
an den Säulen und den Flachwänden erblickte,
sprach er in scharf aeeentnirter Weise: „Ihr
iv o l l e t malen, dazu dürft Ihr meinen
Namen nicht nennen!" Und als man ihn
hinwies ans die mit großen Kosten verbundenen,
bereits getroffenen Vorbereitungen, war sein zwei-
tes und letztes Wort in dieser Angelegenheit:
„Nun, wenn Ihr einmal wollet und müsset, so
malet eben in Gottes Namen, aber meinen
Namen gebe ich nicht dazu, obgleich ich ein Maler
bin." Auf dieses Urtheil hin wurden Maler und
Weißputzer trotz der verursachten Unkosten aus
der Kirche hinausgewiesen und ward der Kirche
durch Abreiben und Abscharren der alten Ocker-
(Küchen-)Farbe ihr natürlicher Steinton wieder
gegeben. Dies sei zur dankbaren Erinnerung
an den edlen Freund hier für künftige Zeiten
ausgezeichnet.

nicht zugleich zitr Erhöhung dieses Festes ver-
anstaltet und ins Werk gesetzt worden sein?

Eine ähnliche Frage läßt sich answersen
bezüglich des „verdienten, aber dem Na-
men nach unbekannten Meisters der schwä-
bischen Schule", wie ihn Waagen bezeichnet.
Wenn aber Deschler sagt: daß unsere Ma-
lereien au die großen Kölner Maler Wil-
helm und Stephan erinnern, wenigstens
deren Kenntniß voranssetzen, so kann man
kaum umhin, bei diesem Punkte sich nicht
an die so renommirte und weitverbreitete
Gmünder Steinmetzhütte am Ende des 14.
und Anfang des 15. Jahrhunderts zu er-
innern. Daß Meister Heinrich, der Er-
bauer der Kirche, seine Qualisizirung zum
Baumeister unserer Kirche in Köln geholt
hat, ist in letzter Zeit anss Nene darge-
than worden durch Dr. Neuwirth in seinem
Buch: Peter Parler von Gmünd. Daß
die großen italienischen Meister der Kunst,
wie ein Lionardo da Vinci und Michel
Angelo sich auch aus deu Gebieten der
Architektur bewegten, ist bekannt; daß aber
auch der große zweite Dombanmeister in
Prag, Peter Parler, den Kaiser Karl IV.
1353/56 von der Gmünder Bauhütte weg
nach Prag berufen hat, als Steinmetz und
Bildhauer sich verewigt hat, davon zeugen
die Bildwerke wie im Dome, so besonders
ans der leider znm Dheil jetzt eingestürzten
Karlsbrücke. Könnten und sollten sich nun
nicht auch unter den Mitgliedern der so
weit verbreiteten und in so großem Rufe
stehenden Banhütte zu Gmünd solche be-
funden haben, welche sich aus dem Ge-
biete der Malerei versucht hätten? Diese
noch von keiner Seite angeregte Frage
könnte ans Grund verurkundeter Lösung
einen nicht zu unterschätzendeu Anhalto-
punkt für Klarstellung der immer noch so
dunklen Persönlichkeit bezw. Landsmann-
schaft des Erbauers der Gmünder Heilig-
kreuzkirche, des Meisters Heinrich von
Gmünd geben. Wenn eine, freilich etwas
spätere nicht verurkundete Ehronik sagt:
Die Gmünder hatten nicht nur die Mittel
zu solch einem Baue, sondern sie hatten
auch den Baumeister in ihrer Mitte, könnte
man dann nicht auch folgern: sie bedurften
zur Ausstattung ihres herrlichen Gottes-
hauses keiner fremden Kraft von Außen,
sondern sie hatten die nöthigen Bildhauer
und Maler innerhalb ihrer Mauern?
 
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