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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 4
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Donauwörther Heiligebildchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15909#0047
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40

die tiefsten Prinzipien lvie ans die neuesten her-
gehörigen Produkte eingehend. Daraus leiten wir
die Berechtigung ab, ein Unternehmen wie das obige
einer genauen Prüfung zu unterziehen und die dem-
selben beigedruckte, nicht eben ungünstige Selbst-
benrtheilnng aus ihre Nichtigkeit zu untersuchen.

Es handelt sich hier um Bildchen im gewöhn-
lichen kleinen Kabinetformat, und zwar um poly-
chromirte. Die bildliche Darstellung nimmt nur
die Hälfte oder ein Drittel der Vorderseite ein;
der übrige Raum wird ansgefüllt durch den
Namen des betreffenden Heiligen, einen Wahl-
sprnch, einen Schriftvers, ein Gebet, eine Liedes-
strophc. Gegen solche Verbindung von Bild und
Wort ist gewiß nichts einzuwenden. Zn billigen
ist es auch, daß znsaminengehörige Serien von
je 12 Bildern vereinigt (12 heilige Mütter, Hand-
werker, Lehrer, Kinder, Jungsranen, Jünglinge k.)
und ans diesen Serien dann wieder gemischte
Sortimente ztl 25 Stück gebildet werden. Der
Preis jedes Bildes beträgt 5 Pfennig; niedriger
kann er gewiß für Chromotypien nicht angesetzt
werden. Das Material ist ziemlich kräftiger,
glatter Karton ohne Spitzen, was Lob verdient;
die Schrift ist groß, deutlich und schön.

Wie sind nun die heiligen Darstellungen selbst
vom Standpunkt der religiösen Kunst zu be-
nrtheilcn? Ihr Stil ist kein strenger; man
könnte ihn fast modern nennen, doch nicht ge-
rade im schlimmen Sinn. Häufig wird land-
schaftliche Staffage beigezogen, meist mit gutem
Geschick; auch Blumensträuße und Blüthenzweige
dienen als Nahmen oder als Zierraten. Mit
nicht wenigen Darstellungen kann man, >vas Zeich-
nung, Auffassung, Ausführung, Farbenwirkung
aulangt, zufrieden sein, wenn auch freilich,höhere
Ansprüche nicht befriedigt werden. Glicht wenige
von den Bildern aber weisen doch so bedenkliche
Fehler ans, daß man sie nicht empfehlen, kaum
dulden kann. Wir lvollen die nicht entsprechenden
hier anfführen und den dringenden Wunsch daran
knüpfen, sie möchten nicht weiter verbreitet, son-
dern unterdrückt oder wenn möglich korrigirt tverden.
Die Darstellung der heiligsten Dreifaltigkeit ans
Nro. 70 ist eine sehr ärmliche und nnerbanliche;
ivie kommt der Zeichner dazu, Gottvater und
Goltsohn nicht in gleicher Linie den Sitz anzn-
weisen? es sieht aus, als ob zwei gar nicht zu-
sammengehörige Gestalten hier rein äußerlich an-
einander gerückt worden seien. Die Darstellung
Jesu als Lehrers und das Herz Jesn-Bild (Nr. 8
und 58) gibt dem Heiland dasselbe verschwommene, i
absolut geistlose Antlitz lvie das Dreifaltigkeits-
bild. Auch die Gesichter des hl. Johannes Berch-
mans (Nr. 7), des hl. Johann Baptist de la
Salle (Nr. 62), der hl. Barbara (Nr. 66) und
der hl. Margaretha (Nr. 71) sind Karikaturen.
Ans dem Bild des hl. Augustin (Nr. 70) sollten
dem Kind die wüsten Flügel abgeschnitten und
anstatt der Badhose ein Kleid gegeben werden.
Die Darstellung der hl. Theresia mit dem Jesus-
kind (Nr. 17) ist nicht verständlich. Nr. 33 schil-
dert die Umarmung, welche dem hl. Franziskus
Seraphikns durch den Gekreuzigten zu Theil ivnrde;
abgesehen von den zlvei häßlichen flatternden Engeln
in den Lüsten ist die Stellung des Heiligen eine
sehr unschöne. Geradezrr unanständig ist ans

Nr. 87 die Haltung der linkeir Hand des hl.
Stanislaus. Das Weihnachtsbild Nr. 1 zeigt
eine recht hübsche Winterlandschaft mit erhelltem
Kirchlein; über demselben liegt in strahlender
Sonnenscheibe auf einem von rohen Holzböcken
getragenen Heulager das heilige Christkind —
jammervoll gezeichnet.

Man wird angesichts des niedrigen Preises
solch eingehende Kritik vielleicht unberechtigt und
zu streng finden. Ob um diesen Preis Besseres
und Tadelloses geleistet werden könnte, das soll
hier nicht näher untersucht werden. Aber das
werden wir mit aller Entschiedenheit festhalten:
wenn uns nur die Wahl gelassen wird: entweder
höherer Preis oder Hinnahme derartiger Schwächen
und Defekte, so muß man sich unbedingt für die
Preiserhöhung entscheiden. Ein einziges Bild,
daS so viel kostet als fünf minderiverthige, dafür
aber auch allen Ansprüchen genügt, ist nicht bloß
eben so viel, sondern inehr werth als jene fünf.
Und so tväre zweifellos auch eine Serie von
12 Bildern zu 10 Pfennig mehr werth als eine
Kollektion von 25 Bildern zu 5 Pfennig. Der
höhere Preis wird dann kein Hinderniß der Ver-
breitung mehr sein, wenn besonders der Klerus
einmal bei Vertheilnng und Verschenknng von
Bildern an Kinder und Katechumenen nach dem
richtigen Prinzip verfährt und nicht aus die
Menge, sondern ans die Qualität der Bilder
sieht. Der Massenbedarf hat die Massenproduk-
tion zu miniinalen Preisen hervorgernfen, und
diese hat das religiöse Bild verdorben; das De-
fizit, das bei solcher Preisherabdrücknng entsteht,
zahlt nicht die Kasse des Verlegers, sondern muß
die religiöse Kunst bezahlen, viel zu thener be-
zahlen durch Verzicht auf das, was sie zu einer
würdigen Existenz nöthig hat. Dieser Schwierigkeit
und diesem Mißstand hat auch die obige Publi-
kation sich nicht ganz entziehen können, und wer
ans den etwas volltönenden Worten des Prospekts
schließen wollte, daß hier in der That praktisches
und ideelles Interesse die volle Ausgleichung ge-
sunden habe, würde sich getäuscht finden. —

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