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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 5
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Keppler, Eugen: Der neue Hochalter der Stadtpfarrkirche von Freudenstadt und die Restauration dieser Kirche, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15909#0050

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43

reichern, ein bedeutendes Mehr an Kosten
verursacht, die man umsomehr sich er-
spareu zu dürfen glaubte, weil der Altar
ganz-an die Wand gerückt ist und daher
die Seitenansicht füglich außer Betracht
gelassen werden konnte. Dagegen wurde auf
das Votum des Ausschusses hin eine Skulp-
turengruppe über dem oberen Abschluß
gestrichen. Leider konnte nicht an Aus-
führung des Ganzen in Eichenholz gedacht
werden; nur der Tabernakel ist in diesem
Stil gearbeitet, der Hochbau ans Tannen-
holz. Wer das fertige Werk sieht, wird
durch das unedlere Holzmaterial nicht mehr
beleidigt werden; eine kräftige und doch
diskrete polychrome Ausstattung hat das-
selbe wirksam veredelt. So entstand das
schöne Werk, welches die Beilage zur An-
schauung bringt. Der ansführende Meister
ist Kunst sch reiner B innig in Oed-
heim. Die Kosten sind verhältnißmäßig
niedrig:

Hochaltar .... M. 1708. —

Fracht.„ 23. 74

Ausstattung des Taber-
nakels .

M.

Dazu die beiden Reliefs
Die Statuen . . .

46.
1778.

47.
147.

97

71

04

Gesammtsumme M. 1972. 75

Verfertiger dieser letztgenannten Skulp-
turen ist Bildhauer Hofmeister in Sigmarin-
gen. Zur Erläuterung der Beilage muß noch
bemerkt werden, daß beide Tabernakel-
nischen mit Thüreu geschlossen sind, welche
sich nach innen öffnen, eine Einrichtung,
die viele Vortheile hat und vielleicht dem-
nächst im „Archiv" ausführlicher besprochen
wird.

Geben wir nunmehr das Wort dem
Stadtpfarrer, dessen Kirche durch die Hilfe
des Kunstvereins einen würdigen Hoch-
altar erhielt und ans Anlaß dessen über-
haupt eine durchgreifende Restauration er-
fuhr.

Noch im Herbste 1890 paßte in der
katholischen Kirche in Freudenstadt alles
zusammen. Ein formloses unverhältniß-
mäßig hohes Viereck mit sichtbarem Dach-
stnhl, von dessem Schnitzwerk den Leuten
ein gut Theil auf den Kopf gefallen war,
die vormals weißgetünchten Wände durch
sechs schwere Strebepfeiler — wie soll

man doch sagen — gegliedert, sowie mit
sechs riesengroßen Fenstern durchbrochen,
welche Licht, aber auch Regen und Schnee
in Fülle hereinließen, wegen der großen
Angriffsfläche, die sie dem Winde darboten;
daran anschließend ein dunkles Chörchen,
geradlinig abschließend, mit rnndbogigem
Scheingewölbe, ohne Wandschmuck außer
einer Sakristei- und einer Kastenthür, ohne
Fenster mit Ausnahme einer Rosette, die
offenbar das romanische Prädikat des Baues
besiegeln sollte; aber im Unbehagen dar-
über , daß sie das einzige stilisirte Ban-
glied war, hatte sie greulich gefärbte
Brillengläser ansgesetzt und schaute durch
diese den bretternen Kasten, der den Hoch-
altar vertrat, gar traurig an; einige Wand-
öden mit Oelfarbdrncken und verwelkten
Kränzen behängt; der Chorbogen versperrt
durch ein Kanzelungethüm, das den Chor-
ranm vollends um alles Licht brachte. (Das
letztere ist jetzt von seinem Platze ver-
schwunden und seitdem in einer Pfeilerecke
unschädlich gemacht.)

Als einst ein Verehrer Ariosts diesen
in seiner ländlichen Zurückgezogenheit anf-
suchte und sich wunderte, wie er, der in
seinen Gedichten so manchen Prachtpalast
geschildert, mit einem so ärmlichen Heim
fürlieb nehmen könne, antwortete derselbe
lächelnd: Weil Worte wohlfeiler sind als
Steine!

Dasselbe mußte der hiesige parochus in
herbis einem canonicus in floribus er-
widern, der ihn besuchte und der — ent-
setzt über die Blöße und Stillosigkeit der
etwas über 30 Jahre alten Kirche — ihn
boshaft fragte, wie denn solches mit ben
schönen Lehren tut „Archiv für christliche
Kunst" sich zusammenreime: „Worte sind
wohlfeiler als Steine." Dieser Kirchen-
bau scheint gleich von Anfang durch Mangel
an Mitteln beeinträchtigt worden zu sein,
namentlich in seinen obern Theilen; denn
bei der Ausbesserung fanden sich nur ans
der Wetterseite Schindeln unter den Zie-
geln, ans der ganzeit andern Dachhälfte
lagen diese ohne Schindeln, einfach anein-
ander gereiht auf dem Holzwerk auf, das
zugleich ben Plafond bildet. Bis jetzt war
es nur möglich, das Chordach völlig ent-
sprechend umzudecken, nachdem man es zu-
erst von außen verschaalt hatte, was unter
hiesigem Himmel durchaus geboten ist. Die
 
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