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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 6
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Probst, Josef: Ueberblick über die aus Oberschwaben gebürtigen Künstler des achtzehnten Jahrhunderts, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15909#0058
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50

fischen Schatzkammer, des grünen Gewölbes,
sind. Mit ihm arbeiteten seine Brüder,
der Emaillenr Georg Friedrich und der
Goldarbeiter Georg Christoph. Da Joh.
Melchior Dinglinger erst 1731 starb, so
fallen die meisten seiner Arbeiten in das
18. Jahrhundert; sie sind aber nach Stil
und Art so sehr die Ausläufer jener in
Italien begonnenen, in Prag, München,
Augsburg fortgesetzten Kunst der Ver-
arbeitung edlen Gesteins zu Gesässeu und
Geräthen, ltub mau kann fast sagen, die
letzten Ausläufer, daß dieselben bei der
Kunst des 17. Jahrhunderts zu besprechen
sind. Die Dresdener Arbeiten schließen
gewissermaßen diesen Verlauf und zwar in
glänzender Weise. Zwar gleichen sie an
eleganter und reiner Schönheit der Formen
keineswegs ihren Vorgängern ans dem 16.
und Anfang des 17. Jahrhunderts; sie
haben in dieser Beziehung der barocken
Wandlung des Geschmacks nicht widerstehen
können! aber sie kommen ihnen gleich an
Mannigfaltigkeit der verzierenden Künste
und Vollkommenheit der Ausführung. Sie
vereinen Schliff und Gravirung des Ge-
steins, Cameenschnitt und Email mit feinster
Goldarbeit. Freilich, phantasievoll erfunden,
sind sie auch mit allerlei Schmuck über-
laden, oder, ohne auf die Kontur zu
achten, bizarr in ihrer Gestaltung. In
dieser Beziehung außerordentlich charakte-
ristisch ist eine im grünen Gewölbe anf-
bewahrte Schaale, mit welcher Dinglinger
sich hat auch portraitiren lassen, das „Bad
der Diana". Auf der einen Seite der
Chalcedonschaale sitzt, aus Elfenbein ge-
schnitzt, Diana mit zwei Knaben unter
einem goldenen, emaillierten Baldachin
zwischen zwei wasserspeienden Delphinen.
Die Schaale ruht ans dem Geweih eines
mächtigen Hirschkopfs, welchen Hunde zer-
fleischen. Geschnittene Steine, Edelsteine,
schöne Frauenköpfe, emaillierte Medaillons
zieren noch mannigfaltig das überaus
reiche, in seiner Erfindung jedoch barocke
Werk.

Von ähnlichem Charakter wären noch
eine ganze Reihe Arbeiten Dinglingers
oder seiner Genossen im grünen Gewölbe
anfzuzählen. Da ist ein Centaur mit
Diana ans dem Rücken in Begleitung von
Hunden, eine Venus, die auf einer Sänfte
von Mohren getragen wird; ein Elefant

mit Thürmen, phantastische Vogelgestalten
und dergl. Eine besondere Liebhaberei
bildete die Verwendung unregelmäßig ge-
stalteter Moustreperlen, an welche je nach
ihrer Gestaltung, Arme, Beine, Köpfe von
emaillirtem Gold angesetzt wurden, oder die
sonstwie komische Figuren bildeten." (Falke.)

Das Portrait des I. M. Dinglinger,
von dem Kupferstecher Wolfgang, besteht
noch und ist nachgebildet bei v. Lützow:
Geschichte des deutschen Kupferstichs und
Holzschnitts, S. 253. Derselbe war hie-
nach ein kräftiger Mann mit energievollem
Gesicht, der viel mehr an die alten Meister
des ausgehenden Mittelalters erinnert als
an die Verschrobenheit der Barockzeit. Auf
dem Kopf sitzt eine Pelzmütze; das Haar
muß kurz gehalten gewesen sein; von einer
Allongeperücke keine Spur. Das Gewand
ist ein langes, bequemes, warmhaltendes
Hauskleid mit Pelz verbrämt; der Sessel,
ans dem er sitzt, ganz schlicht, ohne alle
Schweifungen; vor ihm der Arbeitstisch
mit seinen Instrumenten, in seiner Hand
das „Bad der Diana".

2) Johann Elias R i d i u g e r (cf.
Woltmann-Wörmann, Geschichte der Male-
rei III., S. 1031 und v. Lützow: Gesch.
des deutschen Kupferstichs und Holzschnitts,
S. 272), geb. in Ulm 16. Februar 1698,
gest. Augsburg 10. April 1767.

„Er lernte seine Kunst als ausgezeichneter
Darsteller des Thierlebens anfangs bei
verschiedenen unbedeutenden Meistern, dann
unter Rugendas an der Augsburger Aka-
demie. Direktor dieser Anstalt wurde er
1759. Daß Ridinger Maler gewesen sei,
wird ausdrücklich bezeugt, doch beruht sein
Ruhm ans seinen Zeichnungen, Kupfer-
stichen und Radirungen. Inhaltlich hat
er alles Mögliche dargestellt: Biblische
Vorgänge, allegorische Gestalten und Grup-
pen, Bildnisse, Sittenbilder in holländischer
Art; aber sein eigenstes Gebiet, zu dem
er immer wieder zurückkehrte, war die
Thierwelt. Keiner vor ihm hat diese
in annähernd gleicher Fülle und Viel-
seitigkeit dargestellt. Von den Hansthieren
interessireu ihn nur die Hunde und die
Pferde. Letztere hat er in der Reitschule,
auf der Weide, bei Jagden von kühnen
Jägern geritten, vor Schmieden und in
allen erdenklichen Stellungen beobachtet.
Fast mehr noch aber interessireu ihn die
 
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