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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 10
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Pfitzer, Anton: Der Stammbaum-Altar in der Taufkapelle der Heiligkreuzkirche zu Gmünd
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https://doi.org/10.11588/diglit.15909#0092

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Archiv für christliche Ärmst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Kunst.

kferausgegeben und redigirt von Professor Dr. Keppler in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Diözefan-Kunftvereins, für denselben: der Vorstand Professor Dr. Keppler.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für Ji 2.05 durch die würtiembergischen (Ji 1.90
im Stuttgarter Bestellbezirk), <^2.20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalten,
I» fl. 1.27 in Oesterreich, Frcs. 3.40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden

L» 1'^'. auch angenommen von allen Buchhandlungen, soivie gegen Einsendung des Betrags direkt
von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, llrbansstraße 94, zum
Preise von Ji 2.05 halbjährlich.

Der Stammbaum-Altar

in der Taufkapelle der Heilig-
kreuzkirche zu Gmünd.

Vou f Stadtpfarrer Pfitz er in Gmünd.

Dem großartigen, monumentalen hl.
Grabe nebst den beiden Wandgemälden in
der Kirche zum hl. Kreuz haben sicherlich
auch die ersten Altäre entsprochen. Wel-
ches Loos diese ursprünglichen Altarwerke,
von denen der gewesene Hochaltar sich be-
sonders als ein kostbares Schnitzwerk ver-
zeichnet findet, gehabt haben, davon ist
nichts berichtet. Ueberhanpt scheinen die
Gmünder Chronisten für jede Bagatelle-
sache das größte Interesse gehabt zu haben;
nur an dem herrlichen Bauwerke ihrer
Kirche gehen sie kalt und stumm vorüber.
Daß 1351 der Grundstein gelegt worden
und 1497 die Thürme eingestürzt sind,
das ist alles, was einer dem andern nach-
geschrieben hat! Was sich an dem Aenßern
und Innern der Kirche zugetragen hat,
welche Veränderungen stattgesnnden haben,
wer sich dabei besonders bethätigt hat, dar-
über schweigen sie insgesammt. Die erste
diesbezügliche verurkundete Nachricht findet
sich zum Jahre 1667. In diesem Jahre
habe nämlich der Magistrat zur Dank-
sagung für den göttlichen Schutz während
der drangsalsvollen Zeit des dreißigjährigen
Krieges, in welcher Zeit Stadt und Herr-
schaft Gmünd einen Schaden von „16 Ton-
nen Goldes" erlitten habe, was den Nach-
kommen unglaublich scheinen möge, aber
alles doknmentirt sei, beschlossen, in der
Pfarrkirche einen schönen Choraltar er-
richten zu lassen, welcher denn auch 1670
fertig geworden sei. Dieser Altar war
sehr groß, im Geiste seiner Zeit, mit reicher
Vergoldung; das Altarblatt stellte die
Aufnahme Mariens in den Himmel dar.
Ebenfalls ans Veranlassung einer Friedens-

feier 1803 wurde an seiner Statt unter
Dekan und Stadtpsarrer Kratzer ein nener
Ciborienhochaltar nach dem Muster in der
Neresheimer Klosterkirche ausgestellt. Noch
unpassender und stilwidriger! Der „schöne"
große Altar von 1670 bekam seinen Ruhe-
posten in der St. Johanneskirche, auch
wieder als Hochaltar, allwo er aber bei
der Renovation von 1869 bis 1880 für
immer in Abgang dekretirt werden mußte.

Dasselbe Loos theilten seine früheren
Genossen in den Chorkapellen bei der
1858 unternommenen Renovation. Ob-
gleich unter letzteren zwei bis drei Pracht-
exemplare der Nachrenaissance sich befan-
den, welche wenigstens als Zeugen der
üppigen Zopfzeit der Erhaltung würdig
gewesen wären, so mußten sie dennoch ins-
gesammt den Platz räumen. Dabei wal-
teten nicht puritanische Bestrebungen, son-
dern bauliche und konstruktive Gründe.
Um dieser der ganzen Kirche fremdartigen
Elemente willen hatte man das Planum
des Chornmganges mit Flnßsand zwei bis
drei Fuß hoch anfgefüllt und dadurch auch
die schön profilirten Sockel der Säulen
im Sand vergraben, welche für die Schön-
heit der Säule ja dieselbe Bedeutung haben
wie ein schöner Fuß für die Schönheit des
menschlichen Körpers. Die Chorkapellen
waren für jene Altäre nicht hoch und breit
genug; dieselben fügten sich nicht bescheiden
in den gegebenen Raum ein, sondern zwi-
schen der Wandfläche der Kapelle und den
großen dreitheiligen Chorfenstern mit ihren
prächtigen Maßwerken breiteten sie an-
spruchsvoll und protzig ihre Gvldschanm-
herrlichkeit aus und blendeten zu einem
Guttheil die herrlichen Fenster, Noch
mehr aber: um die Tragbalken der mäch-
tigen Altargerüste einzuspannen, hatte man
mit wahrem Vandalismus ganze Stücke ans
den Säulen, Pfeilern und Wandungen
 
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