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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 10.1892

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Nr. 10
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Pfitzer, Anton: Der Stammbaum-Altar in der Taufkapelle der Heiligkreuzkirche zu Gmünd
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https://doi.org/10.11588/diglit.15909#0093

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82

der Kapellen gewaltsam herausgehauen. Um
diesen Mißständen abznhelfen und diese De-
vastationen wieder auszugleichen, nicht aus
extremer, blinder Gothisirnngssncht, räumte
man mit all diesen Altären radikal aus.

In den fünfziger Jahren unseres Jahr-
hunderts wurde das ganze Innere der
Kirche einer durchgreifenden Erneuerung
unterzogen
und von al-
lem Fremd-
artigen, so-
weit es mit
dem ebenso
strengen als
edlen Stile
des Gebäu-
des unver-
träglich
war, pnri-
fizirt. Mit
aller Scho-
nung da-
gegenwurde
alles beibe-
halten und
wieder ver-
wendet, was
wirklich
Kunstwerth
hatte und
sich mit dem
Bau ohne
Störung
vertrug,
auch weun
es einer spä-
teren Zeit
angehörte.

Hieher ge-
hören nun
vor allen
zwei wahre
Perlen kirchlicher Bildschnitzerei, nämlich
der Altar mit dem Stammbaum
des Herrn in der jetzigen Taufkapelle,
dessen Abbildung wir geben, und der Al-
tar mit d e m B i l d n i s s e des h l. S e -
baldus in der zweiten Chorkapelle des
südlichen Umgangs. Ueber den ersteren
schreibt Lübke in seiner „Geschichte der
Plastik" S. 533:

„Zn den schönsten Schnitzwerken Schwabens
vom Ende des 15. Jahrhunderts gehört der große,

neubemalte Altar in der sogenannten Tanskapclle
der Heiligkreuzkirche zu Schw. Gmünd. Wie wir
hier schon früher in den plastischen Steinmetz-
arbeiten der Kirche eine reiche Blnthe der Plastik
fanden, so zeigt sich auch in obiger Zeitperiode
diese Kunst in lebendigem Fortschritte. Der Altar
enthält den Stammbaum Christi oder die Wurzel
Jesse. Unten liegt der Patriarch, eine würdevolle
Gestalt. Im Schrein darüber sitzen Maria und
Anna, die das Christkind gehen lehren. Neben

ihnen sitzen je-
derseits eine
schöne junge
Frau mit
einem Kinde,
also die sog.
„heilige Sipp-
schaftChristi",
ein damals oft
behandelter
Gegenstand.
Es sind ganz
reizende Köpf-
chen und an-
muthige Ge-
stalten , wie
man sie noch
heute in
Gmünd auf-
fallend häufig
antrifft. Die
feinen Gesich-
ter mit dem
edlen Oval
sind nur et-
was indiffe-
rent im Aus-
druck; die Fi-
guren nicht
ohne Befan-
genheit in der
Behandlung,
dafür aber in
prächtigem,
großgezeichne-
tem Gewand-
tvurf, der nur
wenig durch
eckige Falten
unterbrochen
lvird. Rings
sind kleine
Brustbilder

von Propheten und Königen angeorduet, lebendig
aber mitunter etwas demonstrativ bewegt. Zwi-
schen ihnen in der Mitte ein ganz vorzüglicher
Christus am Kreuze, trefflich im Nackten und
edel im Ausdruck; ganz oben krönt feierlich thro-
nend Gottvater das Prachtwerk!"

Einige glauben, daß dieser schöne Altar
ursprünglich Hoch- und Choraltar gewesen
sei. Absolut unmöglich wäre das nicht.
Sollte er ja bei der jüngsten Renovation
des Innern der Kirche im Jahre 1858
auch als solcher verwendet werden. Allein
 
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