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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 1
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Die Wandmalereien in Burgfelden bei Balingen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0008

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wird, so wird man unbedingt an die zwölf
Apostel zu denken haben. Man wird also
annehmen dürfen, daß der Maler, welcher
in sein ausgedehntes Gerichtsbild den
Aposteln, die im Reichenaner als Gerichts-
beisitzer fungiren, keine Ausnahme gewährte,
dies hier gleichsam nachholen und gut
machen wollte.

Links von dieser feierlichen Gruppe ist
in zwei Abtheilungen eine Geschichte er-
zählt, welche im Freien spielt, näherhin in
einem Wald. Dieser ist nicht so fast dar-
gestellt als angedentet durch einige nicht
nach der Natur, sondern in völlig roma-
nischer Stilisirnng gegebene Typen von
Bäumen; sie sehen mehr standen- oder
gestränchartig ans, sind nicht mit einem
Laubkleid umwallt, sondern tragen nur an
den Enden der dünnen Zweige echt roma-
nische Blnmendolden lind Blattmotive; ein
Hirschlein belebt diesen Wald, ein naiv gezeich-
ueterZehnender, welcher nicht znrDarstellnng
gehört, sondern lediglich als Staffage beige-
zogen ist und eben ein Banmstämmchen be-
nagt oder dnrchbeißt. Die eine der beiden
Episoden ist noch vollständig erhalten. Ein
Reiter ohne Wehr und Waffen, in langem
hemdartigen Gewand trabt auf einem Maul-
thier oder Pferd durch den Wald. Da
wird er von drei Strolchen überfallen;
einer kommt ihm von vorn, fährt ihm mit
beiden Händen ins Haar und will ihn
eben vom Pferde zerren; von seinen beiden
Mordgesellen schwingt der eine ein Schwert
und zielt ans Hals oder Kopf des Reiters,
der andere stößt ihm mit beiden Händen
einen Knüppel in den Rücken. Das Reit-
thier duckt sich in jähem Schreck, was nicht
ungeschickt wiedergegeben ist. Rechts da-
von die zweite Episode. Wieder drei Ge-
sellen , welcke sofort an die Uebelthäter
der ersten Scene erinnern, zumal da auch
der eine davon mit einem Schwerte ver-
sehen ist. Diese drei stehen da wie nieder-
gedonnert, mit schlotternden Knieen, mit
entsetzten Gesichtszügen, welche ausnahms-
weise hier ins Gesichtsoval eingezeichnet
sind; einer von ihnen, unglücklich gezeich-
net, macht Miene auszureißen und nach
der entgegengesetzten Seite zu fliehen. Wie
von Furcht gelähmt, starren und deuten
sie nach rechts, von wo ein anderer Reiter
daherkommt. Dessen Gestalt ist nicht mehr
erhalten, wohl aber das halbe Maulthier,

und die Zügelführung läßt erkennen, daß
die Gestalt aufrecht ans dem Pferde saß.

Die Deutung dieser Scene bereitete viel
Kopfzerbrechen. Man dachte an einen
„Reiterkampf im Walde" oder an einen
Ueberfall bei der Jagd; man vermnthete,
hier sei das gewaltsame Ende eines' der
Ritter der benachbarten Schalköbnrg ge-
schildert , dessen Tod vielleicht die Erbau-
ung dieser Kirche veranlaßt hätte und der
dann hier zur Ruhe bestattet worden wäre.
Wir dürfen aber in so früher Zeit keinen-
falls ein rein profanes Ereigniß als Ob-
jekt eines kirchlichen Hanptbildes voraus-
setzen, sondern haben unbedingt zunächst
an biblischen Vorwurf zu denken. Da
muß uns nothwendig die Parabel vom
barmherzigen Samaritan in den
Sinn kommen. Kein Zweifel, daß gerade
sie hier in Form einer geschichtlichen Er-
zählung wiedergegeben werden wollte. Von
; der gewöhnlichen Darstellung der Parabel
! weicht freilich diese erheblich ab. Sonst
' gibt die Kunst mit Vorliebe eine Schilde-
j rung der Hilfeleistung, welche der Sama-
ritan dem Ueberfallenen angedeihen läßt;
sie überläßt es dem Beschauer, ans den
Wunden und der hilflosen Lage des Ver-
unglückten zu erschließen, was vorherge-
gangen. Hier ist der Ueberfall selbst mit
aller Deutlichkeit geschildert, die Hilfeleist-
ung dagegen nur indirekt, in der Gestalt
des nahenden Retters. Dagegen fügt der
Maler eine Episode ein, welche die biblische
Parabel nicht hat, die Begegnung des Sa-
maritans mit den Mördern, welche ihm
Gelegenheit gibt, das böse Gewissen der
j Letzteren zu zeichnen. Der unterste Theil
der Nordwand wie der Südwand hat seinen
Farbenschmuck nicht mehr bewahrt; ebenso
wenig die Westwand.

Die Südwand beginnt mit einer Dar-
stellung, welche durch eine gemalte Säule
vom Gerichtsbild getrennt war; dieselbe
ist nicht mehr zu erkennen. Dann folgt
eine Kampfesschilderung, die aber nicht
mehr ganz erhalten, in manchen Theilen
schwer zu erkennen ist und noch keine ge-
nügende Erklärung gefunden hat. Aus
den dürftigen Resten vermag das Auge
nach und nach zwei kämpfende Paare zn-
sammenznsetzen. In beiden Fällen ist der
Ausgang des Kampfes schon entschieden
und trinmphirt der Sieger über den Be-
 
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