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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 1
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Die Wandmalereien in Burgfelden bei Balingen, [1]
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Der Altarbau der Gegenwart, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0010

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6

der Darstellung vom reichen Prasser:
„Ein Palast und in demselben ein Tisch
mit verschiedenen Speisen und ein Mann
trägt glänzende und prachtvolle Kleider
unb sitzt an demselben und hält in der
Hand einen Becher und viele Diener be-
dienen ihn, indem sie verschiedene Speisen
auftragen. Und wieder erscheint derselbe
ans einem Bette, und Teufel ergreifen
seine Seele, und um ihn sind weinende
Frauen und Kinder" (S. 225). Ebendort
heißt es S. 381 voll der Darstellung des
sterbenden Sünders: „ober ihm ist der
Teufel nild stoßt in seiil Herz einen feu-
rigen Dreizack; er zerrt ihn grausam unb
nimmt ihm mit Gewalt seine Seele fort."

In den Kreis der nentestamentlichen
Darstellungen nehmen die Parabeln, und
zwar gerade auch diese beiden, schon herein
Evangelienhandschriften vom Ende des 10.
und vom 11. Jahrhundert. Das Evan-
geliar von Echternach vom Ende des
10. Jahrhunderts hat die Parabel vom
reichen Prasser und armen Lazarus; man
sieht hier den Prasser tafeln unb Lazarus
vor seiner Thnre schmachten; darunter ist
der Prasser ans einem Paradebett ansge-
streckt und zwei Teufel ergreifen seine
Seele, während Engel die des Lazarlls
zum Himmel tragen. Im Evangeliar
Ottos III. ans der Münchener Bibliothek
(Cim 58) hat die Parabel vom barm-
herzigen Samaritan, welche übrigens erst-
mals sich scholl ilii Evangeliorum codex
graecus purpureus Rossanensis (heransg.
von Gebhardt und Harnack, Leipzig 1880)
ans deni 6. Jahrhundert dargestellt siildet
(Tafel 13), zwei Episoden. Die letztere
Darstellung hat mit der unsrigen wenig
Verwandtschaft; sie substitnirt dem Sama-
ritan den Heiland selbst, ans welchen die
anwendende Exegese schon zur Väterzeit die
Parabel bezog. Verwandter ist ihr die im
Münchener Evangeliar, welche den Wan-
derer ebenfalls, orientalischer Gepslogeilheit
ganz entsprechend, auf dem Maulthier aus-
ziehen läßt; die zweite Darstellung zeigt
ihn vom Reilthier geworfen und von den
Uebelrhätern schlimm zngerichtet; die dritte
vom Samaritan wieder aufs Pferd ge-
hoben und dem Herbergsbesitzer zugeführt.
Das Gothaer Evangeliar widmet drei
Bilder der Parabel vom Prasser und La-
zarus, das von Bremen vier Darstellungen

derselbeli Parabel, zwei der vom barm-
herzigen Samaritan.

Unterhalb dieses breiten Bilderfrieses
sind aus der Ost-, Süd- und Nordwand
iloch reichliche Farbenreste, letzte Zeugen
weiterer hier angemalter Cyklen, von denen
aber nichts mehr zu erkennen ist. Daß
eine große Idee die Auswahl der einzelnen
Bilder dieser nlonlnnentalen Malerei be-
stimmte und sie zll Einem Ganzen ver-
band , das läßt sich mit Sicherheit ver-
nulthen, aber wegen der Lückenhaftigkeit des
Erhaltenen nicht mehr im einzelnen er-
weisen. Die beiden Parabelbilder stehen
insofern in innerem Zusammenhang mit
dem Gerichtsbild, als nach Matth. 25, 35 ff.
das Gerichtsnrtheil nach den Werken der
Barmherzigkeit gesprochen wird; es stimmt
damit zusammen, wenn ans der Seite der
Beseligten der barmherzige Samaritan er-
scheint, der dem unglückliche!: Bruder zu
Hilfe kommt, ans der Seite der Verdamm-
ten der reiche Prasser, der dem Armen
die Brosamen von seinem Tisch verweigert.
Der Zusammenhang zwischen Gerichtsbild,
Apostelchor, Satanssturz ist an sich klar?)

(Schluß folgt.)

Der Altarbau der Gegenwart.

Nächst der Kirchenbausrage gibt es für
die christliche Kunst keine wichtigere, auch
keine schwierigere als die des Altarbaues.
Ihr gerade gedenken wir in Zukunft be-
sondere Beachtung znzuwenden. Wir haben
die tüchtigen Werke von Laib und Schwarz
(Studien über die Geschichte des christ-
lichen Altars. Stuttgart 1857), A.
Schmid (Der christliche Altar und sein
Schmuck. Regensbnrg 1871) und Münz en-
b erg er (Zur Kenntniß und Würdigung
der mittelalterlichen Altäre Deutschlands.
Frankfurt 1885 ff.), welche uns über die
Geschichte des Altarbanes orientiren, und
wir werden am wenigsten in einer so wich-
tigen Angelegenheit die klärenden Aus-
schlüsse der historischen Forschung außer
Acht lassen dürfen. Sowenig wir aber

ff Wie schon frühe die Parabel vom Prasser
in die Vorstellung und Darstellung des.Gerichts
einfloß, darüber s. F. 36. Kraus, Die Wand-
gemälde der St. Georgskirche in Oberzell ans
der Reichenau. Freiburg 1884, S. 19.
 
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