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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 1
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Schön, Theodor von: Beiträge zur Geschichte der württembergischen Baumeister und Bildhauer
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0015

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11

Trat ein fremder Baumeister in die Dienste
einer Stadt, so mußte er derselben einen Eid
schwören, so in Reutlingen am Beginn des
16. Jahrhunderts:

„Der Statt Wercklentt Ahd mit Namen Stain-
metzell, Murer, Zimmermännern, Bickellmeister
saniptt seinem: Knechten, Schlosser, Fürmannen,
Schreiner, Wagner unnd Schmid: Item ir all
unnd ainn ieder soll schwerem: ainn Aid zu Gott
gemainner Statt Reuttlingen trem unnd warhaitt
jren Schaden:: zu warnnen unnd wenden unnd
irenn Nutz befürdern, Jeder nach seinen: Besten
Vermögen:: ungeverlich. Es soll auch ain ieder
jnn solchen: aydt bereden:: gemainir Statt :nitt
seinner Arbait nach dem Besten:: zu versehenn,
seinen:: rechten:: unnd gesetzten:: Lonn (Lohn) zu
nenienn unnd ob ir ainem oder wer ichzit zu
Hannden oder zue Augen:: kemm (käme), gemainnir
Statt zugeherig — Es werr von:: Holtz, Gellt,
Werckzüg oder annders, wie das Namen:: halt
oder habenn :nag, dasselb zuo hanndthabenn, zu
versehenn, zu verwalttenn unnd an der Statt
nutz fernem: zue lassen unnd bewenndenn, getreiv-
lich unnd ungevärlich."

Seinem Inhalt nach ist dieser Eid jedenfalls
älter. Der auf solche Weise in die Dienste der
Stadt als deren Werkmeister getretene Künstler
hatte reichlich Gelegenheit, sich durch die Thätig-
keit in: Dienste derselben und auch durch von
auswärts ein laufende Aufträge, zu deren Aus-
führung er natürlich der Genehmigung des Bürger-
meisters und des Raths bedurfte, Ehre und Reich-
thnn: zu erwerben. Was war nun natürlicher,
als daß er, wenn er seine Sterbestunde heran-
nahen fühlte, einen Theil des erworbenen Ver-
niögens, der Kirche, bei deren Ban er zu Wohl-
stand gelangt war, zuzuwenden trachtete! Als
Beleg hierfür möge folgende Urkunde des Staats-
archivs dienen: „Wir Äpt Wernher und mit uns
aller Covent dez Clvsters ze Bebenhusen Ordens !
von Zitel in Costenzer Bystuen gelegen, vergehen
offenlich mit Urknend diz Bnefs, daz wir von
den: erbaern Man Pfas Cuenrat dem Schriber !
von Ruthelingen, der Ufrichter (Aufrichter) ist
gewesen diz Selgeraetes von Maister Peters ^
saeligen wegen dez Stainmezzen von Ruthelingen, !
haben emphangen drisig und hundert PH und !
Haller gueter und genemer, die wir och in users !
Closters gueten Nuz bekeret han, und haben im j
dar unnue gegeben aht Phunt Haller ewiges
Geltes der süben Phunt — gand (gehen) u'sser
der Muli ze Ammerowe, und ain Phunt usser
dez Lastes Aker und Wisnn, dü ze Gehay (Kayh,
OA. Herrenberg) gelegen sint under den Win-
garten, den man nennet dez Lastes Berg. Und
hoerent dü egenant aht phunt Haller Geltes
eweclich an unser gemainen Pitanei mit soelichem
Gedingde also, daz wir eweclich allü Jar an
den: ahtenden Tag nach saut Bartholomeustag
unser::: Convent fülle:: geben ainen Dienst von
Bischen und an dem drittan Tag och ainen
Dienst, ieden Denst (sic!) ungevärlich umme vier
Phunt Haller durch dez obgenanten Maister
Peters saeligen, siner Frowen und siner Kinder
Selenhailes willen. Wa aber wir oder unser
nachkumenden die vorgenant Dienst nit gaeben
nnd ritzten ns die Tag, als e geschriben stat,

oder ungevärlich in den nächsten aht Tagen
darnach, so sie:: wir oder unser nachkumenden
eweclich, weles Jares die Dienst nit geritzt (ge-
reicht) werdent, vervallen und schuldig ze gebend
für ieden Dienst, der denne des Jars nit geritzt
ist, vier Phunt gueter Haller den Caplan gemain-
lich ze Ruthelingen, die dez vorgenanten Maister
Peter's Jarzit, siner Frowen und der Kind
darumme anzegriffend und ze phendend an allen
Stetten, wa oder wie si mugen. Wir der ob-
genant Apt Wernher und der Convent haben
uns und unseren nachkumenden behalten den Ge-
walt und daz reht, daz wir mügen, swenne wir
wellen, dü vorgenanten aht Phunt Haller Geltes
ivider loesen und widerlegen mit andren aht
Phunden als (— ebenso) gewisses Geltes, oder
mit drisig und hundert Phunden Haller, die wir
f och darumme enphangen Han, we der's uns aller
z best fuegt. Und da; diz alles war und staet
ewiclich belibe, so geben wir den: obgenanten
j Phaf Cuonrat und den egenanten Caplanen disen
Brief besigelt mit unseren aigenen Jnsigeln, der
! gegeben ist in den: Jar, do man zalt von Cristes
^ Geburt dritzehen hundert Jar und darnach in
dem nun und fnnszigesten Jar in octava Bar-
j iholomei Apostoli." Den in dieser Urkunde ge-
nannten Meister Peter, den Steinmetzen von
Rüthelingen, hält Klemm („Reutliuger Geschichts-

> blütter", t. Jahrgang, Nr. 1, Seite 1) für den

> Hauptbanmeister der Frauenkirche in Reutlingen I
! und ein Glied der Baumeisterfamilie der Arier,

: gewiß mit guten: Grund. Auffallend ist nur,

daß derselbe sei:: Seelgeräth nicht in: Kloster
Marchtal errichtete, welches ja der Bauherr der
Marienkirche war (Bossert in den „Reutliuger
Geschichtsblättern" I, Seite 6, 7), sondern in:
Kloster Bebenhausen, das zur Marienkirche in
keinen Beziehungen stand. Er dürste mindestens
auch in Bebenhausen als Baumeister thätig ge-
wesen sein.

Literatur.

Historischer Verein Heilbronn.
Bericht ans den Jahren 1889—1890.
Viertes Heft. Heilbronn, Schell 1891.
61 Seiten u. 15 Tafeln.

Dieser Jahresbericht eines sehr rührigen Ge-
schichtsvereins hat bleibende Bedeutung auch für
die Kunstgeschichte, weil dessen erste 44 Seiten
eine hochinteressante Studie über die Stein-
metzzeichen überhaupt und die Heilbronns in:
besonderen bringen. Sie stainmt von dem rühm-
lich bekannten Dekan Klemm in Backnang und
dient zur Ergänzung seiner in den „Württb.
Vierteljahrsheften" 1882 und separat (Stuttgart,
Kohlhammer) erschienenen Arbeit über die würt-
tembergischen Baumeister und Bildhauer bis um
1750. ' In ebenso leichtfaßlicher wie gründlicher
Erörterung geleitet der Verfasser uns durch

0 Vielleicht war der 20. Februar 1360 ge-
nannte Meister Contz von 11 rach seelig (Kirchen-
pflege Reutlingen) auch einer der Baumeister der
Frauenkirche.
 
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