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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 2
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Probst, Josef: Uebersicht über die Künstler und Kunstwerke Oberschwabens von 1550 bis zum 30 jährigen Kriege, [1]
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Beck, Paul A.: Verschwundene und verschollene Altar- und Schnitzwerke Jörg Sürlins des Jüngeren, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0026

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20

An einen noch spätern Akeister (der Spät-
reuaisscince) ist nicht zu denken, aber wohl
an einen früheren, der noch das volle
Verständniß der Dürerschen Komposition
und Ausführung hatte. Ein solcher Meister
tritt aber in Memmingen selbst hervor in
der Person des Hans Dabratzhaus.
Durch R. Bischer wurde in ihm der tüch-
tige Verfertiger der Statuen am Chor-
gestühle daselbst urkundlich festgestellt (ckr.
„Allgäuer Geschichtsfreund" 1891 S. 20
und 33); er arbeitete mit seinem Ge-
nossen Heinrich Stark, der das Schrein-
werk des Chorgestühls fertigte, in den
Jahren 1503, 1506 und 1507. Da die
Knpferstichpassion Dürers bald darauf,
ungefähr 1512 erschien, so konnte ein
Mann im Alter des Dabratzhans sich
recht wohl angeregt gefühlt haben, später
eine Anzahl dieser Vorlagen als Werke
der Skulptur in Holz anszuführen. Wir
glauben die Stärke Heidelbergers über-
haupt weniger in seinen figürlichen Dar-
stellungen suchen und finden zu dürfen,
als in seiner Behandlung der Architektur
und des Ornaments, worüber besonders die
Werke in Ochse u h a n s e n Aufschluß geben.

In der früheren Prälatur (jetzt Psiirr-
hof) dieses Klosters befinden sich eine An-
zahl Portalnmrahmnngen nebst einem mit
Holzschnitzereien ausgestatteten Plafond,
die, nach einem angebrachten Wappen, zur
Zeit des Abtes Andreas Sonntag (zwi-
schen 1567 —1585) gefertigt wurden. Sie
stehen somit dem Th. Heidelberger, der
1 558 noch in Ottenbenren arbeitete, zeitlich
nahe genug. Aber auch die Oerllichkeiteu
berühren sich. Ottenbenren ist zwei Weg-
stunden östlich von Memmingen, Ochsen-
hansen drei Stunden nordwestlich von da;
Zeit und Oertlichkeiten sind somit so nach-
barlich znsammengerückt, daß in dieser Be-
ziehung eine ernstliche Beanstandung der
Urheberschaft des Heidelberger nicht be-
stehen kann. Doch darf nicht verschwiegen
werden, daß in neuester Zeit durch die
Untersuchungen von Prof. R. Bischer noch
ein weiterer Memminger Meister ans jener
Zeit anfgefnnden wurde, der möglicher
Weise an den Arbeiten in Ochsenhansen
betheiligt gewesen sein kann. Im Jahr
1589 wurden an den Meister Caspar
Unger, Tischmacher, Arbeiten in dem
Memminger Rathhanse übergeben, die sich

auf Herstellung von Brnsttäser, Thür-
gericht und anderer Tischlerarbeiten, be-
sonders auch auf die »dinin« (Plafond)
beziehen; bei letzteren ist der Zusatz ge-
macht: „wie er solche zu Gntenzell (Ober-
amts Biberach) gemacht." („Allgäuer Ge-
schichtsfreund" 1889 S. 83.) Da jedoch
von diesem Meister sonst nichts bekannt
ist, so mag es geilügen, ans den Namen
aufmerksam zu machen.

Eine dieser Portalnmrahmnngen (mit
der Beweinung Christi oben und im Fries
mit dem genannten Wappenschild) ist seit-
her nach Stuttgart in die Königl. Staats-
sammlung versetzt worden; die andern be-
finden sich noch an Ort und Stelle.

Diese Arbeiten haben mit allem Recht
eine sehr günstige Benrtheilnng erlangt,
sind jedoch, wie es scheint, doch nur in
engeren Kreisen genügend gewürdigt, Z so
daß eine Mittheilung der Urtheile ange-
zeigt ist. (Schluß folgt.)

Verschwundene und verschollene Altar-

nnd öchnitzwerke Jörg Sürlins des
Jüngeren.2)

Von Amtsrichter a. D. P. Beck.

In der unter der Negierung des Abts Simon
Leilgenberger im Jahre 1489 in altgothischem
Stile zu bauen begonnenen, im Jahre 1497,
vollendeten Klosterkirche von Ochsen Hausen

0. 8. B. stand ein Meisterwerk des Georg
(Jörg) Sürliu (Syrliu, Syrien w.) aus Ulm,
nämlich der Hochaltar von künstlich durch-
brochener Arbeit, welcher majestätisch bis an
das Gewölbe der Kirche emporragte. Das Kunst-
werk wurde— nach (Geiseuhofs) „kurzer Geschichte
des Reichsstists Ochsenhausen" (Ottobeuren, 1829
bei Joh. Bapt. Ganser) — im Jahre 1496 *)

0 Lübke in seiner ausführlichen Geschichte
der Renaissance in Deutschland erwähnt dieselben
ebenso wenig als Dohme in seiner Geschichte der
deutschen Architektur oder Bode in seiner Ge-
schichte der dentschen Plastik.

Es wurden hier hauptsächlich Sürliusche
Werke, tvelche in Klemms Aufsatz „über die
beiden Jörg Sürliu" („Ulmer Münsterblatt",
3. und 4. Heft, S. 74—96, Ulm, Verlag der

1. Ebnerschen Buchhandlung, 1883) nicht, be-
rührt sind, zum Gegenstandder Besprechung gemacht.

3) Die Zeitangabe Geiseuhofs ist der in Seidlers
annales Biberacenses gegebenen und von Klemm
in seinem Aufsatze „über die beiden Jörg Sür-
lin" <a. a. O. S. 74 ff.) reproduzirten Zeitbe-
stimmung auf das Jahr 1514 vorzuziehen, denn
Geiseuhvf, der zudem gerade in Bezug auf diesen
Altar ganz präzise und detaillirte Angaben macht,
verdient als Geschichtsschreiber seines Klosters
mehr Glauben, als der nicht immer sehr genaue
Seidler.
 
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