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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 6
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Probst, Josef: Beziehungen zwischen Oberschwaben und Tyrol, [2]
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Zur Geschichte der Kreuzwegandacht
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Gedanken über die moderne Malerei, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0067

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— 58 —

hoch hinaufrückeu zu müssen und sucht
nun seinerseits auch mit Eugelsfigürcheu
am Postament sich zu helfen. Mau merkt
aber bei ihm recht gut, daß er stockend
hinter seinem Vorbild, das im vorschwebte,
zurückblieb.

Alls eine weitere Spur von Nückström-
ungeu aus Tyrol nach Oberschwabeu macht
Bischer in seinen Studien zur Kunst-
geschichte S. 417 aufmerksam; es sind
Zeichnungen, die in einem Werke der
Hohenwangschen Offizin zu Ulm 1501
sich befinden, in welchem auch deutsche
und italienische Weise sich zu vereinigen
scheint. Die Wahrnehmung dürfte nicht
ganz uninteressant sein, daß, wie einstens
Nürnberg in einer lebhaften künstlerischen
Verbindung mit dem Nordosten, besonders
Krakau, stand, so auch Ulm und Ober-
fchwabcn in einem ähnlichen Verhältnisse
zu dein kaum weniger weit entfernten Ge-
birgsland im Südosten.

Zur Geschichte der Areuzwegandacht.

Die zweite Auflage des Werkes, welches
unsere letzte Vereiuögabe bildete, hat noch
im vorigen Herbst die Presse verlassen. Die
14 Tafeln mit den Kreuzwegkompositionen
der Veuroner Schule wurden mittelst des-
selben Verfahrens und in gleicher Größe
wie die der ersten Auflage hergestellt und in
schöner Mappe gesammelt. Die Textbroschüre
wurde gegenüber der ersten Auflage um
zehn Seiten vermehrt; außer mancherlei
Korrekturen und Zusätzen hat namentlich
die Veronikalegeude erstmals eine gründliche
Untersuchung erfahren. S. 34 der neuen
Ailflage ist darauf hiugewiesen, daß die
Kreuzweganlagen mit sieben Stationen, die
sogenannnten „sieben Fälle", denen mit vier-
zehn Stationeil voraus liegen und es siild
iloch einige erhaltene Anlagen der ersteil
Form namhaft geillacht. Daß die letztere
alich in unserem Land bekannt war, wllßte
ich bei Besorgllng der neuen Auflage noch
nicht. Zu meiner Verwunderung faild ich
in diesem Herbst auf der letzten Strecke des
Weges von N e u l e r bei Ellwangen irach
deiil kleinen Filial B r o il u e n (mit alt-
romanischer Kapelle, bereit gothische Fresken
voil Maler Loosen 1886 restaurirt wurden
und sehr sehenswerth sind) sieben, steinerne
Bildstöcke mit Darstellungen der „sieben
Fälle". Im Dorfe wird gesagt, es habe sie
ein mit dem fallenden Weh behafteter Bür-
ger errichten lassen. Namen ttnb Jahr der

Errichtung haben die Bildsäulen selbst be-
wahrt: die meisten tragen die Inschrift:

Sebastian Nathgeb 1724, 1725 oder 1729.
Abwechselnd ist ein Pfeilerchen oder eine
schlanke Säule mit hübschem Kapitell der
Träger des eigentlichen Bildgehäuses niit
dem Relief. Die Bilder haben Kunstwerth
nicht, siild aber für uils ikouographisch von
Wichtigkeit. Zur Darstellung kommt nicht
etwa ein siebenmaliges Niederfalleu des Hei-
lands unter dem Kreuze, sondern auch nur
ein dreimaliges; die anderen Sceileu schil-
dern die Hilfeleistung Simons, den Liebes-
dieilst der Veronika, die Begegnung mit der
Mutter; eine ist vor Verwitterung nicht
mehr erkennbar.

Wir möchten uilsere Leser aus Württem-
berg bitten, im Lande noch weitere Umschau
halten zu ivolleu, ob vielleicht auch ander-
wärts noch solche Stationeuwege mit den
sieben Fällen vorkommeil, itnb der Redaktion
von etwaigen Funden Nachricht zu geben.
Auch jedem auswärtigen Leser wären wir
für gefällige Mittheilungen alls andern Läu-
dern dankbar.

Gedanken über die moderne ilNalerei.

(Fortsetzung.)

Gewisse Motive werden bis zum Ekel wieder-
holt — gewiß nicht bloß aus künstlerischen Absichten.
Die „dankbaren" mythologischen Stoffe genügten
nicht mehr; mau fügte hinzu die Scenen aus den
orientalischen Harems, von den Sklavinnen-
inärkten, aus den Badekabiuetten, die Hexen-
sabbathe und Walpllrgisuüchte; die Allegorien
wurden auf dieser Fleischbank ausgeschlachtet.
Die neueste Malerei braucht gar kein Motiv
mehr; sie stellt oder legt — in welchen Situa-
tionen! — unmotivirt itnb unvermittelt nackte
Frauenkörper in die offene freie Natur hinein
und nennt dann solche Bilder Morgen, Mittag,
Abend, Nacht, Frühling, Sommer, Herbst.
Dieser fleischerne Gedanke hat geradezu Schule
gemacht; jede Münchener Ausstellung der letzten
Jahre wies zum mindesten ein stattliches Halb-
dutzend Bilder auf, welche dieses „Motiv" breit
traten; die neueste von 1892 bleibt nicht zurück;
die „Idylle" von Wenzel Wirkner, die „Abend-
stille" von Heinrich Lossow, das „Frühlings-
ahnen" von Alfred Seifert, der „Sommertag"
von Hans Sandreuter, der „Abend" von Kengon
Kox — lauter Variationen jenes Einen Themas!
Ja, man wagt es, selbst religiöse Gegenstände
zur Befriedigung der unreinen Luft zu miß-
brauchen, und leider auch hierin läßt die neueste
Zeit früher Dagewesenes weiter hinter sich.
Schon seit Jahrhunderten muß die alttestament-
liche Erzählung von der Frau des Urias und
von der keuschen Susanna und die neutestament-
liche Heilige Magdalena es sich gefallen lassen,
pornographisch ausgebeutet zu werden; aber
Max Ruschels gemalte Magdalena übertrifft
 
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