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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 7
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Gothische Monstranz
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Pfitzer, Anton: Der St. Sebaldaltar in der Heiligkreuzkirche in Gmünd, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0075

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66

zu dem kräftig eutwickelteu Dachgesims über,
auf welchem die Pyramide ruht.

Die Pyramide selber ist uicht durchbro-
cheu, sondern massiv, au den Seiten fein
geschuppt, auf den Gräten mit kleinen
Blättchen besetzt. Da wo sie auf dem Ge-
sims aufsitzt, ist sie umschlungen von einer
verhältnißmäßig hohen durchbrochenen Krone
ans reichem, zartgliedrigem, fein ansge-
schwungenem Laubwerk. Am oberen Ende
der Pyramide ein zweites kleines Krönchen,
zuoberst ein schönes Schlnßkrenz.

Die Verhältnisse zwischen Fuß, Mittel-
körper und Bedachung sind sehr gut ab-
gewogen; die ruhigen, festen Formen des
Fußes kontrastiren angenehm mit der rei-
chen Fülle des oberen Theils und dienen
diesem zur soliden Basis. Der Hanpttheil
zeigt architektonische Motive und Dekora-
tion, Konstruktion und Ornamentik in rich-
tigem Gleichgewicht. Das massive Dach
gibt dem ganzen Bau kräftigen Körper,
wirkungsvollen Abschluß, Sichtbarkeit auch
ans größere Ferne. Ein Fehler, der bei
gothischen Thnrmmonstranzen nicht selten
ist, erscheint hier völlig überwunden: der
Körper des Gefässes und seine Wirkung
bleibt konzentrirt, er verflüchtigt und ver-
liert sich nicht, er löst sich nicht auf und
verschwebt nicht in Zacken und Spitzen.
Besonders iß hervvrznheben die verhältniß-
mäßige Sparsamkeit im Ornament, die aber
durchaus keine nachtheiligen Folgen hat,
dank namentlich der mit bewunderungs-
würdigem Feingefühl gerade am richtigen
Platz und in der richtigen Größe angeord-
neten herrlichen Krone über dem Dachge-
sims, welche als weiches, schmeidigendes Ele-
ment die architektonischen Glieder zugleich
unterbricht und verbindet.

Die Lnnula ist ganz sichtbar und be-
durfte einer gewissen Höhe, um der hl.
Hostie den richtigen Standort im Cylinder
geben zu können. Um deßwillen und wegen
ihres hohen Berufes ist ihr eine reiche Aus-
stattung zugedacht, mit zartem Lanborna-
ment, das vom Fuß zum Monde ansrankt,
und mit edlem Gestein.

Für größere Kirchen und Tabernakel
könnte der Mitteltheil der Monstranz noch
etwas zu schmal und engbrüstig erscheinen.
Eine weitere Erbreiterung hätte keine
Schwierigkeit. Es ließen sich leicht an dem
vorderen Fialenpaar und ihren Ausbauten

noch zierliche Nischen mit Piedestal und
Baldachin für Statnettchen anfügen.

Der St. Sebalbaltar in der Lseilig-
kreuzkirche in Gmünd.

Vom -s Stadtpfarrer P fitz er in Gmünd?)

Dieser Altar hatte ursprünglich seinen
Platz in der jetzigen Tauskapelle. Würde
der Stammbaumaltar in einer anderen
Chorkapelle nntergebracht werden können,
so würde dem Sebaldusaltare heute noch
ans schuldiger Pietät sein erster und ihm
speziell gebührender Platz wieder einge-
räumt werden. Die fragliche Tanfkapelle
ist nämlich tiach Einsturz der Thürme 1497
von einem Nürnberger Patrizier, dem da-
maligen Kirchenmeister an der Sebaldns-
kirche, Sebald Schreyer und seiner Ehe-
gattin Margaretha, geb. Kammermeister,
gestiftet worden. Daraus weist jetzt noch
das Schreyersche Wappen am Schlußstein
des Nippenkreuzgewölbes hin. Ein wei-
terer noch vorhandener sichtbarer Zeuge
ist ein kleines Glasgemälde, mit welchem
das Fenster in der Kapelle geschmückt ist.
Dasselbe stellt dar Maria mit dem Jesus-
kinde und das Bildniß des hl. Sebald.
Beide Darstellungen haben zur Seite die
Wappen des Stifters und der Stifterin
mit der Jahrzahl 1505. Diese Wappen
nebst den Bildnissen der beiden Stifter
finden sich auch am Sebaldnsaltar, wel-
cher ebenfalls eine verurknndete Stiftung
der genannten Patriziersamilie Schreyer
ist. Die Kapelle, das Glasgemälde und
der Altar: diese drei gehören also zusammen.
Bevor jedoch diese drei Stücke der groß-
müthigen Stiftung selbst in Betracht ge-
zogen werden, mag es zur Benrtheilnng
und Würdigung des schönen Werkes nicht
unwesentlich beitragen, wenn der hervor-
ragenden Persönlichkeit und des edlen Cha-
rakters der beiden Stifter in aller Kürze
Erwähnung gethan wird.

Sebald Schreyer (in den Urkunden 3e-
baldus clamosus genannt) war ein echtes
Nürnberger Kind. Geboren 8. Januar
1446 im alten Norimberg und in dieser seiner
Heimat anch anno 1520 gestorben, stammte
er ans einem der ältesten Geschlechter dieser

0 Letzte schriftliche Arbeit des Verstorbenen.
 
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