Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

DOI Heft:
Nr. 9
DOI Artikel:
Pfitzer, Anton: Der St. Sebaldaltar in der Heiligkreuzkirche in Gmünd, [3]
DOI Artikel:
Beck, Paul A.: Oberschwäbische Künstler früherer Zeiten, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0095

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
85

des bekannten Volkamerschen Fensters da-
selbst. Beide Stifter sind kenntlich nicht
nur durch ihre Wappen, sondern auch durch
die angebrachte Minuskelschrift, welche
lautet:

Anno M’CCCC’LXXXX’ Redemptionis hu-
manae salutis. Quo dns paulus Volkamer
tutor. Et Sebaldus Schreyer edilis Scti Se-
baldi ecclesie erat. Is über qui sacrarum
missae cerimonias pertractare docet; bonis
et ope patroni gloriosi quam pientissime sac-
ratus comparatus: et deo optimo maximo

duce finitus. Das weitere ist abge-

schnitten.

In beiden Figuren ist eine Portrait-
ahnlichkeit nicht zu verkennen. Aber mehr
als eine Aehnlichkeit tritt entgegen in
dem ganzen Arrangement des Schreyer-
Volkamerschen Altargemäldes unb unserem
Schreyerschen Sebaldaltar. Wer den
einen gefertigt, von dessen Hand ist wohl
auch der andere gemacht. Das Haupt-
bild in beiden ist der hl. Sebald; bei bei-
den zu Häupten die zwei ganz gleichen,
schwebenden Engel mit dem dänischen und
fränkischen Wappen; zu Füßen je die bei-
den Stifter Schreyer und Volkamer einer-
und Schreyer und seine Margreth andrerseits.
Würde der erstgenannte Altar dem Wohl-
gemuth angehören, so könnte man über den
Meister des zweiten kaum im Zweifel sein,
obgleich die beiden Sebaldbildnisse selbst
wieder von einander abweichen.

(Fortsetzung folgt.)

Oberschwäbische Aüustler früherer Zeiten.

Von Amtsrichter a. D. Beck.

(Schluß statt Fortsetzung.)

Trotz dieser ganz gewaltigen Konkurrenz
fehlte es Christ doch nicht an lohnenden Auf-
trägen. Eine seiner frühesten derartigen Arbeiten
ist die heute noch sichtbare, zwar kleine, aber
künstlerisch bedeutende Fassade von O 162, welche
ein einfacher ehrsamer Buchbindermeister sich
malen ließ. „Die Fenster des ersten Geschoßes
sind jedesmal mit den entsprechenden des zweiten
durch originelle, in einem warmen Gran gehaltene
Einfassuitgen zu vertikalen, bequem in die Angen
fallenden Gruppen vereinigt. Am Erker zwischen
dem ersten und zweiten Stock steht ein größeres,
vortrefflich gearbeitetes, mythologisch-allegorisches
Gemälde in der Füllung des Rahmenwerkes der
Fenster; und an gleicher Stelle zwischen den übrigen
Fenstern erblicken wir reizende, ans Wolken
reitende Putten mit den Symbolen von Glaube,
Hoffnung, Liebe. Alles ist ungemein warm in
der Farbe gehalten, und die Fassade gehört zu

den schönsten, die aus der Periode des Rococv
auf uns gekommen sind. Leider beginnt die
Farbe seit einigen Jahren bedenklich aufzublüt-
tern." Viel bedeutender ist die gleichfalls noch
heute sichtbare von Christ gemalte Fassade von
0 18 (Philippine Welserstraße), dem vormals
Buchhändler Mathäns Riegerschen Hause auf dem
allen Heumarkt ans dem Jahre 1769. „Die ge-
schweifte Linie und Rococomotive spielen hier in
der Ornamentirung der eleganten Fenstereiufas-
snngen und Pfeilerkapitäle noch immer eine Rolle.
In der Mitte ist ein größeres, treffliches Ge-
mälde, die Krönung Mariä vvrstellend, in der
üblichen Weise über das Gerüst gelegt. Der
vbere Theil desselben ist noch in guter Verfassung."
Noch weitere Belege dieser seiner Kunst waren
an dein Hanse des Hofbäckers Meßmaun in der
Weißmalergasse sowie an bem Hause des früheren
Münchner Boten bei St. Ulrich zu seheit. Allein
— die guten Zeiten hielten nicht lange an; bald
stellte sich ein bedeutender Nachlaß in der Kunst-
produktion bezw. in der Nachfrage ein; und
vollends das schreckliche Theuerungsjahr 1770,
in welchem die vielen Künstler gar kein Brot
mehr fanden und vollständig müßig giengen,
zwang ihn, wie manchen seiner Kollegen, in der
Ferne sein Glück zu suchen. Und zwar reiste er
nach dem sich damals Künstlern wie Gelehrten
gastlich öffnenden Rußland in dessen Haupt-,
Residenz- und Kaiserstadt St. Petersburg, wo
die Künste geliebt, die Künstler aber noch nicht
zu zahlreich waren, mithin die Kunst ihre gute
Rechnung fand und >vo im vorigen Jahrhundert
so viele deutsche Künstler Arbeit und Brot, Ruhm,
Anerkennung und Ehre sich erwarben. Es fehlte
ihm im hohen Norden denn auch nicht an Bei-
fall, Anerkennung und lohnender Arbeit, allein
Luft, Klima und Lebensart sagten ihm nicht recht
zu unb bewogen ihn, der zugleich auch etwas
an Heimweh litt, nach zwei Jahren wieder nach
Augsburg zu den Seiuigen zurückzukehren, tvo
er aufs neue durch mancherlei Arbeiten in Kir-
chen, sowohl in Oel als ans nassen Wurf, so
durch ein großes gelungenes Deckenstück in die
Pfarrkirche des gräflich Stadionschen Marktfleckens
Thannhausen a. Mindel sich hervvrthat. Anßer-
dent zeichnete er, auch hierin seinem Meister Mages
uachahmend, mit glücklicher Erfindung für Kuust-
verleger und Kupferstecher, so z. B. für den be-
kannten hauptsächlich ii: schwarzer Manier ar-
beitenden (1739 in Augsbitrg geb., i. I. 1809
das. gest.) Johann Elias Haid u. a., welcher
u. a. ein schönes seltenes Blatt in groß
Folio „Jugend und Alter" nach Christ schabte.
Christ soll nebenbei in einer großen, leichten
und malerischen Manier geätzt haben, wovon
indeß Verfasser dieses trotz mehrfacher Nach-
forschungen bis jetzt keine Nachweise ausfindig
machen konnte. Während seiner zweiten Augs-
burger Periode malte er tut Jahre 1776 un-
mittelbar neben seinem obenerwähnten Erstliugs-
stücke D 162 die von seinen bisherigen derartigen
Arbeiten sehr verschiedene, jetzt noch sichtbare
Fassade eines schmalen vierstöckigen, damals einem
Kräuter gehörigen Hauses in der Ludwigsstraße
O 162 — wohl seine letzte größere Arbeit in
Augsburg uild quasi sein Abschiedswerk. „Das
 
Annotationen