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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 10
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Beck, Paul A.: Weitere Kunstbeziehungen zwischen Oberschwaben und Tirol
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0105

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04

kirche von München aus dem Jahre 1500 sich
befinden, welcher indeß nicht über alle Zweifel
als Mennninger Maler feststeht und vielleicht
Augsburg anzugehören scheint, als Maler in
jener Zeit und Stadt genannt. Ueber diese
Künstlerfamilie finden sich Nachrichten in der
Beilage zur „Allgemeinen Zeitung" von 1881
(2 Artikel in Nr. ?) und im „Allgäuer Geschichts-
freund" (Organ des Kempter Alterthumsvereins),
II, 1889, Nr. 7 ff.: „Beiträge zu einer Kunst-
geschichte von Memmingen" von R. Bischer,
woselbst auch ein übrigens etwas willkürlicher
Stammbanm der Familie Striegel aufgestellt
ist, sowie vou demselben Verfasser in dem „Jahr-
buch der Kgl. preußischen Kunstsammlungen",
1885, 1. Heft: „Neues über Beruh. Striegel";
im II. Bande dieses Jahrbuches sollen noch
iveiter kürzere Artikel über die Striegel aus
der Feder von W. Bode und L. Scheibler er-
schienen sein. In Memmingen erscheint dieses
Geschlecht erstmals urkundlich um das Jahr
1433 und zwar in Gestalt eines mit Anna St.
verehelichten Malers Hans St., welcher jeden-
falls zwei Söhne, Haus und Nfen (Ivo) St.
hatte. Um 1478 kommt ein Afv Striegel,
der Bildhauer, als Hausverkäufer in Mem-
mingen dokumentarisch vor; und im Jahre 1516
am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt stirbt
daselbst nach der (im Jahre 1660 in Ulm ge-
druckten) Chronik vou Dr. Christoph Schorer ein
Maler Ivo Strigel, 85 Jahre alt. In
Dobels „Memmingen im Reformationszeit-
alter" (I., S. 87—38) wird Bernhard St.
mit Hans Keller des Raths als Abgeordneter
der Reichsstadt au den Bischof von Augsburg
erwähnt, um die Vorladung des der neuen Lehre
zugethanen Predigers Christoph Schappeler rück-
gängig zu machen.

Während nun bis jetzt aus diesem Künstler-
geschlecht der eben- und meistgenannte Bernhard
Lt. im Vordergrund steht, scheint auch Ivo St.,
mit welchem wir uns hier vornehmlich zu be-
fassen haben, ein nicht minder bedeutender Meister
geivesen zu sein; und war letzterer, was bis
dahin nicht bekannt, Bischer entgangen und auch
bei Atz a. a. O. nicht vermerkt ist, bis nach
Tirol thätig. Es ist nämlich von ihm zurzeit
in der historischen Abtheilung der Tiroler Landes-
ausstellung zu Innsbruck (Katalog derselben
S. 34, Nr. 490) ein gvthischer Flügel-
altar aus der auf dem Tartscher Hügel stehen-
den St. Veitskirche in Tartsch bei Glurns im
Vintschgau, der ältesten Kirche (Expositurkirche
der Pfarrei Mals) der ganzen Umgegend, aus-
gestellt. Im Mittelschreiu desselben befinden sich
die Statuen der Madonna und zweier Heiligen;
auf deu Flügeln Johannes der Täufer und
Mutter Anna. An der Außenseite der Flügel
ist ein Gemälde: „Mariä Verkündigung" ange-
bracht und auf einem Spruchbande an der rech-
ten oberen Ecke das Monogramm

|g| (O in H).

In das Antipendium ist ein Relief mit der Dar-
stellung des Abendmahles in drei Feldern ein-
gelassen, wovon die linke Apostelgruppe — un-
bekannt wann? wie? die dafür eingesetzte Gruppe

gehört nicht zum ursprünglichen Werke — ab-
handen gekommen ist. Auf der Rückseite des
Altarschreines sieht man ein Gemälde: Christus
auf dem Oelberg, darunter die für uns höchst
wichtige Inschrift: „Hoc divinum opus de manu
mgr. yvonis strigilis ex memmingen productum
est anno 1514“. Der Altar stand in Tartsch
so enge au der Wand, daß diese Inschrift nicht
gelesen werden konnte und so der Kunstforschung
bis jetzt entgangen ist. Auch hat der Altar ge-
rade an der Rückseite sehr durch Nässe und sonst
auch theilweise unter dem Wurmfraß gelitten.
Erst der in der Gegend angesessene und be-
güterte Graf von Trapp, Besitzer des in der
Nähe gelegenen Schlosses Churburg, scheint auf
diesen in Vergessenheit gerathenen altdeutschen
Altar aufmerksam gemacht zu haben, und es ge-
lang auch Prof. v. Wieser, Vorstand des Tiroler
Landesmuseums, durch das Versprechen eines
Restauratiousbeitrages die Gemeinde Tartsch zur
Absendung und Ausstellung des Altarwerkes in
der diesjährigen Tiroler Landesausstellung zu
bestimmen. An diesem Altäre scheinen sonach
zwei Künstler gemalt zu haben: Ivo Striegel
und der Meister des mitgetheilten Monogrammes,
hinter welchem der Katalog gar den allerdings
ziemlich gleichzeitigen Hans Baldung Grün aus
Schwäb. Gmünd vermuthet, was aber eben nicht
mehr als eine Vermuthung zu sein scheint. Die
gleichfalls der schwäbischen Schule angehörige
Bildhauerarbeit an diesem Altäre dürfte wohl
eher als nicht wieder von einem der Mem-
minger Striegel herrühren, sofern in den oben
mitgetheilten Notizen auch ein Bildhauer dieses
Namens (Ivo St.) nachgewieseu ist, wenn es
auch nicht gerade wahrscheinlich ist, daß der im
Jahre 1516 in einem Alter von 85 Jahren
ß Bildhauer Ivo St. noch die Bildschnitzer-
arbeit zu dem nach Tirol bestimmten Altäre ge-
fertigt hat. Sei dem wie ihm wolle, jedenfalls
ist durch die mitgetheilte Inschrift außer Zweifel
gesetzt, daß Ivo Striegel die Hauptperson bei
Erstellung des Tartscher Altares und höchst
wahrscheinlich der Lieferant des ganzen Werkes
war. Zu einem solchen Auftrag in ein Dörf-
chen in dem damals noch ziemlich abgelegenen
Vintschgau mag Striegel durch die zahlreichen
Handelsbeziehungen der schwäbischen Reichsstädte
mit Italien via Tirol oder etwa durch Vermitt-
lung der damals in Südtirol an Reben begüter-
ten schwäbischen Reichsstifte Weingarten, Otto-
beuren, Füssen rc. gekommen sein?! Vielleicht
läßt sich über all dies mit der Zeit noch Näheres
aus deni von Prof. v. Ottenthal in Innsbruck be-
reits verzeichneten Archive von Tartsch, bezw.
aus den soweit noch nicht erschienenen archivalischen
Mittheilungen aus Tirol erheben?! Ivo St.
malte übrigens viel auswärts; so hatte er u. a.
schon im Jahre 1501 den jetzt in Winterthur stehen-
den Altar in die Kirche zu Re am s, einem Dörf-
chen mit altem Schloß an der Julierstraße ge-
liefert und im Jahre 1506 (nach Nuscheler, Gottes-
häuser der Schweiz rc., I, 68) den Hochaltar der Se-
bastianskapelle in I g e l s in Graubünden vollendet.
— Ein anderer schon bekannter, der hl. Barbara
geweihter Flügelaltar aus Gossensaß, in welchem
Lübke nicht unbestrittenermaßen schwäbische Ein-
 
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