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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 11
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Pfeifer, Franz Xaver: Neue Untersuchungen und Entdeckungen: den Grundriß des Kölner Domes betr.
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0110

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99

lative Theologie, herausgegeben von Dr.
Commer, Bd. II 1888, über den Dom zu
Köln, und zwar über dessen logisch-mathe-
matische Gesetzmäßigkeit eine Abhandlung
pnblicirt, welche nachher auch in einigen
Separatabzügen durch die Buchhandlung
T. u. W. Boisseree in Köln verbreitet
wurde. In der seit jener Publikation ver-
flossenen Zeit hat der Verfasser jener Ab-
handlung sich wiederholt mit dem Kölner
Dom und besonders mit dessen Grundriß
beschäftigt und hiebei einige bedeutsame
Verhältnisse, die in jener früher» Schrift
noch nicht hervorgehoben waren, gesunden.
Um die Verhältnisse, welche hier besprochen
werden sollen, unter einen allgenieinen
Gesichtspunkt zu bringen, erinnern wir
daran, daß zwischen schönen, meisterhaften
Bauwerken und Organismen eine gewisse
Analogie besteht, weßhalb auch, wenn
ein Bauwerk besonders gefällt und gelobt
werden soll, das Epitheton „organisch" auf
dessen Konstruktion und Ausgestaltung an-
gewendet wird.

Nun ist es ein charakteristisches Merk-
mal aller Organismen, daß sie von innen
heraus, von einem keimhaften Centrnm
ans sich entfalten. Die Gestaltung geht
also von Innen nach Außen, nicht um-
gekehrt.

Demnach wird ein Bauwerk in seinem
Gestaltnngsgesetz mit dem Gestaltnngsgesetz
der Organismen eine besondere Verwandt-
schaft dann zeigen, wenn in dem betreffen-
den Bauwerk ein Centrnm, ein centraler
Kern gegeben ist, ans welchem die andern
mehr peripherischen Theile mit einer ge-
wissen Konsequenz und Stetigkeit sich ent-
falten und ableiten lassen.

Dieses Hauptmerkmal organischer Ge-
staltung und Entwicklung ist nun in be-
sonders vollkommener Weise realisirt im
Grundriß des Domes zu Köln.

Der immanente Krystallisationskern des
Ganzen ist die Vierung, in welcher Lang-
haus und Transsept sich schneiden. In
der Vierung können wir ein geometrisches
und ein arithmetisches Element unterschei-
den. Das geometrische ist die Figur des
Rechteckes, welches nahezu, aber nicht ganz
ein Quadrat ist, und die Dimensionen,
unter welchen die Diagonale, vom Centrnm
eines Pfeilers der Vierung znm Centrnm
des diagonal gegenüberliegenden, besonders

wichtig ist. Diese Diagonale beträgt nach
genauen Messungen und Rechnungen 21
Meter.

Das arithmetische Element der Vierung
ist die Vierzahl der Pfeiler.

Wir werden nun zeigen, daß aus diesen
geometrischen und arithmetischen Elementen
der Vierung mit einer Art mathematischer
Nothwendigkeit die wichtigsten andern geo-
metrischen und arithmetischen Elemente fol-
gen. Am einfachsten und deutlichsten zeigt
sich dies in Bezug auf die arithmetischen
Elemente, »endlich so:

Die Vierung hat vier Pfeiler. Er-
heben wir die Vierzahl znm Quadrat
— 16, so erhalten wir die Zahl der
Bündelpfeiler im Transsept, welches, in
zwei Reihen von je 8 Pfeilern, 16 Pfei-
ler hat. Wenn wir aber die Grundzahl
4 zur dritten Potenz erheben, so erhalten
wir 64, und das ist die Zahl aller Jn-
nenpfeiler oder Bündelpfeiler, welche das
Gewölbe des Domes im Innern stützen.

Wir sehen also, daß die Pfeilerzahl
der Vierung im Transsept zur zweiten
und im ganzen Dom zur dritten Potenz
sich steigert.

Etwas versteckter ist die von der Vier-
ung ausgehende Entwicklung der geo-
metrischen Dimensionen. Sie schreitet aber
ebenfalls stetig von der Vierung ans fort
und zwar durch den goldnen Schnitt, resp.
durch die sogenannte Lame'sche Zahlen-
reihe.

Die Diagonale der Vierung mißt genau
21 Meter. Nun sind im Grundriß des
Kölner Domes von dem Architekten Schmitz
in die Eckpfeiler des Nord- und Süd-
portales des Qnerschiffes kleine Kreise mir
Radien hineingezeichnet, das sind die Wen-
deltreppen. Der Abstand der Centra dieser
Wendeltreppen ist am Nord- und Süd-
portal nicht ganz gleich, aber das Mittel
beträgt 34 Meter. Diese zwei Maaße nun,
die Diagonale der Vierung == 21 Meter
und der Abstand der Wendeltreppencentra
im Transsept, welcher zugleich als Breite
des Transseptes betrachtet werden kann,
verhalten sich fast genau wie die zwei
Theile des goldenen Schnittes; die Dif-
ferenz beträgt weniger als einen Zoll. Dies
Verhältnis; setzt sich aber fort, denn die
ganze Breite des Langhauses und Chores
mit Einrechnnng der Strebepfeiler beträgt
 
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