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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 11.1893

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Nr. 12
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Beck, Paul A.: Die schwäbische Skulpturschule im germanischen Museum zu Nürnberg, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15910#0123

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111

Margaretha, auf einem Drachen stehend; die linke
Hand gänzlich abgebrochen, an der rechten fehlen
zwei Finger, auch fehlt der Palmzweig dieser
Hand; die Blumen der Krone ansgebrochen.
Von der Vergoldung an derselben noch Neste:
Fleisch- und Hauptfarbe erhalten; 94,5 ein hoch
(Nr. 348 der Abtheilung für figürliche Plastik)
— eine Arbeit, welche in der Feinheit der Em-
pfindung und Reinheit der einfachen Linien mit
den Schnitzwerken des Altares von St. Wolf-
gang, Pachers Hauptwerk von 1483, Aehnlichleit
hat, so daß derselbe Schnitzer angenommen wer-
den muß. Mit vollem Recht wird aber im
Katalog die Eigenschaft Pachers als Bildhauer
beanstandet und geltend gemacht, wenn auch
Maler Pacher Verträge auf Lieferung ganzer
Altäre, sowohl des Schnitzwerkes als der Malerei
abgeschlossen, so werde er eben wie z. B. auch
Wohlgemuth die Schnitzwerke bei einem Bild-
schnitzer bestellt und von diesem fertigen gelassen
haben; in jener so zünftigen Zeit könne man
nicht (?) an einen deutschen Meister glauben, der
das Malergeschäft und die Bildhauerei zugleich
ausübte. Diese nicht selten vorkommende Ileber-
nahme des gesammten Auftrages, also sowohl
des sknlptuellen als des malerischen Theiles des
bestellten und zu liefernden Werkes durch einen
Meister (häufig einfach „Maler" genannt), führt
häufig zu der durchaus irrigen Annahme, dem-
selben die Doppeleigenschaft eines Bildhauers
und Malers beizulegen, während derselbe in
Wahrheit nur eines war; namentlich sind es
manche neuere Schriftsteller, welche sich es sehr
leicht machen und kurzweg den Meister zum Bild-
hauer und Maler oder umgekehrt machen. Diese
Doppeleigenschaft fand sich überhaupt nicht leicht
vor; jedenfalls lvar sie keineswegs so häufig wie
später auf dem Felde der Malerei und des
Kupferstechens. Die Figur stammt unzweifel-
haft aus Tyrol und wurde im Jahre 1881 von
E. v. Miller in Wien angekauft. Weiter sehr
sehenswürdig ist eine flache Tafel, die beider-
seits Scharniere hat, also zeigt, daß sie die
Mitteltafel des Altaraufsatzes bildete — mit
10 Heiligen, in zwei Reihen, unter gothischen
Verzierungen, unter einander gestellt, mit zwei
Donatoren, der eine mit dem Wappen der tyro-
lischen Kunigl v. Ehrenberg ans der Zeit
von 1470—1480; 196 und 143 cm hoch (Nr.
192). Diese Arbeit befand sich wohl einst in
einer Kapelle, deren Raumverhültnisse nicht ge-
statteten, einen tiefen Mittelschrein zuin Schmucke
des Altares aufzubauen, weßhalb man statt
dessen eine flache Tafel nahm, auf die ebenfalls
die Flügel klappten. „Die Arbeit ist sorgfältig
und verständig; doch tritt ein Schulcharakter
nicht gerade sehr stark hervor, und wenn das
Werk, das einen der ältesten Bestandtheile der
Skulpturensammlung des Museums bildet, ein
anderes Wappen aufweisen würde, müßte man
es nicht gerade nach Tyrol verweisen; doch ist
auch kein Kennzeichen vorhanden, das es un-
ivahrscheinlich machen würde, daß das Altar-
blatt das Werk eines Genossen Pachers ist."
Eine ganz andere Hand und sehr verschiedene
Auffassung zeigen die beiden folgenden, schon in
Bozen, woher sie stammen, dem Maler Pacher

zugeschriebenen, großartigen, aber etwas harten
Figuren, die Bode (Geschichte der deutschen
Plastik, S. 199; zu vgl. Mittheilungen aus dem
germanischen Nativnalmuseum, II S. 61; K Atz,
„Kunstfreund", VII. Jahrgang, 1891 Nr. 11,
S. 60—62, woselbst die beiden Figuren, genau
beschrieben, als Arbeiten Pachers ausgegeben
und auch (E. Krell, Pylograph) abgebildet sind)
der Schule desselben zutheilt.

Die — auf Tafel XII und XIII des Kata-
logs abgebildeten — hl. Leonhard und Stephan,
ersterer mit Handschellen und Buch, letzterer mit
Steinen und Palmzweig, in reich gefalteten Ge-
wändern. Rundbilder, restauriert; 157 cm hoch
(Nr. 380, 381). Die ursprüngliche Benialnng
blickt an einzelnen Stellen unter der späteren
Ilebermalung durch. Jünger, als Pachers Lebens-
alter fällt, ist die — auf Tafel XIV des Kata-
logs abgebildete — Figur, die einzelne italienische
Einflüsse zeigt: Maria mit dem Kinde, welches
die Hand segnend erhoben hält; das Kopftuch
der ersteren von Leinwand, bemaltes Standbild
aus der Zeit UNI 1520—1530, 155 cm hoch
(Nr. 165). Als Beleg, daß auch Tyrol seine
unbedeutenden Meister hatte, führt der Katalog
folgende dorther aus der Zeit um 1530 stam-
mende 78 cm hohe Figur an: Saneta Maria
Aegyptiaea in steifer Haltung, die beiden Hände
betend gefaltet, auf dünnen Beinen stehend; das
Gesicht ist jedes Ausdruckes baar, die herab-
hängenden Haare, sowie der behaarte Körper
vollständig schematisch (Nr. 746). — Der Kata-
log sprich im Anschluß an die Tyroler Schule
dann auch noch von einer bayerischen Schule,
nicht ohne selbst hiezu ein Fragezeichen zu setzen
und führt uns aus derselben einen interessanten
Meister, welcher den derben Naturalismus auf's
Aeußerste trieb und jede Hinneigung zu idealer
Gestaltung von sich ferne hielt, mit folgender
112 cm hoher — auf Tafel XV abgebildeter —
Figur (Nr. 371) vor: Die hl. Jungfrau mit
dem Kinde, stehend, mit stark vorgeneigteni
Kopfe, bemaltes Standbild ans der Zeit von
1530—1540. Die Bemalung hat nicht die uin-
fassende Verwendung von Gold, sondern es
herrschst das Roth vor, theilweise niit roh auf-
gemalten, katlunartigen weißen Müsterchen (da-
mit die ähnlichen Charakter anfweisenden Kleider-
muster auf den Nr. 366 und 369 zu vgl.); sie
scheint, wenn sie etwa auch nicht unmittelbar
aus der Entstehnngszeit des Bildwerkes her-
rührt, doch auch noch dem 16. Jahrhundert an-
zugehören (Nr. 253). Aufseß soll die Figur,
in welcher die Madonna nicht anders als eine
ungeschickte Bauernjungfer dargestellt ist, von dem
Bildhauer Ludwig v. Schwanthaler erhalten
haben. Sie könnte allerdings auch der Tyroler
Schule des 16. Jahrhunderts angehören, allein
es fehlen dort doch die Paralleln, während nach
dem Katalog S. 49 unten zwei große Rit-
tergestalten in einer Kapelle der Nordseite
der Frauenkirche in München zwar nicht in der
Gesammtauffassung, aber doch in Einzelheiten, so
im Faltenwurf Motive bieten, die als Vergleich
dienen können. Leider haben gerade jene beiden
Figuren der Frauenkirche die alte Bemalung
nicht mehr, die noch vor Jahren sichtbar war
 
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