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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 1
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Keppler, Eugen: Der Tabernakel zu Weilderstadt, [1]
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aufbau angelegt und mit einer Fülle plasti-
scher Bildwerke, Reliefs sowohl als freier
Figuren, ausgestattet. Unserer bescheidenen
Abbildung liegt eine sehr gelungene photo-
graphische Aufnahme von I. Zimmermann
in Freudenstadt zu Grunde, welcher nament-
lich der Umstand zu statten kam, daß der
Chor der Kirche zu Weilderstadt von Glas-
gemälden (bis jetzt noch) frei ist. Das
prächtige Kunstblatt, 80 cm boch , ist um
mäßiges Geld vom Photographen zu be-
ziehen. Außer ein paar hingeworfenen
Strichen in Dollingerö „Reiseskizzen", die
aber nur die perspektivische Seitenansicht
geben, existirte bis jetzt keine graphische
Darstellung des Knnstwerks und außer den
paar Sätzen, die ihm Klemm in seiner
Schrift „Baumeister und Bildhauer" S.
175 s. widmet, auch keine Beschreibung
desselben. In der in Baudris „Organ für
christl. Kunst", Jahrg. 1860, S. 148 ss.
gegebenen Aufzählung der Renaissancear-
beiten des 16. und 17. Jahrhunderts in
Württemberg wird es nicht einmal erwähnt.
Möglich, daß mau unfern Tabernakel bei
dem damaligen Stand der ■ Stilkunde in
einen Topf warf mit dem Ungethüm von
Zopsaltar, welches dem gerühmten Kunst-
verständniß der Weilderstädter zum Trotz
noch immer ihren schönen Chor entstellt.
Und doch ist er ungeachtet einiger Ueber-
schwenglichkeiten und Auswüchse eine nach
Erfindung und Ausführung hochbedeutsame
Leistung der Spätrenaissance.

lieber einem dreistufigen Untersatz erheben
sich zwei Wandpfeiler, die mit stilisirteu
Blumen, zwei polychromirten Wappen,
Schildern und Medaillons geschmückt sind
und an der Stelle der Kapitelle vorgelegte
beflügelte Engelsköpfe tragen. Die Ini-
tialen auf diesen Medaillons DC und EH

B S

hat bis jetzt nicht einmal Klemm enträthselt.
Auf dein Wappenschild unter den beiden
vordern Engelsköpfen sieht mau links eine
heraldische Lilie, rechts einen Bock aus einem
Felsberge. Die beiden Familienwappen
gehen vielleicht den Stifter und den Bild-
hauer an L *) Von diesen melden die zu

B Wir erhalten über Wappen nnd Stifter
von Herrn Stadtpfarrer Brinzinger in Obern-
dorf noch folgende Notizen: Das Wappen anl
Tabernakel selbst links ist ein Schild mit den
drei Brustbildern eines bärtigen goldgekrönten

j beiden Seiten in die Wand eingelassenen
Schristtafeln: In augustissimam mirabi-
lium Domini memoriam, piam Majorum
suorum recordationem, posteritatis vero

Mannes, rechts ist ein Schild mit 4 Feldern:
zwei golden, zwei schwarz, mit je drei Thier-
köpfen mit rother, etivas vorgestreckter Zange.
Oben eine kleine schwarzrothe Bekrönung iir
geschwungener Form. Es ist dies wohl das
Wappen des Stifters des Sakramentshauses.
Wie heißt er? die Inschrift sagt es: Franziscus
Marqnardus a Flade. Wer ist Flade? Wir
dachten an die Fladen, welche als rechbergische
Dienstleute in Offenbach, OA. Göppingen, schon
1446 Vorkommen, oder an den Fladhof bei Hunder-
singen, wo einstens pfalzgraftübingensche Dienst-
leute saßen! Neuestens kam uns eine Pergamenl-
Urkunde zu Gesicht, welche in Weilderstadt anf-
bewahrt wird und Herr Stadtpfarrer Frick uns
vorzulegen die Freundlichkeit hatte. Hieraus er-
gibt sich unzweifelhaft, daß Franz Marquard
von Flade, Bürgermeister zu Weilder-
stadt, welcher ca. 1635 gestorben ist, der
Stifter des Sakramentshauses ist.
Diese soweit uns bekannt noch nie veröffentlichte
Urkunde lautet also: „Wür Bürgermaister und
der Rath dißer des Hayligeu Römischen Reichs
Statt Weylt Bekhenne a Offendtlich und Thuen
Khundt aller Meniglichen mit Dißem Brüeffe,
daß uff Heut dato in Räthlicher Bersamblung
Vor Uns Erschinen Und Vorgestanden seindt, die
Ehrnhafte, und Achtbare Herr Harrst Michael Brein,
Derzentt Schultheiß, Herr Marten Sägten, Herr
Enderiß Reble, Herr Joseph Han, Und Herr
Enderiß Eble der Junge, Alle des Rahts, Michel
Schimpfs, Jonas Engelhardt, Und Magdalena
Michael, Schimpffen Tochter, Die Haben Unß,
bei Ihren Raths lind Bürgerlichen Pflüchten an-
gezaigt, Wie das der E d e l U n d V ö s s t e F r a n tz
M a r q uardtvon Fladen, Bürge r nr a i st e r,
un d Ap p o l vnia T h a uß end t sch e i n en, sein
Eheliche Hausfraw, Seeligen Angedächtnuß, Noch
bei Zimblichen Leebzeutlen, Auch in Leubs Zue-
standt und Krankhaiten, biß zum Endt, Ihrer
Underschüdtich Begehrt, Auch selbige Ihnen Bey-
gewohnt, und sie Beede, dleeben Beschaffenheit
Ihrer Haußhaltung, mit Ihnen geredt, WieBollgt;
Erstlichen, Wann der Allmächtige 6)ott Ihne
Fladen von Dißer Wellit solltte abfordern; So
soll sein Haußsraw, sein Gartten Uff dem Brüel
Niesten, Und Nach Ihren: Todt «oll er Der
Pfarrkürchen, Und selben Pflag, für Aigenthümb-
lich Vermacht sein Und Bleyben; Hergegen Solle
sie Dem Augustiner Closter allhier die darauf
stehende Zwayhundert guldin Capital gueth Machen,
und Vertretten; Habe Darbet) gesagt. Wann sein
Vermögen erströckhen mechte, Wollte Ehr mehr
Stüfften, daß Noch Ein Caplvn khönte Erhalten
Werden, Zum Andern Sollt sein Bhbliothec In
Zwey Orth Vermachet Werden, Die Theologi,
nnd Gaistliche Büecher In Die Kürchen, Und
Die Juristen Büecher In die Gewölbstuben Ver-
schafft ui:d Geliffert Werden, Driittens Soll Ein
Ehrsamer Rath, Die Verordnung Thuen, Daß
Ein Schön zEyßin Gätter niit Flügel
nmb sein Epythavinm Best dem Hayli-
 
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