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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 3
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Die Bemalung unserer Kirchen, [1]
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Keppler, Eugen: Ein Altarkreuz in Renaissance
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Schön, Theodor von: Ein Beitrag zur Geschichte der Kirchenbaukunst im Mittelalter
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0025

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20

die Architektur aufgehört hat, endlich da
bessernd, ausgleicheud und korrigireud einzu-
greifeu, wo die Architektur gefehlt und
sich vergriffen hat, schlechte Verhältnisse
durch ihre zarten, aber wirksamen Mittel
besser ins Blei zu bringen, zu zierlich ge-
ratene Glieder durch wuchtige Farbe zu
kräftigen, zu plumpe durch lichte Farben-
gebung zu erleichtern u. s. f. Der Kir-
chenmaler bedarf daher unbedingt einer
gewissen architektonischen Schulung und
jeder einzelne Bemalnngsplan bedarf streng-
ster architektonischer Orientirnng. Damit
ist bereits auch ein Hauptgrund genannt,
warum so viele Kirchenbemalungen nicht
entsprechen: d a s a r chi t e k t o n is ch e M o-
m ent ist nicht in Ordnung. Der
Maler hat seine oberste Pflicht vernach-
lässigt oder schlecht erfüllt, der Architektur,
mit welcher er es zu thun hat, den Puls
zu fühlen, sich in sie einznleben und seinen
Bemalnngsplan ihr organisch anzngliedern.

2) Nur eine folgerichtige Konsequenz
ans diesem obersten Prinzip ist das
zweite Gesetz: die monumentale
Malerei, sowohl die dekorative
wie die figürliche muß Flach-
malerei sein, e i u e B e m a l n » g v o n
Flächen und Oberflächen. Wenn
die Malerei für sich arbeitet und selb-
ständige Werke hervorbringt, so bleibt es
ihr unbenommen, mit Hilfe der Perspektive
die Flächen in Tiesränme zn verwandeln;
dem Maler des Tableaus steht es frei,
die Leinwandsläche aufznheben, zn ver-
leugnen, durch erlaubte Illusion in archi-
tektonische Räume, in landschaftliche Sce-
nerien, in Schauplätze mit beliebig ver-
tieften und ferngerückten Hintergründen
anszulösen, ans deren erweitertem Boden
er ein reiches Geschehen, Leben und Thun
sich abspielen lassen kann. Der Monn-
mentalmaler ist Flächen gegenübergestellt,
welche er nicht anfheben und anslösen,
nicht negiren und durchbrechen darf, son-
dern als Flächen bestehen lassen muß; er
hat Bauglieder vor sich, welche er nicht
perspektivisch verändern und verschieben,
nicht beliebig nmgestalten darf. Sonst
bricht er ab, was der Architekt gebaut
hat, er verstört die ganze Harmonie des
Baues, er verrückt die Dimensionen und
Verhältnisse.

Dies gilt einmal der dekorativen

Malerei und ihr ist demgemäß zn ver-
bieten , daß sie ihre Ornamente durch
Schlagschatten körperhaft Herausmodellire,
daß sie ihre Zierteppiche wie stofsliche und
wirkliche Teppiche von der Wand ablöse,
daß sie förmlich hinüberpfusche in die
Architektur und nachträglich einen Ban
mittelst raffinirter Illusion mit architek-
tonischen Gliederungen, mit Pfeilern, Säu-
len, Lisenen und Gewölben ausstatte, daß
sie gemalte, dekorativ gemeinte architek-
tonische Motive, Säulenstellnngen, Bogen-
friese u. s. w. wie wirkliche Architektur
ansgestalte, anstatt sie rein malerisch und
conventionell zu behandeln und nur in
leichter Contouren- und Flachmalerei an-
zudeuten.

Das Gesetz gilt aber auch für die selb-
ständigen Teile monumentaler Bemalung,
für die Fignrenmalerei. Auch von
ihr muß verlangt werden, daß sie nicht
mehr aus der Fläche hervortrete oder die
Fläche nicht mehr znm Raum eintiefe, als
für ihre körperlichen Schilderungen unbe-
dingt nothwendig ist, daß sie von Schatti-
rnng, Modellirnng, Luft- und Linienper-
spektive sparsamen Gebrauch mache, daß
sie sich im allgemeinen mit illnminirter
Contourenmalerei begnüge, daß sie reichere
landschaftliche Hintergründe möglichst ver-
meide, daß sie die architektonische Staffage
ebenfalls mehr conventionell behandle, —
mit Einem Wort, daß sie im Wesentlichen
Flachmalerei bleibe.

(Fortsetzung folgt.)

Lin Altarkreuz in Renaissance,

ein Cabinetstück, wie man es, abgesehen
von gewissen fürstlichen Sammlungen, nur
noch in den Schatzkammern weiland freier
Reichsstädte findet. In der zu Weilder-
stadt spiegeln sich vier Jahrhunderte. Von
dem berühmten Krenzpartikel daselbst mit
dem frühgothischen Krnzifixns (in unserem
Staatswerk ans großer Tafel abgebildet)
bis zu diesem Erzengniß der Spätzeit welch
ein Absprung! Welche Wechsel der Zeiten,
welche Wandlungen des Stils liegen zwi-
schen beiden! Und doch ist dieses Altar-
krenz immer noch ein charaktervolles, ge-
diegenes, ein in seiner Art schönes Werk.
Ein gewisser Josephns Gall, dessen Namen
sammt der Jahrzahl 1741 an der Vorder-
 
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