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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 4
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Die Bemalung unserer Kirchen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0030

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Archiv für christliche Nunst.

(Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Kunst.

perausgegeben und redigirt von Professor Dr. Aexxler in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Diözesan-Aunstvereins, für denselben: der Vorstand Professor Dr. Keppler.

Dr. 4.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für Ji 2.05 durch die wnrttembergischen (Ji 1.90
im Stuttgarter Bestellbezirk), Ji 2.20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalten,
fl. 1.27 in Oesterreich, Frcs. 3.40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden
auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags direkt
von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbansstraße 94, zum
Preise von Ji 2.05 halbjährlich.

1894.

Die Bemalung unserer Kirchen.

(Fortsetzung.)

In allen klassischen Perioden der Knnst
hat die Monnmentalmalerei streng nach
diesem Gesetze der Flachmalerei gelebt.
Erst znr Zeit der Spätstile wurde das-
selbe ungeschent übertreten. Die Zopf-
maler waren es, welche die Wandflächen
in den Kirchen gerade so behandelten, wie
die Leinwandflächen in ihren Ateliers und
dort wie hier sich dieselbe Freiheit des
Schaltens und Waltens gestatteten. Sie
konnten auch in ihren Wandbildern sich
in perspektivischen Künsten nicht genug
thun, und es ward bei ihnen zur wahren
Leidenschaft, namentlich in den Gewölben
und Kuppeln die Flächen aufzulösen in
Räume, welche sich ins Unendliche zu ver-
lieren scheinen und Himmel unb Erde um-
spannen, oder die kühnsten und verwegen-
sten Phantasiebauten erstehen zu lassen,
welche nichts mehr nach der Architektur
der Kirche fragen, ja dieselbe verspotten
und verhöhnen; man gewinnt nicht selten
den Eindruck, als spräche der Maler znm
Architekten: siehe, ich kann noch besser
bauen als du. Daß damit die vernünfti-
gen Grenzen der Monumentalmalerei über-
schritten wurden, wird niemand mehr leug-
nen. Das Verfehlte und Unsinnige dieses
Vorgehens tritt 'schon dadurch scharf in's
Auge, daß es ja nur Ein einziger Ang-
punkt und Standpunkt ist, von welchen! ans
diese Kirchengemälde richtig gesehen werden
können, von welchem aus die Perspektive
entworfen ist und allein richtig wirkt. Auch
nur Einen Schritt von diesem Punkt weg
gesehen, weichen die Lnftbauten ans dem
Senkel, erscheinen die Figuren mißbildet,
verschieben und verwirren sich die Linien
und Formen; mehrere Schritte davon ge-
sehen stürzen die Bauten übereinander,
werden die Menschen zu Monstren, ent-

steht eine so heillose Konfusion, führen
die Linien und Formen einen so tollen
Tanz auf, daß der Beschauer ganz be-
trunken und von Schwindel und Seekrank-
heit befallen wird. Und doch spricht, wie
Viollet mit Recht hervorhebt (p. 62), Ein
mildernder Umstand für die Zopfmaler.
Auch sie zeigen insofern noch ein Bewußt-
sein des dargelegten Gesetzes, als sie für
die Regel die eigentlich konstruktiven Theile
der Architektur nicht zu besetzen wagen
und die Gemälde, mit welchen sie die frei-
gelassenen Felder bedenken, immer mit stark
profilirter, körperlicher Rahme einfassen.
Sie zeigen sich bestrebt, ihre Gemälde von
der Architektur abzugrenzen und abzulösen.
Damit suchen sie die große Freiheit, welche
sie sich heransnehmen, einigermaßen zu
rechtfertigen und zu entschuldigen; darin
liegt eine stillschweigende Erklärung, daß
sie ihre Gemälde nicht als eigentlich mo-
numentale betrachtet wissen wollen, son-
dern als selbständige Schöpfungen der
Malerei, welche gleichsam zufällig gerade
an der Wand ihre Stelle gefunden haben.

3) Nunmehr spielt sich die Bemalnngs-
frage hinüber in das Reich der Farben
und diese ihre koloristische Seite ist
die zarteste und empfindsamste. Dies ist
ein Gebiet, auf welchem die Alten sich
vollständig anskannten und mit bewunde-
rungswürdiger Sicherheit bewegten. Für
uns ist die Zurechtsindnng und Zurecht-
weisung aus demselben sehr schwierig, weil
wir außer der Berathung alter Werke fei*
neu Führer haben als das künstlerische
Gefühl und den unzuverlässigen subjektiven
Geschmack. Suchen wir zunächst einige
Elementarsätze der Farbenlehre festznstellen,
deren Kenntniß für das folgende unent-
behrlich ist. Wer in dieser überaus schwie-
rigen Wissenschaft sich genauer uuterrichteu
will, deiu ist das Studium des Buches von
W. v. Bezold, Die Farbenlehre
 
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