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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 4
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Die Bemalung unserer Kirchen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0032

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27

in der zwölfstufigen Farbenreihe wenig-
stens um vier Töne von einander abstehen
d. h. wenigstens drei Töne dazwischen lie-
gen; die besten Kombinationen ergeben
sich, wenn die beiden Farben nach beiden
Richtungen hin gemessen um gleich viele,
mithin um sechs Intervalle von einander
abstehen; das trifft zu bei pnrpnr-grün;
karminroth-blangrün; hochroth-cyanblan;
orange-ultramarin; gelb-blanviolett; gelb-
grün-purpnrviolett. (Bezold S. 216 f.
226 s.)

Kunstgeschichtlich spielt die erste Rolle
das Paar: r o t h - b l a n , dem wir in
der ägyptischen und assyrischen Kunst schon
begegnen, dann in der alten griechischen
Polychromie, ferner besonders in der Glas-
malerei des Mittelalters.

An die Kombinationen zu zweien reihen
sich an die Farbentriaden. Man er-
hält hier die richtigen Dreiklänge, „wenn
man ans der zwölfteiligen Farbenreihe
Töne so auswählt, daß zwischen zwei der-
selben je drei Zwischenstufen eingestellt
sind; fängt man z. B. bei irgend einem
Tone an, so muß, wenn man diesen Ton
als ersten rechnet, durch Hinzunahme des
fünften und neunten Tons eine solche
Trios entstehen; so erhält man die fol-
genden Triaden: pnrpur-gelb-cyanblan;

karminroth-gelbgrün-ultramarin; hochroth-
grün-blanviolett; orange-blangrün-purpur-
violett; zu jeder dieser Triaden, sofern sie
nicht selbst schon gelb oder orange enthält,
kann noch schwarz und weiß, gold und
silber hinzutreten" (Bezold S. 235 f.)

Wie man über die Farbenpaare und
Farbentriaden hinausgreifen will und den
Versuch macht, vier und mehr Farben
gleichwerthig zu gruppiren, steigern sich
die Schwierigkeiteil, eine Farbenharmonie
zu gewinnen, ungemein. Daher ist es
rathsam, sich Beschränkung anfzuer-
legen in Verwendung der Farbenkräfte,
wie denn auch die mustergiltigste antike
Polychromie, besonders die ägyptische,
mit einer geringen Zahl von Farben
operirte.

Von großer Wichtigkeit und Bedeut-
ung ist die Contnr, einmal als Grenze
stoischen zwei verschieden gefärbten Flächen,
sodann als Umränderung, welche ein Or-
nament von seinem Grunde trennt. Die-
selbe muß sowohl einem zu harten Anf-

einaliderstoßen und wieder einem unschönen
Verschwimmen zweier aneinander grenzen-
der Farben entgegentreten, wie besollders
das Flächenornament kräftiger vom Grund
abheben und seine Zeichnung schärfer her-
vorheben.

Nach Vorausschicknng dieser Grund- und
Erfahrungssätze können für die Farben-
ansstattnng der Kirchen folgende Regeln
festgestellt werden.

a) Jede Architektur hat ihren Schwer-
punkt unten, zeigt in den unmittelbar ans
beut Fundament aufsteigenden Mauern die
größere Massigkeit, die ruhende Schwere,
die gebundene Kraft, in den oberen Ban-
theilen das Streben nach Erleichterung,
Verjüngung, Befreiung, nach Durchbrech-
ung und Auflösung der Massen, nach
freierer Gliederung. In organischem Ein-
gehen in die Architektur wird auch die
Malerei unten mit den stärkeren, ruhi-
geren , dunkleren Farbentönen arbeiten,
oben mit den helleren, lichteren, freund-
licheren. Auch die Bemalung bedarf eines
festen, hohen, kräftigen Sockels, auf wel-
chem der luftige obere Farbenban ruht
und welcher das Auge zur Ruhe kommen
läßt.

Sonach sind die unteren Ban-
theile die Region der dunkleren,
dumpferen Sekundär- und Ter-
t i ä r f a r b e n, die o b e r e n die Region der
lebhafteren, bunteren, Hellerei:
Grundfarbe n. Diese Farbenzonen sind
sowohl richtig gegen einander abzugrenzen
als richtig ineinander überzuleiten. Dazu
dienen Farbenlinien, Farbenbänder, Bor-
düren, im Ton sorgfältig so gestimmt,
daß sie nicht bloß scheidend sondern auch
vermittelnd sich zwischen die dunklen
unteren und die lichten oberen Zonen
legen.

b) Die zweite Regel hängt mit der ersten
zusammen. An jedem Bau, der irgend
Stil hat, ganz besonders an den gothischen
Bauten sind zu unterscheiden die eigentlich
konstruktiven oder t r a g e n d e n G l i e-
der: Pfeiler, Säulen, Lisenen, Fenster-
bogen und Fensterrahmen, Gesimse, Ge-
wölberippen , gleichsam das Rückgrat des
architektonischen Organismus, — sodann
die sekundären Th eile, die von jenen
gehaltenen und getragenen Wandflächen,
Füllungen, Gewölbetheile. Wie schon oben
 
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