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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 7
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Die Bemalung unserer Kirchen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0063

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Archiv für christliche Kunst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Runst.

perausgegebeu und rediairt von Professor Dr. Aeppler in Tübingen.

Verlag des Rottenburger Diözefan-Ruustvereius, für denselben: der Vorstand Professor Dr. TCcppIcr.

/♦

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für Jt 2.05 durch die württenibergischen (Ji 1.90
int Stuttgarter Bestellbezirk), Jt. 2.20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalte»,
fl. 1.27 in Oesterreich, Frcs. 3.10 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden
auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags direkt
von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbansstratze 91, zum
Preise voit Ji 2.05 halbjährlich.

Die Bemalung unserer Rirchen.

(Schluß.)

Wir haben nicht im Sinn, für diesmal
mehr ins Detail zu gehen lind uns weiter
atif die Unterschiede der Kirchenbanten be-
züglich des Stiles, der Größe, der An-
lage und ans die diesen Unterschieden Rech-
nung tragenden Bemalnngsweisen einzu-
lassen. Dazu bietet sich wohl später wie-
der Gelegenheit. Nur Eines wollen wir
noch betonen. Wir haben im ersten Ar-
tikel unsere Ueberzengnng betreffs der
Barock- und Zopfperiode dahin aus-
gesprochen, daß dieselbe die Polychromi-
rnng ihrer Bauten unterlassen habe nicht
etwa bloß geleitet durch die falsche Vor-
stellung, als hätten die Alten ebenfalls
nicht polychromirt, sondern geleitet durch
das richtige Gefühl, daß ihre Bauten eine
Polychromirnng nicht vertragen, zum min-
desten keine iil vollen und satten Farben.
Diese Ueberzengnng nöthigt uns auch, ge-
gen das energische Verlangen Kuhns, es
sollen auch diese Bauten in ganzen Far-
ben bemalt werden, ebenso energisch Ver-
wahrung einznlegen. Kuhn bespricht S. 15
eine Barockkirche, deren Längswände innen
maskiert seien mit drei über einander lau-
fenden Arkadenreihen und zwar so, daß
die untere Reihe durch die dorische, die
mittlere durch die jonische, die oberste durch
die korinthische Sänlenordnnng gebildet
ist. Er bedauert, daß diese drei Ord-
nungen nicht nach dem Muster der Antike
mit vollen, Hellen Farben behandelt wor-
den seien, die Säulen mit starkem Roth
wie die Säulen des Teuipels zu Korinth
oder Aegina, oder mit Gelb wie die des
Tempels zu Metapont; ähnlich starke
Farben schlägt er für die andern Archi-
tekturglieder vor. Er bespricht ferner
einen Rokokobau mit viel Stukkatur S. 187;
für diesen habe er selbst einen Bemalungs-

plan entworfen. Er gedachte, bei den
Stukkaturen sämmtliche Ornamente ent-
weder in Weißgelb oder Weißgran oder-
ganz in Gold oder polychrom zu fassen,
den Grund der Füllungen aber in satten
und vollen Farben, roth, blau, grün z>r
streichen. Für solche Bemalung der Stuck-
ornamente trete ein die antike Kunst, „die
Thatsache, daß auch Griechen und Römer
und die Renaissance den Stuck bemalten
und daß demnach auch wir nach dem Vor-
bild der genannten klassischen Knnstperio-
den den Stuck bemalen dürfen (S. 18).
Ich glaube, der Verfasser hat allen Grnrrd,
nachträglich Gott zn danken, und alle
Freunde monumentaler Malerei haben Ur-
sache, sich 31t freuen, daß seine kühnen
Malprojekte nicht zur Ausführung kamen,
mag auch die wirklich ansgeführte Malerei
wenig entsprechen. Doch hören wir das
Plaidoyer des Verfassers für sei» Ver-
fahren zn Ende: „Die Gegner der vollen
Farben werden mir entgegenhalten: eine
Zopfkirche lasse keine vollen Farben zn.
Eine scheinbar unwiderlegliche Wahrheit.
Doch sehen wir uns die zwingende Logik
der Farbenschenen etwas näher an. Ober-
satz: die vollen ganzen Farben sind im
Zopfstil unzulässig; Untersatz: die Kirche
zn R. ist eine Zopfkirche: Schlußsatz:
Also durfte man auch keine ganzen Far-
ben bei der Restauration dazu verwenden.
Diese Folgerung wäre ganz richtig, wenn
nicht der Obersatz grundfalsch wäre. Wel-
ches Hinderniß sollte denn im Zopfstile
der Anwendung der vollen Farben im
Wege stehen? Doch nicht etwa die Wand-
slächen, die dieselbe Fornr wie in allen
Knnstperioden haben und auch ans dem-
selben Material bestehen und für gewöhn-
lich nur in halben Tönen gestrichen wer-
den sollen; auch wohl nicht die architek-
tonischen Gliederungen, die sich in ihren
Grundformen an die Antike und an die
 
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