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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 7
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Gothischer Kelch
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Detzel, Heinrich: Die Restauration der Kirche zur Liebenau
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0067

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— 61

kloster in Tübingen bebicirt wurde. Wann?
das sagt eine Inschrift innen im Fuß, wo
zu lesen ist + F + I + AVR +
(Aurifer oder Aurifaber) E + C +
(folgt eine offene Scheere) -P 1515 + .

Das Augustiner-Eremitenkloster in Tü-
bingen ist das heutige evangelische Stift.
Der jetzt noch stehende Bau wurde im
Jahre 1464 in Angriff genommen, kam
aber bald wegen Geldmangels ins Stocken.
Nachdem 1483 die regulirte Observanz im
Kloster eingeführt worden, wurde auch der
Ban wieder ausgenommen. Gegen Ende
des Jahrhunderts sahen die Mönche sich
genöthigt, „wegen schweren Bauwesens"
mehrere Gülden und Einkünfte zu ver-
äußern und Schulden ansznnehmen (s. Rent-
linger Geschichtöblätter, 1893: Urkund-
liches betreffend das ehemalige Angustiner-
eremitenkloster in Tübingen, dir. 48 ff.,
S. 102). Am 9. August 1513 scheint
endlich der Neubau seinen Abschluß ge-
funden zu haben laut Inschrift am Strebe-
pfeiler des Chores (s. Nentlinger Geschichls-
blätter, 1894, Nr. 65, S. 9). Ans den
folgenden Jahren sind reichliche Jahrtags-
stiftnngen an das Kloster verzeichnet (ebenda
Nr. 66 ff.). In diese Zeit fallt auch die
Schenkung unseres Kelches; warum gerade
Basel sich des verarmten Klosters annahm
und wer dort für dasselbe kollektirte, ist
ans der Inschrift und ans den bis jetzt
veröffentlichten Urkunden nicht zu ersehen.

Wohl nicht lange verblieb der Kelch
in dem Kloster, in welches er gestiftet
wurde. Die Stürme der Zeit rüttelten
an dessen Thoren. Die Reformation rüstete
sich 31111t Einzug in Tübingen. Schon
1531 sieht die Wittwe des juristischen
Professors Caspar Forstmeister sich veran-
laßt, zu einer Seelmeßstiftnng, welche sie
mit ihrem Mann 1514 und 1520 dem
Kloster vermacht hatte, einen Nachtrag
verbriefen zu lassen, der Bestimmungen
über die Verwendung der Stiftungsgelder
enthält für den Fall, daß im Kloster oder
in Tübingen keine Messe mehr gelesen
werden sollte. Es wird bestimmt, daß in
diesem Falle der für die Seelenmesse eigens
gestiftete Kelch und Meßornat verkauft
und der Ertrag für Kleidung von Armen
oder unbemittelten Studenten verwendet
werde (Rentlinger Geschichtsblätter, 1894,
S. 11). Bei Stiftung des Basler Kel-

ches waren wohl keine so vorsorglichen
Verfügungen getroffen worden. Im Jahre
1536 wurde das Kloster aufgehoben und
in ein theologisches Stipendium verwandelt.
Damals wurde wohl auch der Kelch, sei
es von den letzten Angnstinermönche», sei
es von ihren Nachfolgern oder Erben, ver-
äußert. Er gehört jetzt zum Eigenthnm
der Pfarrkirche in S t r a ß b e r g im Hohen-
zollerschen. Hieher kam er wahrscheinlich
von Buchau ans, denn die Aebtissinnen des
Chorsranenstiftes in Buchau hatten ans
dem Schlosse bei Straßberg ihre Sommer-
residenz mit eigener Bnrgkapelle, welche
bis ans die Grundmauern verfallen ist.
Der im Lauf der Jahrhunderte ziemlich
stark mitgenommene und verdorbene Kelch
wurde durch die sorgsame und seine Hand
des Goldarbeiters Ballmann in Stuttgart
musterhaft wieder hergestellt und, so Gott
will, ans weitere Jahrhunderte heiligen
Dienstes lebenskräftig gemacht. —

Die Restauration der Kirche 511
Ciebenciu.

Bon Pfr. Detzel.

Zwischen Ravensburg und Tettnang,
eine halbe Stunde von der Eisenbahn-
station Meckenbeuren, liegt das ehemalige
Schlößchen Lieben an, seit 1870 eine
segensreich wirkende Anstalt für Kretinen
und Unheilbare, St. Galluspflege genannt.
Die der Anstalt angebante und der hl.
Theresia geweihte Kapelle, oder vielmehr
Kirche, stammt aus dem Jahre 1624 und
zeigt einfache, aber schöne architektonische
Verhältnisse. Der hohe, lichte Raum ist
von einem Stichkappengewölbe überspannt,
die Wände sind durch Lisenen belebt und
ein hochgespannter Triumphbogen trennt
das Schiff von dem ebenfalls gewölbten
Chore.

Von der ehemaligen inneren Ansstal-
tnng aus der Renaissancezeit sind noch die
gut geschnitzten Chorstühle, die mit Bildern
der nenn Chöre der Engel und mit guten
architektonischen Ornamenten versehenes
Orgelempore, sowie ein ganz vortreffliches,
ans Sandstein gearbeitetes und mit der
Jahreszahl 1626 versehenes Renaissance-
portal, das von der Anstalt in die Kapelle
führt, vorhanden.

Diese Anstaltskapelle wurde nun im
 
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