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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 7
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Detzel, Heinrich: Die Restauration der Kirche zur Liebenau
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0068

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62

vergangenen Sommer einer durchgehenden
Renovation unterzogen und zugleich mit
neuen Kunstwerken ansgestattet. Es ist
das Verdienst des dermaligen Hansgeist-
lichen an der Anstalt, des Herrn Kaplan
Heckler, die Restauration der Kirche an-
geregt und die Leitung derselben in richti-
ger Würdigung der Sache in die Hände
des Diözesanknnstvereins gelegt zu haben.
Nur ganz tüchtige und bewährte Kräfte
unter der Künstlerschaft sollten herange-
zogen werden, um dem Gotteshanse einen
Schmuck zu geben, der die Kritik nicht
nur des gewöhnlichen Lobes, wie es bei
Kirchenrestallrationen ja an der Tages-
ordnung zu seiil pflegt, bestehen könnte,
sondern es sollten Werke geschaffen wer-
den, welche auch von bcin Urteile der Sach-
verständigen als Kunstwerke im eigent-
licheu Siilne des Wortes ailerkannt wer-
den müßten. Für die Wohnling des Aller-
höchsten ist ja nlir das Schönste gut ge-
nug. Wohin sollten sich auch in unfern
Tagen des Materialismus die eigeiltlichen
Gebilde der christlichen Kunst flüchten,
wellil nicht in die Kirchen, da ihilen die
öffentlichen Gallerten nnb Ausstellungen
entweder verschlossen siild, oder, wenil zn-
fallig ein günstiges Geschick sie dahin ge-
langen läßt, sie darin eine Gesellschaft mit
sich sehen müssen, vor der sie ihr Ange-
sicht verhüllen möchten. Daö der eine
Grund für diese Art und Weise des Vor-
gehens in der Restauration dieser Anstatls-
kirche, wenn etwa die Frage erhoben würde:
ad quid perditio haec ? Der andere
aber ist der: die ehrwürdigen Schwestern
dieser Anstalt haben wohl einen der schwer-
sten Dienste in der Krankenpflege. Jahr-
aus Jahr ein haben sie außer ihrem
Gotteshanse fast nie etwas anderes vor
Augen als das menschliche Elend in seiner
erbarmungswürdigsten Gestalt, tagtäglich
pflegen sie so zu sagen fast keinen andern
Umgang als den mit diesen Unglücklichsten
der Welt, — und das alles oft nur mit
dem Einträge des bekannten Weltlohnes.
Ein herrliches, mit echten Schätzen der
christlichen Kunst allsgestattetes Kirchlein,
dachten wir, soll ihnen einigen Ersatz hie-
für bieten. Ein solches Kirchlein haben
wir nun.

Schon die ornamentale D e k o-
r a t i o n ist ein Kunstwerk für sich , die

in dem bekannten Maler H a u s Marti n
aus München einen Meister bekundet,
dem die reichste Auswahl von Motiven,
eine ausgezeichnete Farbenharmonie und
ein feiner Geschmack zil Gebote stehen.
Die technische Behandlung war die, daß
die Wände mit Kalksarben gelblich grau,
die Plafonds in lichtem Hellblau gestrichen
wurden. Die Ornamente, im Charakter
der italienischen Renaissance, sind bei der Be-
handlnng der Lisenen auf dunklem, blaueiil
Grunde, umrahmt mit weißen Friesen,
beim Chorbogen aber ans dunkelrotem
Grunde aufgemalt, theils mit Farben, theils
mit Gold, so ganz im Charakter der Ra-
phaelischen Loggien, korrekt gezeichnet und
sein durchgebildet. Sämmtliche Ornamente,
sowohl die des Plafonds als die der
Wände und Lisenen, zeigen nirgends
Schablonenarbeit, sondern sind mit wenigen
Ausnahmen lauter koloristisch und zeich-
nerisch schön durchgeführte Handmalereien;
die Motive selbst geben eine reiche Ab-
wechslung und sind nicht bloß ausschließ-
lich der Pflanzenwelt entnommen, sondern
es haben auch jene charakteristischen Thier-
gestalten Aufnahme gefunden, wie sie allen
Stilperioden der klassischen Zeit eigen sind.
Eine seine Farbenstimmung tönt durch das
ganze Gotteshaus und die zart und duftig
gehaltenen Ornamente leiten ohne irgend
welchen schreienden oder sonst unrichtigen
Kontrast auf den figuralen Schmuck über,
beide, Ornament und Figuren, in schönster
Harmonie vereinigend. Rur ein in der
Dekorationskunst ganz gewandter und voll-
ständig erfahrener Meister konilte diesen
passenden Untergrund und eine solche herr-
liche Umrahmung für bildliche Darstel-
lnngen schassen, ohne daß der eine Theil
auf Kosten des andern sich erhebt oder
zurücktritt.

Für diesen bildlichen Schmuck der
Kapelle ist gleichfalls ein anerkannter
Meister in seinem Fach, der Historienmaler
Gebhard Fuget in München, wie Hans
Martin, ein geborener Württembergcr (von
Oberzell bei Ravensburg), gewonnen wor-
den. Es ward diesem Künstler die Aus-
gabe gestellt, in die vier durch das Kreuz-
gewölbe des Chores gebildeten Felder die
vier Evangelisten, in die eigenthümlich ge-
bildeten Zwickel des Plafonds im,Schiff
die sieben leibliche Werken der Barmherzig-
 
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