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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 7
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Beck, Paul A.: Ueber schwäbische (Ulmer) Miniatur-, insbesondere Brief- und Kartenmaler, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0073

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sollen sich in der Wilhelmstiftsbibliothek inTübingen
befinden. Andere oberschwübische Klöster, wie
Weingarten, Ochsenhausen, Buxheim, Marchthal,
Salem x. sind in der Miniaturmalerei uitb Jllumi-
nistik, worunter wir die Kunst, zierlich zu schreiben,
mit Wasserfarben auf Pergament oder Papier zu
malen und die Bücher mit gemalten und theils
künstlich vergoldeten Figuren zu schmücken,
verstehen, zu jener Zeit gewiß nicht zurück-
gestanden, waren ja die Klöster von alten
Zeiten her darauf bedacht, religiöse Wahrheiten
und Lehren in bildlicher Darstellung unter die
Gläubigen zu bringen. In den frühesten Zeilen
erfolgte die Illustrierung durch Zeichnungen mit
der Rohrfeder; dann kam die eigentliche Illu-
stration durch Miniaturen, vorzugsweise in Leim-
farben (abzuleiten vor: minium —Mennige, wegen
vorzugsweiser Anwendung dieser rvthen Farbe
bei den Rubriken und Initialen). Später tritt
statt der bisherigen farbigen Hintergründe mehr
und mehr der Goldgrund ein; „die Farben, sonst
gewöhnlich sehr gegen das Helle gebrochen, wer-
den Von etlva 1200 an kräftiger, oft selbst dunkel.
Bestimmte, meist schwarze Umrisse walten vor,
und man begnügt sich oft mit flüchtiger Jllumi-
nirung derselben in Farben. In der Bildung
der Initialen sängt das Figürliche und das
Blattiverk an, die Hauptrolle zn spielen. Oft
sind sie ganz aus Drachen, die in Rankenwerk
auslaufen, gebildet, oft in ein Blatt- und Ranken-
tverk aufgelöst, das mit figürlichen Darstellungen
von Löwen, Vögeln mit Thieren oder unter-
einander kämpfenden Rittern, auch humoristischen
und biblischen Scenen durchzogen ist; auch ganz aus
Zusammenstellungen von menschlichenGestalten ge-
bildete Initialen kommen vor" (s. über Miniatur-
malerei Bücher, Geschichte der technischen Künste,
I, 168—270, und namentlich daselbst S. 173,
Fig. 31 Abbildungen von Schreibern und Illu-
minatoren bei der Arbeit; zu vgl. mit Wvlt-
mann, A. und Wörmann,K., Geschichte der
Malerei, 1879,1, S. 281, 282, 287, Fig. 79, 80 u.
82). Einer der ältesten bekannten Miniaturmaler
Schwabens war Fr. Rufillus im Prämonstra-
tenserkloster W e i s s e n a u bei Ravensburg aus dein
12. Jahrhundert, von welchem eine — Heiligen-
legenden enthaltende, mit originellen, prachtvollen
Miniaturen im Charakter des romanischen Stiles
geschmückte Handschrift in den fürstlich Hohen-
zvllernschen Sammlungen zu Sigmaringen erhalten
geblieben ist. Eine lithographische Abbildung
einer dieser Miniaturen, einer Initiale R, in
welcher sich dieser bis jetzt nachweislich älteste
Maler Schwabens Gottlob mit seinem Klvster-
namen verewigt und selbst abgebildet hat, findet
sich in den „Verhandlungen des Vereins für
Alterthum und Geschichte, von Ulm-Oberschwa-
ben", 16. Veröffentlichung der großen Hefte
10. Folge, 1865 auf S. 26. Aus demselben
Kloster stammt eine hübsche Anzahl altdeutscher,
zum Theil mit Malereien geschmückter Hand-
schriften, tvelche sich jetzt in der fürstlich Lobko-
witz'schen Bibliothek zu Prag befinden (s. Hoff-
maunvonFallersleben: „MeinLeben. Auf-
zeichnungen und Erinnerungen", II, S. 236,
Hannover bei Karl Rümpler, 1868 und „iter
austriacuin", „d. h. altdeutsche Gedichte, größten-
teils aus österreichischen Bibliotheken"; Beck,

im „schwäbischen Diöcesanarchiv" von 1886 S. 70).
Von hier aus hat man noch einen Blick auf die
zivar nicht mehr in Schwaben, aber doch in
nächster Nähe gelegene alte Kulturstätte im Be-
nediktinerkloster St. Gallen zu werfen, welche
n. a. den Psalter des Notker Labeo (st 1022)
mit rohen Federzeichnungen (s. Woltmann a. a.
O. I. Fig. 74) und einen fragmentarischen Kodex
mit einigen Bildern des Mönchs Gott schalt
in breiter antiker Behandlungsweise aufweist.
Aus dein Benediktinerkloster Weingarten be-
finden sich in der kgl. Handbibliothek zu St.
noch einige Evangelienbücher aus dem 9. und
10. Jahrhundert, zum Theil durch Herzog Wels I V.
im Jahre 1094 diesem Kloster geschenkt. Aus dem-
selben Stifte wird der (11.) Abt Werner von
Markdorf (1182—1188) als Verfasser (scriptor)
von je einer mit schönen Miniaturen geschmück-
ten Welfen- und Kaiserchrvnik genannt, ebenso
einer die jüdischen Geschichten des Flavins Jo-
sephus enthaltenden Handschrift, „in cujus fronte
picta exbibetur Imago in duas divisa partes,
in Parte Superiori sedent Imperator Vespasi-
anus, et Josephus Judaeus suis quilibet sti-
patus comitibus cum Lemnate supra scripto:
Tempora Seclorum notat hic pro laude suorum.
In parte inferiori pictus cernitur S. Martinus
cum Wernhero abbate et Socio Monacho, qui
Ei a tergo adsistit, cum hac lnscriptione:
Sancte quod offerimus amborum suscipe et

munus.“

Doch ist die Küustlerschaft Abt Werners bei
letztgenanntem Opus sehr zweifelhaft nach fol-
gender Bemerkung des Weingartener Historio-
graphen P. Gerh. Heß in seinein: Prodromus
monumentorum Guelficorum s. catalogus abba-
tum imp. monasterii Weingartensis (Augsburg
bei Jul. Wilh. Hamm, 1781), auf S. 59:
„Et certo credimus, istum Wernherum fuisse
Abbatem, de quo agimus ; sic nihil dubitamus,
quin Monachus a tergo adsistens Conradus
scriptor fuerit. Haec minime pugnant cum an-
tiguo Catalogo, ubi Josephus scriptus dici-
tur ab et sub Abbate Meingoso Wernheri
successore; nam Conradus monachus noster
sub Wernhero opus inceperat, quod a
Meingoso ad finem perductum fuit. Idem
sentiendum de S. Gregorii scriptis , quorum
maximam partem hic Conradus ingenti la-
bore descripserat, at imperfecto operi coro-
nidem Meingosus imposuit, ut ad oculum
patet ex ipsis characteribus, quae aliam et
aliam manum aperte indicant“.

Bekannt sind ferner aus Weingarten die jetzt
in der kgl. Handbibliothek liegende sog. Wein-
gartener höchst interessante Liederhandschtift
(Minnesinger-Codex) beiläufig aus bent Jahre
1250 und unzweifelhaft von deutscher Hand (auf
Pergament, mit deren Wappen und dem Bilde
Heinrich VI., Vorläuferin des Manesse'schen
Codex; über die Bilder s. Kugler, Museum,
1834, Nr. 13, Text herausgegeben von Pro-
fessor F. Pfeiffer, 1843), in welcher bei ben
Liedern jedes einzelnen Minnesängers sein Bild-
niß in leicht kolorierter Federzeichnung mit rother
> Farbe zu finden ist und der sog. „große Frauenlob",
d. s. Minnelieder aits dem 12. Jahrhundert von
Heinrich v. Meißen; ein ebendaher stammender,
 
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