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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 8
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Beck, Paul A.: Ueber schwäbische (Ulmer) Miniatur-, insbesondere Brief- und Kartenmaler, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0080
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stammen drei in derselben Bibliothek jetzt be-
findliche Martyrologieu vom 12. Jahrhundert

„mit streng stilisierten Darstellungen.eigen»

thümlichem Typus der religiösen, architektonischen
:c. Darstellungen" (meist rothen und schwarzen
Federzeichnungen), von welchen sich Proben in
v. Hefners Trachtenwerk, I, auf Tafel 70,75
D-M. finden (zu vgl. auch Kugler, kleine
Schriften, No. 229). Noch ist hier ein unter
Abt Konrad (1169—93) zu Zwiefalten geschrie-
benes Passiouale in 3 Bänden mit fast nur flüchtig
illuminirteu Zeichnungen zu erwähnen. Das
Benediktinerkloster Och s enhau sen besaß nach
Georg GeisenHofs kurzer Geschichte desselben
(S. 47 f., zu vgl. auch mit Phil. Wilh. Gerckeu,
Reisen durch Schwaben re., Stendal, 1783, I,
S. 115) eine Reihe sehr alter und vorzüglich
schöner, zum Theil mit Malereien geschmückter,
durch Klosterangehörige verfertigter Handschriften,
schon aus dem 9., 10., daun 12. und 13. Jahr-
hundert, welche tvahrscheiulich nach der Säkulari-
sation in die fürstlich Metternich'sche Bibliothek
nach Oesterreich gewandert sind. Aus Neres-
heini, gleichfalls O. S. Bened., lagen auf der
kunsthistorischen Ausstellung zu Augsburg im
Jahre 1886 folgende, im fürstlich Thuru- und
Taxis'schen Besitze befindliche Manuskripte vor:
Eueukels ( Deutsche) Weltchronik auf Pergament
vom 13. Jahrhundert; ein Missale Benedicti-
num aus dem 15. Jahrhundert und zwei Libri
precum von der gleichen Epoche. Ans Schus-
senried dcorbertinerordens befindet sich auf
der Stuttgarter öffentlichen Bibliothek eine für
den Grafen Eberhard im Bart von dem Mönch,
nachmaligen Abt Heinrich Oe st erreich er
(s. über denselben, Beck, Schusseuriedrc., S. 23,
und „allgemeine deutsche Biographie", XXIV,
S. 517—518) im Jahre 1491 verfertigte, schön-
verzierte Pergamcnthandschrist des Lolumella
„von den puren Geschäften". Vielleicht ist das
auf derselben Bibliothek aufbewahrte, schöne, ge-
schriebene und geschmückte Gebetbuch des ge-
uaunteu Fürsten (s. darüber Beck in Hofele's
Pastoralblatt, VIII, 1890, Nr. 4, S. 15) gleich-
falls eine Arbeit aus der kunstvollen Hand dieses
Schussenrieder Mönches ?! — Aus dem Erster-
cieuseriuueustifte Gutteuz el l stammen vielleicht
folgende ans der Augsburger Ausstellung zu
sehen gewesenen, jetzt im Besitze des Grafen v.
Törriug befindlichen Manuskripte: eine Biblia
pauperum, lateinisch-deutsche Handschrift mit
Federzeichnungen aus dem 14. Jahrhundert; eine
deutsche Reimbibel mit 149 Malereien ans 240
Blättern auf Pergament aus dem 13. Jahrhun-
dert; eine Bibel in deutschen Versen mit Hand-
zeichnungen auf Papier aus dem Jahre 1403 ; ein
liber boraram mit Miniaturen und Bordüren
auf Pergament aus dem 15. Jahrhundert; aus
derselben Zeit ein römisches Rituale ans Perga-
ment, sowie ein Psalterium auf Pergantent mit
Initialen und Miniaturen aus dem 12. Jahr-
hundert. Zu den bedeutendsten und merkwür-
digsten Schätzen der zeichnenden Künste in Schwa-
ben im 15. Jahrhundert zählt jedenfalls das
sogenannte „W o l f e g g e r Hansbu ch", tvelches
leider eine Reproduktion immer noch nicht er-
fahren hat. Es ist dies ein im Besitze des Für-
sten v. Waldbnrg-Wolfegg-Waldsee befindlicher

Fvlivband mit einer Anzahl theilweise kolvrirter
Federzeichnungen gemischten, aber sehr interessan-
ten Inhalts von (unbekannter) Meisterhand auf
Pergament. Sämmtliche Zeichnungen sind mit
breiter Feder frei und meisterlich ausgeführt,
nur selten etwas schraffirt, und scheinen theils
bestimmt gewesen, in Miniatur beendigt zu iver-
den, womit bei einigen Köpfen sotvie Initialen
des Textes bereits ein Anfang gemacht wurde,
tvie auch die Rüstungen und Wappen an meh-
reren Stellen in Gold und Silber unterlegt sind.
Nach einer einleitenden ,,ars memorativa“ folgen
sieben reichhaltige, je eine ganze Blattseite ein-
nehmende Vorstellungen, welche den Einfluß der
Planeten auf die Beschäftigung der Menschen
durch Volksscenen veranschaulichen sollen; die
personificirten Himmelskörper treten in Rüstung
und Fähnlein führend zu Pferde auf, darunter
die Luna, welche E. Förster in seinen Denk-
malen re. III, Abth. 3 besonders beschrieben
und reprodncirt hat. Die nächsten 7 Blätter
enthalten die nachfolgenden Volksscenen, deren
jede ztvei gegenüberstehende Seiten einnimmt:

1) Ein öffentliches Badhaus, Ivo im offenen
Fenster ein Lautenschläger sitzt; im anstoßenden
Hofe mit Springbrunnen geivahrt mau einen
bekränzten Herrn an einem Tische mit Er-
frischungen und mehrere lustwandelnde Paare.

2) Ein sogenanntes Weiherhaus, auf dessen Zug-
brücke ein Herr Fischern und Entenjägern zu-
schant; eine Gesellschaft Städter fährt in einem
Nachen umher, andere promeniren. 3) Ztvei Ritter
in Stechhelmen turnireu; unter den vielen um-
hersteheudeu Zuschauern mehrere Kavaliere zu
Pferd, Damen hinter sich. 4) Wieder ztvei tur-
nirende Ritter. 5) Eine Gesellschaft Kavaliere
utid Damen lvird von dem Herrn einer stattli-
chen Burg empfangen, die über ein Dorf im
Hintergrund emporragt. 6) Der Hofraum einer
Burg mit Herren und Damen in Unterhaltung;
ein Stallknecht striegelt ein Pferd; ein anderer
wirft Haber; im Hintergründe bemerkt man einen
Menschen mittelst einer Falle au den Beinen
anfgehangeii. 7) Eine gemischte Gesellschaft bei
einer Erfrischung im Freien neben einem Wald-
bache, tvird durch einen Narren, der einen Kol-
ben führt, unterhalten; daneben ein Spring-
brunnen und ein auf eitler Planke sitzender Pfau.
Der Bach treibt ein Mühlrad. Auf einige
Blätter mit Necepteu und Medikamenten folgt
die Darstellung eines Bergtverks mit Bergleuten
bei der Arbeit, in einer Landschaft mit weitem
Horizont, in deren Vordergrund Reisende von
Straßenräubern angefallen werden — „höchst
ausführliche Federzeichnung in Saftfarben be-
endigt". Auf mehrere Blätter Text über Müuz-
weseu, Berechnung der edlen Metalle nach dem
Feingehalt re. folgen verschiedene theils auf beiden
Seiten in derselben Weise ausgeführte Blätter
mit Ballisteu, Kanonen und Lafetten, Mauer-
brechern und anderem Kriegsgeräthe, darunter die
auf vier zusammenhängenden Blättern ausgeführte
Zeichnung eines Geschütz- und Bagagezuges, von
Armbrustschützeu und einem Fähnlein Reiter
mit aufgebundeuen Helmen eskortirt; Musik au
der Spitze. Ferner das Lager eines deutschen
Bundesheeres von einer Wagenburg umgeben,
wo ein Kaiser vor einem großen Zelte, von dem
 
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