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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 10
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Die Gemäldesammlung des bischöflichen Diözesan-Museums im Rottenburg a. N.
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Der Proportionskanon mittelalterlicher Bauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0100

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91

Bernardino Luini (geb. ca. 1470, Schüler |
des Lionardo da Vinci, ausgezeichnet durch seelen-
volle Schönheit und Liebenswürdigkeit der Dar-
stellmrg, mitunter durch tiefinnerliche Auffassung);
Güte und Werth des Bildes steht außer Zweifel.

Still-Leben, Hund, Hahn und junge
Hühner; Landschaft und etwas Archi-
tektur; Oelgemälde, 87 : 62 cm, werth-
volles Werk des Adrian van Ölen
(holländischer Geflügel- und Stillleben-
maler, verwandt mit Melchior d'Honde-
coeter, 17. Jahrhundert).

Portrait des hochseligen Bischofs Karl
Joseph von Hesele von Hofmaler
Anton von G e g e n b a ur (1800 bis
1876; s. „Archiv für ckristl. Kunst"
1887 S. 44 ff.).

C o p i e der Madonna d e l l a T e n d a
von Rafael in der alten Pinakothek
in München von Maler Dolleschall.

Der Proportionskanon mittelalter-
licher Bauten.

Bestand ein solcher? war er ein geo-
metrischer oder ein arithmetischer? war er-
gänz einheitlich, unbedingt obligat? Diese
Fragen wurden schon vielfach aufgeworfen
und sehr verschiedentlich beantwortet. In
neuerer Zeit war man in diesem Punkt
ziemlich skeptisch geworden und man zog
entschieden in Abrede, daß die alten Bau-
werke im Großen und Kleinen in ein
starres, immer wiederkehrendes Zirkelge-
webe gezwängt seien; gerade dadurch sei
jene Kunst zu so edler Blüte gelangt,
„daß sie wie keine andere frei von
schablonenhaften Fesseln und doch mit ge-
haltvoller Strenge von Fall zu Fall ans
dem inneren Wesen der Sache heraus ge-
schaffen habe" (Mohrmann).

Nun wird nenestens diese hochwichtige
Frage von einer unbezweiselten Auktorität,
von Prof. G. Dehio in der Schrift:
Untersuchungen über das gleich-
sei t i g e D r e i e ck a l s N o r m g o t h i-
scher Bauproportionen (mit 24 Fig.
Stuttgart, Cotta, 1894. 24 S. Preis:
3 M.) wieder ausgenommen und in einer
Weise untersucht, daß die der modernen
Kunst so selbstverständlich erscheinende
„Freiheit des Schaffens von Fall zu Fall"
in der Anwendung ans die mittelalterliche

äußerst zweifelhaft, ja unannehmbar er-
scheint.

Dehio begann seine Untersuchungen
an jenen Kathedralen, „in denen das go-
thische Denken sich vollendete, bei der klas-
sischen Pentade: Chartres, Rheims, Amiens,
Beailvais, Köln". Er verglich Quer-
schnitte, Längenschnitte und Grundrisse
und fand bei allen genannten Kathedralen
und bei der von Le 'Maus das gleiche
Verfahren angewandt. „Mag man den
Querschnitt oder den Längenschnitt oder
den Horizontalschnitt untersuchen, immer
erweist sich in der betreffenden Projektion
das Verhältnis; von Breite zur Höhe oder
von Breite zur Länge als Produkt ans
einem ständigen und einem beweglichen
Faktor: der ständige ist das ans der Breite
gebildete gleichseitige Dreieck, der beweg-
licke, iills freie Belieben gesetzte der die
Höhe ergebende Multiplikator" (S. 15 f.).
Weitere Nachforschungen ergaben, daß diese
Triangnlirnng auch schon der Frühgothik
bekannt, aber hier noch nicht zu einem
konsequenten System dnrchgeführt war.
Ferner fand sie sich ebenso in Deutsch-
land wie in Frankreich; das älteste deutsche
Beispiel ist Limburg a. d. H., dann der
Dom von Speier, beide im Gesammtquer-
schnitt durch das Dreieck normirt. Die
jüngere Triangnlationsmethode, welche
neben dem Gesammtqnerschnitt auch noch
einzelne Theile triangulär normirt, kam
wahrscheinlich von Frankreich nach Italien
und findet sich in Worms, Regensbnrg,
Oppenheim, Marburg.

Der Verfasser wirft nun die Frage
ans, warum die Allen diese Methode an-,
gewandt und welchen Werth sie ihr zner-
kannt haben. Er glaubt, daß die zwei
denkbaren Gesichtspunkte, der ästhetisch-
theoretische und der technisch-praktische hie-
bei beide neben einander gewirkt haben.
Man hielt dafür, daß, der ästhetische Ein-
druck eines architektonischen Raumes im
Ganzen wie in den Theilen in dem Maße
an Entschiedenheit und Einheitlichkeit ge-
winne, als seine Proportionen sich denen
einer regelmäßigen geometrischen Figur
annähern" (S. 18); die Figur, welche
zunächst für den Querschnitt sich von selbst
darbot, war das gleichseitige Dreieck, „das
faßlichste Symbol inneren Gleichgewichts".
Sie wird dann auch ans Längenschnitt und
 
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