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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 12.1894

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Nr. 10
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Gedanken über die Zukunft der christlichen Kunst, [1]
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15911#0105

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96

kann der Klerus nicht die Schulung und
Ausbildung der Künstler übernehmen und
nicht für ihre Fehler verantwortlich ge-
macht werden. Und was hilft künstlerifche
Durchbildung der Geistlichen, wenn keine
Künstler da find, welche auf die Ge-
danken und Intentionen des Klerus ein-
gehen können oder wollen? Hätten wir
solche Schulen, so wäre auch ein weiteres
Desiderat des Verfassers leicht zn erfüllen:
die Herstellung von billigen Heiligenbildern
für das Volk in prägnanter Contoilrzeich-
nung, mit vier oder fünf Farben, frei von
jeder Manier, wirkend allein durch Wahr-
heit und Einfachheit. Es find aber doch
gerade nach dieser Richtung hin anerken-
nenswerthe Fortschritte und erfolgreiche Be-
strebungen zu verzeichnen —- freilich immer
noch neben vielem Unstatthaften und Ta-
delnswerthen. Vergl. unsere Artikel über
die religiösen Bilder für die Kinder und
für das Hans, Jahrgang 1890 Nr. 5 ff.

Als eine weitere Aufgabe, welche von
den bestehenden Knnstvereineil und ihren
Publikationen nicht erfüllt werde, be-
zeichnet der Verfasser eine Unterweisung
über den Canon der kirchlichen Kunst uub
über Ikonographie (©. 26). Wir wären
ihm sehr dankbar, wenn er näher darlegen
wollte, was er unter dem „Canon der
kirchlichen Kunst" versteht und wären be-
gierig, von ihm zu hören, in wie weit er
überhaupt ans seinem Standpunkt für
Malerei und Skulptur einen Canon gelten
taff eil kann und will.

(Schluß folgt.)

Literatur.

Meisterwerke der christlichen Kunst.
Dritte Sammlung. Eilt Großfolio-Heft
mit 21 Holzschnitt-Tafeln ans Knpferdruck-
papier. Preis in Uillschtag 2 Mark, in
Carton-Mappe 3 Mark, in Leinwand-
Mappe 5 Mark. Verlag von I. I. We-
ber in Leipzig.

Altes, Neues und Nenestes bringt auch diese
dritte Sammluug, mit deren Vorgängerinnen
wir unsere Leser früher bekannt gemacht haben.
Die Madonna von Carlo Dolce, die große hl.
Familie imd die Verklärung von Rafael, die
Anbetung der Könige von Paul Veronese, Christus
im Tempel von Rembrandt, Christus und die
Ehebrecherin von Rubens, Magdalena von Pietro
de Rotari, Grablegulig von Perugino, die Be-
weinung Christi von van Dyck in recht guten Holz-

schnitt-Wiedergaben vertreten die ältere Kunst;
ihnen schließt sich air eine Abbildung des herr-
lichen Hauptes der Eccehoinostatue in der Georgs-
kirche in Nördlingen (13. Jahrhundert). Die
aufgenommeneu Werke Neuerer können alle noch
Anspruch ans das Prädikat religiös erhebeir und
zeigen wenigstens nirgends eine störende Span-
liung zivischen dem heiligen Gegenstand und der
künstlerischen Auffassung und Formgebung. Hellen
und vollen Klang gibt die religiöse Saite in der
Grablegung von Kaulbach (bloß die mater dolo-
rosa will nicht recht befriedigen), in den Emaus-
jüngern von Schnorr von Carolofeld, in den
4 Evangelisten (Cartons zu Glasgemälden im
südlichen Seitenschiff des Kölner Doms) von
I. A. Fischer, guten Klang auch noch in Fugels
Kreuzabnahme, in dem ergreifenden, hochdrama-
tischen Gvlgalhabild von Förstcrliug, in dein Jüng-
ling von Nain von L. Feldmann (die Christus-
gestalt etwas zu unbedeutend), iiu Judaskuß des
W. Clemens, auch in I. Schmidt's „Lasset die
Kindlein zu mir kommen", im letztgenannten trotz
der etwas süßlichen und gemachten Stimmung. Ja
auch Gebhardt's Christus und der reiche Jüngling
hält sich trotz einiger Absonderlichkeiten in der
Staffage noch in richtigen Grenzen, ebenso Arnold
Böcklin's Pieta und Paul Kißling's Auferstehung
oder vielmehr Begegnung des Auferstandenen
mit Magdalena (der erstere ist mit etwas zu viel
Leinwand behängen und hat zil wenig Auf-
erstehungsglorie im Antlitz). Alles in allem ge-
nommen eine schöne und werthvolle Sammlung,
welche einem christlichen Haus zur Ehre ge-
reicht. —

Ein Monumentalwerk ersten Ranges hat die
Reale Accademia dei Lincei in Italien unter-
nommen , nämlich eine Facsimile-Ausgabe des
berühmten Codice Atlantico in der Biblio-
teca Ambrosiana in Mailand. Dieser Codex
enthält, von Pompeo Leoni 1387 ordnungslos
zusammengestellt, 1750 Zeichnungen und Auf-
zeichnungen des Leonardo da Vinci von
dessen 16. Jahre an bis in seine letzten Lebens-
lage; sie verbreiten sich über die Gebiete der
Mathematik, Physik, Metereologie, Mechanik,
Architektur, Kunstindustrie; dazu kommet: eiuzelue
Skizzen zn seinen Bildern nnb Skulpturen, —
ein Riesenmaterial, welches ebenso das Interesse
des Forschers ivie des Kunsthistorikers voll be-
ansprucht. Die Tafeln des Codice Atlantico
sollen nun in Heliotypie aufs genaueste wieder-
gegeben werde». Der Text, von rechts nach links
geschrieben, wird von einer rlnveränderten und
von einer irr der Orthographie verbesserten Um-
schreibung begleitet; zur Erklärung zweifelhafter
und ungewöhnlicher Ausdrücke soll ein besonderes
Wörterbuch beigegeben tverden. Das ganze Riesen-
werk soll in ca. 35 Liesecungen a 40 auf starkes
Handpapier gedruckten Tafeln mit Text erscheinen
und bis 1900 abgeschlossen werden. Es ivird
nur in 280 Exemplaren gedruckt; der Preis jeden
Heftes beträgt bei den ersten 200 Exemplaren
30 Mark, bei den weiteren 80 36 Mark; der
vorauszuzahlende Subskriptionspreis für das voll-
ständige Werk beträgt 960 Mark. —

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Gef. „Deutsches Volksblatt".
 
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