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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 13.1895

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Nr. 1
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Schöninger, Artur: Der Todten Ruhestatt, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15912#0006

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2

bei Grabdenkmälern manchem löbliche» Be-
streben entgegen eine unglückliche Ursache
der Geschmacklosigkeit. Das Ideal eines
Gottesackers werden wir also nicht er-
reichen, wir wollen dasselbe aber auch nicht
in dieser Skizze auszuführen suchen. Viel-
leicht aber dient das eine nud andere
dazu, daß künftighin dem Friedhof mehr
Liebe zugewendet wird, nicht bloß in
den Städten, sondern namentlich auf dem
Lande, wo bisher vielfach dieser Ort wahr-
haft ein locus clesolationis gewesen ist.

Zum Ideal eines katholischen Kirchhoss
würde vor allem gehören, oaß er wirklich
der Hof der Kirche wäre, d. h. um die
Kirche herum gelegen. Die alten Kirch-
höfe hatten diese Eigenschaft fast durch-
gängig, sogar in freu größeren Städten.
In Ulm war ein Kirchhof zur Seite des
Münsters, die Frauenkirche in München
wurde aus einem Kirchhof erbaut. Die
Seuchen des Mittelalters nöthigten aller-
dings in den Städten bald dazu, außer-
halb der Ringmauern die Kirchhöfe anzu-
legen. Auf dem Lande finden wir aber,
gottlob, heute noch zahlreiche Kirchhöfe
um die Kirche herum, wenn anch medizinal-
polizeilich für Anlegung eines neuen Gottes-
ackers die Verlegung ans dem Ortsetter
gefordert wird. Im Schatten der Kirche
zu ruhen ist für den Katholiken im Leben
ein zuversichtlicher Trost, denn er weiß,
daß die Ein- und Ausgehenden feiner nicht
vergessen und nicht an seinem Grabe einst
vorübergehen werden, ohne ihm ein Gebets-
almosen zu spenden. Wo immer irgend-
wie die Umstände es erlauben, sollten die
alten Kirchhöfe um die Pfarrkirchen er-
halten werden. Wir wissen, daß in Dorf-
gemeinden der Kirchhof in früheren drang-
vollen Zeiten nicht bloß der sichere Ruhe-
platz der Todten, sondern anch die Zuflucht
der Lebenden gewesen. Daher finden sich
ans alter Zeit in vielen Gegenden Deutsch-
lands und auch im Schwabenland stark
befestigte mit Thürmen und Umlauf be-
wehrte Kirchhöfe inmitten der Dörfer, oder
ob denselben wie eine geistliche Burg ge-
legen.

Der Wunsch, die Ruhestätte nicht bloß
in geweihter Erde, sondern anch in der
Nähe der geweihten Kirchen zu haben, hat
alsbald auch an den Orten, wo uothge-
drnngeu der Gottesacker von der Pfarr-

kirche hinweg hinaus vor die Ortschaften
verlegt werden mußte, dazu geführt, daß
auf den Friedhöfen eigene Gottesackerkirchen
und Kapellen errichtet wurden. Solche
Gottesackerkirchen finden sich ans mittel-
alterlicher Zeit, wie aus späterer genug
im Lande, ja es läßt sich ein katholischer
Gottesacker ohne eine Friedhofkapelle kaum
denken. Wo in neuerer Zeit Gottesäcker
angelegt werden, sollte man die Errichtung
einer Friedhofkapelle nicht außer Acht lassen.
Die alten Friedhofkapellen waren gewöhn-
lich dem hl. Michael, dem Geleitsmann
der armen Seelen, geweiht. Man erbaut
diese Friedhofskapellen nicht etwa zur Ab-
haltung von Leichenfeiern in denselben oder
als Unterstand bei Unwetter oder als
Leichenhans, sondern als Andachtsstätten.
Daher würde sowohl für Dorf- wie Stadt-
gemeinden eine kleinere Kapelle genügen,
da heutzutage selten die Mittel reichen
dürften zur Ausführung so schöner Ka-
pellen, wie z. B. die alte Reichsstadt Rott-
weil auf ihrem alten Gottesacker bei St.
Laurentius und in ihrem gegenwärtigen bei
der interessanten Rnhe-Christikapelle solche
besitzt. Vor einigen Jahren wurde eine
Polygone Friedhofkapelle in Tettnang er-
baut, die nebst den damals im Archiv ver-
öffentlichten Entwürfen des Herrn Archi-
tekten Cades Nachahmung verdiente. Wo
nur geringe Banmittel vorhanden, sollte doch
wenigstens eine nach Art der offenen Feld-
kapellen in die eine Mauerslncht etwa eiu-
znfügende Kapellennische errichtet werden
können. An vielen Orten muß freilich ein
großes Kreuz Kirche uud Kapelle ersetzen,
das als das alles überragende Sieges-
zeichen ohnedies aus keinem Gottesacker
fehlen darf.

Die Friedhöfe des Südens haben ihren
Hauptreiz in den Arkaden, von denen sie
umgeben sind. Diese Arkaden beleben, ver-
schönern und nützen. Sie beleben die
lange Flucht der sonst wie eine Kerker-
inaner erscheinenden Friedhofsmauer. Sie
verschönern den ganzen Friedhof und ge-
währen Raum und Ort zur Verschönerung
durch Unterbringung von Kreuzwegen oder
Bildercyklen. Sie nützen, denn zumeist
werden auch sie zu Grabstätten, Familien-
gräbern re. benützt, könnten bei Prozessio-
nen, so sie um die Kirche gelegen, dienen;
so hätte man die vielleicht gerade in der
 
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