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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 13.1895

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Nr. 2
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Probst, Josef: Ueber Skulpturen in der Sammlung des Kirchenraths Dursch, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15912#0014

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Archiv für christliche Runst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Runst.

kferausgegebeu und redigirt von Stadtpfarrer Reppler in Freudeustadt.

Verlag des Rotteuburger Diözesan-Uunstvereins,
für denselben: der Vorstand Pfarrer Hetze! in St. Lhristina-Ravensburg.


Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für Ji 2.05 durch die württembergischen (Ji 1 90
un Stuttgarter Bestellbezirk). M 2.20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalten
fl. 1.27 in Oesterreich, Frcs. 8.40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden'
auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags direkt
von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbansstraße 94, znni
Preise von Ji 2.05 halbjährlich.

Ueber Skulpturen iu der Sammlung
des Airchenraths Durfch

(Lorenzkapelle in Rottweil).

Von Pfarrer vr. Probst in Essendorf.

(Schluß.)

Bei Tillmann Niemenschneider in Würz-
burg kommen ebenfalls langgezogene Falten
mit sehr zahlreichen Einknicknngen vor,
wie die Lichtdrucke in dem Werk von
Münzenberger zeigen, womit auch ein Licht-
druck in den Bildern ans dem königlichen
Kunst- und Alterthnmskabinet in Stutt-
gart Tafel IV übereinstimmt. Aber bei
Niemenschneider find die Falten nicht röhrig
mit rundlichem Rücken, sondern haben eine
scharfe Kante und die Einknicknngen sind
nicht seicht und weich, sondern scharfeckig.
Der Gesammteindrnck ist deshalb ein ganz
verschiedener.

Das Kostüm sodann weist ans die erste
Hälfte des 16. Jahrhunderts hin, sowohl
bei den männlichen als weiblichen Perso-
nen, wobei besonders das Barett, das sich
ans den Köpfen aller jugendlichen
männlichen Figuren befindet, von entschei-
dender Bedeutung ist. Die Figuren des
Germanischen Museums sind jedoch, was
die Zierrat der Kleidung und andere
Nebendinge betrifft, deutlich reicher ausge-
stattet. An der Mitra des hl. Martin
sind die Verzierungen durch Stickereien
deutlich heransgearbeitet, sogar die Sti-
ckereien ans dem Saume der Plnviale und
die Goldschmiedarbeiten an der Agraffe
desselben angegeben; die Kopfbedeckung der
weiblichen Figuren ist daselbst als sorg-
fältig ansgearbeitetes Diadem behandelt.
Bei den Figuren der Sammlung Dnrsch
ist solche Zierrat nicht angebracht, was
sich als Nebensache einfach schon ans den
Accordsbedingnngen erklären lassen wird,

i die in einem Falle günstiger, im anderen
ungünstiger gewesen sein mögen.

Diesen beiden Nummern des Germani-
schen Museums und der Rottweiler Samm-
lung möchten wir eine entscheidende Be-
deutung beilegen für die Aufstellung der
Identität des Meisters, oder wenigstens
der Werkstätte, ans welcher beide hervor-
gegangen sind; schon der erste Anblick ruft
i diesen Eindruck sogleich hervor.

Aber außer diesen finden sich, sowohl
in der Sammlung Dnrsch selbst, als auch
anderwärts in Oberschwaben zerstreut, noch
eine Anzahl Skulpturen, die denselben ganz
nahe stehen; in der Rottweiler Sammlung
befinden sich noch die Nr. 53 und 74.
Hier ist eine Grnppirnng verschiedener hl.
Personen in der Dreizahl gewählt; je
eine Figur ist sitzend dargestellt, die beiden
andern stehend. H Auch hier ist ein in-
neres Motiv für die Grnppenbildnng nicht
ersichtlich. Das Kostüm, Barett und
Schaube, sowie das sichtliche Anstreben
einer Porträtähnlichkeit, verweisen dieselben

*) Nälhselhast ist hie mittlere stehende Figur
in Nr. 53: ein Mann iu Schaube und mit
Barett hält ein Buch und eine Feder; das Ge-
sicht desselben ist augenfällig porträtartig gehalten.
Dnrsch deutet dieselbe im Katalog als den hl.
Evangelisten Matthäus. Diese Auffassung ist
kaum statthaft. Wir möchten lieber au den hl.
Dionysius Areopagita der Apostelgeschichte denken,
der Mitglied des Areopags mar (Patrizier), dem
aber im Mittelalter zugleich eine bedeutende
Thätigkeit als theosophischer Schriftsteller beige-
legt wurde. Es war im ausgehenden Mittel-
alter keineswegs ungewöhnlich (Schaffner am
Choraltar im Ülmer Münster), das; Porträts von
Personen, die mit dem kirchlichen Bildwerk in ir-
gend einer Beziehung standen, in den Kreis der
heiligen Figuren selbst aufgenomineu wurden.
Ob dies auch hier zutraf, läßt sich freilich nicht
erweisen, aber wir werden unten auch ans einen
Bildschnitzer Dionys Stecker zn sprechen kom-
men, der vielleicht diesem Bildwerk nicht fremd
war.
 
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