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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 13.1895

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Nr. 6
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Busl, Karl Anton: Defensives zur Bildhauer Schrammfrage, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15912#0060

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51

wir gesehen, im linken Seitenschiff und ivird nach
1385 erstmals wieder, soweit sich nach die Akten
erhalten haben, am Freitag vor Palmtag 1449
erwähnt, wo die Pfrnnd und der Altar
U. L. F. zu St. Jos und deren Kaplan Konrad
Kuniber von Hans Zainler einen Zinsbrief von
7 Schilling Pfennig au§ 7 Pfund Pfennig Haupt-
gut sich ausstellen lassen.’)

Auch die Persönlichkeit der Stifterin Katha-
rina Hager stimmt nicht zu der Hypothese Probsr's
von einem Ehepaar. Sie nennt sich in ihrem
Stistungsbriefe nicht, wie es sonst vorkommt,
„Wittib" oder „des N. N. selig hinterlassene
Wittib", beziehungsweise „eheliche Hausfrau",
auch der Kaplan Schund sagt nichts dergleichen
in seinem Revers, und wo er diejenigen auf-
zählt, für welche der Jahrtag gehalten werden
soll, nennt er weder Alaun, noch Kinder, son-
dern nur der Stifterin Eltern und Geschwister
und, wie dies auch sonst so gehalten wird, die
ganze vor und nach ihr lebende Verwandtschaft.
Am Donnerstag nach St. Ottmar 1466 stiftete
Ursula von Neidegg das nach ihr benannte Bene-
fiziunr zu Ehren U. L. F., des hl. Johann Ev.,
Katharina und Michael. Auch sie hat einen
Vogt, Hans Sürg, der die Zustimmung zu der
Stiftung gibt, und nennt im Stiflnngsbrief
weder Alaun, noch Kind, war also gleichfalls
unverehelicht.* 2)

Nach dem Vorgebrachten kann eine Verbindung
zwischen der Stiftung der Katharina Hager und
dem Hirscher'schen Aladvnnenbild schlechterdings
nicht kvnstruirt werden und die Behauptung, „der
Stiftungsbrief zu dem Frauenaltar einerseits
und die Skulptur andererseits passen in einer
Reihe von speziellen Zügen zusammen", wird,
weil ihres Fundamentes verlustig gegangen, hin-
fällig. Die Skulptur ist deshalb ohne Rück-
sicht auf die Stiftung der Hager zu betrachten.2)
Man kann dann nicht behaupten, der Mann und
die Frau im Vordergrund seien ein „ohne Zwei-
fel" kinderloses Ehepaar. Daß sie ein Ehepaar
sind, ist wahrscheinlich, aber nicht unbedingt sicher;
sicher ist nur, daß sie die Hauptstifter sind; sie
können auch Verwandte sein; sind sie aber Ehe-
leute, so können die vier hinter dem Mann er-
scheinenden jugendlichen Gestalten leicht die Kinder
vorstellen, während die hinter der Frau befind-
lichen drei Personen wegen der Aehnlichkeit der
Gesichtsbildung Verwandte von ihr sein mögen.
Daß die Stifter Rebleute vorstellen, konnte auch
nur unter dem Einflüsse des oftgenannten Re-
gestes angenommen werden; ihre Kleidung weist
sie vielmehr dein reicheren Bürgerstand oder auch
der« Patriziat zu. Der Mann trägt eine pelz-
verbrämte Schaube, die Frau einer: faltenreichen
Mantel und über der Rise noch ein Kopftuch,
welches vorrre vor der Brust an den Zipfeln

') Stadtarchiv Fase. 3013. Es ist nicht eine Stif-
tung Zainlers, wie Hafner a. a. O. 360 irrig
angibt.

2) Stadtarchiv Fase. 3r68.

3) S. die Abbildung Archiv 1889 Nr. 8, S. 82
und bei Bvde-Tschudi, Beschreibung der Bildwerke
der christlichen Epoche in den K. Museen zu Berlin;
Berlin. Speenrann 1888, Tafel XXII, Nr. 330.

zusammengefaßt ist. Ganz genau dieselbe Tracht
sieht man bei der Rittersfrau Margaretha von
Westerstetten, geb. vor: Wernarr, auf einer der
Tafeln des ehemaligen Hochaltars von Dracken-
stein *) und eine sehr ähnliche bei den Pa-
trizierinnen auf der A. Kraft'schen Grablegung
in Nürnberg (1492), wo, da die Mode wechselte,
das Kopfinch rricht so umfangreich nrrd vorn nicht
zusammengefaßt ist und bei etlichen über den
Nacken hinaussteht. Dieser Theil war jedenfalls
anfangs gesteift und gegen das Jahr 1490 hin
durch ein Drahtgestell gestützt, wurde allmälig
hoch arrfgebauscht und so die frühere Form nach
rrnd nach verdrängt. Doch blieb auch in der
Folge noch geraume Zeit dieses Kopf- und Nacken-
Inch und der faltige Mantel, die feierliche Tracht
für den Kirchgang (vgl. Dürer's Trachtenbil-
der von 1500 und Hans Burgkmaiers (1472 bis
1531) Stich „die Trauung").2) Daß an der
Hirscher'schen Gruppe „Maria-Schutz" für den
nieder« Stand der Stifter von Lr. Probst das
Fehlen eines Familienrvappens angeführt ivird,
ist nicht entscheidend; rvarerr es nicht reiche Bür-
gersleute, sondern Patrizier, rvas dahingestellt
bleibt, so konnte ihr Wappen, rveil es sich rnn
einen ganzen Altar handelte, auch an irgend einer
anderen Stelle desselben, z. B. gleich unterhalb
der Gruppe an der Predella angebracht sein.
Bon der Madonna selbst ivird behauptet, daß
„der lange, schmale Streifen, der über den ganzen
Leib herabreicht, in schmalen Längssalten sich
kuridgebend „„offenbar"" ein Skapulier ist" und
zur Beleuchtung der Anwendung dieses Gewand-
stückes arif das damals in Ravensburg bestehende
Karmeliterklvster hingewiesen.

Gerade diese Fältelung aber beweist, daß es
sich hier um kein Skapulier handelt (dieses trägt
sich glatt und hat regelmäßig arrch diese Ge-
staltung arr den mit ihm bekleideten Figuren),
sondern nur eine Partie des Obergervandes. Eine
arr die Generaldirektivn der Kgl. Museen in Ber-
lin gerichtete Anfrage hat dies bestätigt. In
ihrer gefälligst gegebenen Antwort fügt sie noch
bei, dieses Obergewand sei vergoldet und die Ver-
goldung noch die ursprüngliche, der Mantel ge-
mustert und blau gefüttert.

Mit diesen Auseinandersetzungen ist eigentlich
schon entschieden, daß die verschiedenen Probst'schen
Hypothesen sich als hinfällig erwiesen haben.

Zur Vervollständigung des Gesagten möge in-
dessen rroch gezeigt werden, daß, ivenrr an der
Stelle des Äpostelaltares im rechten Seitenschiffe
der Jodvkskirche in der Thal ein Marienaltar
gestanden rväre, dies, einen regelrechten, schlan-
ken Aufbau vorausgesetzt, ein den Bilderkasten
mit der Hirscher'schen Madonna einschließender
Altar irr Anbetracht der Maßverhältnisse
nicht hätte sein können.

Bei der Restauration der St. Jodokskirche in
den sechziger Jahren, welche Verfasser als Vor-
stand des Restaurationsvereines vielfach anders

') K. Walchner, Bilder vom Hochaltäre in
Drackenstein, Stuttgart 1887, S. 12 f., rvo eine
sehr gute Abbildurrg.

2) Alwin Schultz, Deutsches Leben im 14. und 15.
Jahrhundert Große Ausgabe. Wien 1892. S. 387.
 
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