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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 13.1895

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Nr. 7
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15912#0063
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sen und Gesimsen oder Leisten, bereit Pro-
fil Eier- und Perlstab und Herzblatt zei-
gen, sowie mit Goldplatten umrahmt; die
ganze Struktur der Eintheilnng ist noch be-
sonders durch Weiß hervorgehoben. Durch
diese Eintheilnng wurden rings mit die Bil-
der des Chores und Schisses Felder ge-
wonnen, welche im Gegensatz zum figuralen
Schmuck ornamentalen ansnehmen konnten,
schwungvoll gezeichnete, polychrom und pla-
stisch gemalte Motive ans hell, gelbgrancm
und theilweise grüngrauem Grunde. Zwi-
schen diesen weißen Umrahmungen, welche
Bilder- und Ornameutfelder abgrenzen,
ziehen sich dunkelblaue Friese hindurch, die
mit einem in Goldton gemalten Mäander
bedeckt sind. Mit diesen Hellen, gelbgranen
Feldern wechseln wieder dunklere, die in
einfachen Tonornamenten behandelt sind
und zugleich so zu sagen den Uebergang
Herstellen zu den Luftlöchern, welche in
Folge des Durchbruches der Decke dunkel
erscheinen. Diese Luftlöcher haben bei
dieser Art der Behandlung nichts Stö-
rendes, wie es oft vorkommt, da sie sich
vollkommen der Ornamentik und besonders
der Eintheilnng des ganzen Plafonds an-
bequemen. Die glatten Plafonds schließen
mit einer plastischen Stnckleiste, die in
Weiß und Gold behandelt ist, ab und
leiten mit einer violett-grauen Hohlkehle
und nochmaliger Stuckleiste in die Waud
über.

So zeigt auch diese Kirche in Ober-
eschach, wie die in dem nahen Liebenau,
schon in ihrer dekorativen Ausstattung ein
Meisterstück, namentlich in der Hinsicht,
daß wir überall den s e l b st ä n d i g s ch a f-
senden Künstler sehen. Auch die
Fassung der Altäre und der übrigen Aus-
stattungsgegenstände der Kirche gliedern
sich in ihrer Polychromirnng harmonisch
dem Ganzen ein und wenn auch die Fas-
sung der Zopffignreu und anderer plasti-
schen Beiwerke nicht ans gleicher Höhe mit
der herrlichen Ausmalung der Kirche stehen,
so verursachen doch auch sie keine Dis-
harmonie und steht ihre polychrome Er-
neuerung in richtigem Verhältniß zu ihrem
plastischen Werte.

Wenn man schon ans die dekorative
Ausstattung unserer Kirche so reichen künst-
lerischen Aufwand machte, konnte natur-
gemäß und wie von selbst auch die figu-

rale Ausmalung nickt znrückbleibeu; man
mußte auch hier einen Maler wählen, der
selbständig Kompositionen zu entwerfen
anszuführeu im stände war. Und nicht
nur dieses, es mußte auf einen Meister
reslektirt werden, von dem Kunstwerke
im eigentlichen Sinn des Wortes zu er-
warten waren. Was lag aber näher, als
auch hier die Arbeiten dem Münchner
Historienmaler Gebhard Füget, unserm
Landsmann, zu übertragen, der sich in dem
nahen Liebenau so trefflich erprobt hat?
Als Darstelluugsgegeustände wählte man
— es sollten nur die Plafonds Bilder
ei halten — für den Chor die Predigt des
hl. Johannes des Täufers, für das Schiff
die Himmelfahrt Christi und die vier la-
teinischen Kirchenväter, sowie die hl. Cä-
cilia. Die Skizzen und Kartons wurden
von Fugel in seinem Atelier zu München
sorgfältig entworfen und die Arbeiten im
Laufe der Sommermonate von 1893 und
1894 an Ort und Stelle ausgeführt.

Die Komposition des Chores, die Pre-
digt des hl. Johannes des Täu-
fers, des Patrons der Kirche, zeigt den
Heiligen, wie er in der Wüste predigt:
„Da ging hinaus zu ihm Jerusalem und
ganz Judäa und die ganze Umgegend an
den Jordan" (Matth. 3, 5). Wir sehen
in eine öde orientalische Landschaft, im
Hintergründe begrenzt von einer großen
Felsrnparthie, aber beleuchtet von dem
magischen Lichte der morgenländischen Sonne.
Ans einem Felsenvorsprnnge steht die groß-
artige, ascetische Gestalt des Vorläufers
des Herrn so, wie ihn uns die Schrift
schildert, „bekleidet mit Kameelhaaren und
einem ledernen Gürtel um seine Lenden"
(Mark. 1, 6).

Es ist zwar eine dankbare, aber nicht
so leichte Aufgabe, die Gestalt des hl. Jo-
hannes des Täufers zu entwerfen, der
schon durch die Weissagungen als die be-
deutendste Persönlichkeit des Alten Bundes
bezeichnet ist. Mit einer wahren Be-
geisterung sehen daher wir sckM frühzeitig
den „Größten der vom Weibe geborenen"
durch fast unzählige Werke der Malerei
und Plastik verherrlicht und zwar sowohl
in Einzelngestalten als in zahlreichen
Scenen aus seinem Leben. Gewöhnlich
erscheint der Heilige als eine lange, hagere
und sonnenverbrannte Gestalt, Brnst, Leib
 
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