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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 13.1895

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Nr. 11
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Erste Ausstellung der deutschen Gesellschaft für die christliche Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15912#0098

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Archiv für christliche Nunst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Knust.

peransgegebeu und redigirt von Stadtpfarrer Aeppler in Freudenstadt.

Verlag de? Rotteuburger Diözesail-Kunstvereius,
für denselben: der Vorstand Pfarrer Detzel in St. Lstristina-Ravensburg.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für M. 2.05 durch die württembergischen (M. 1.90
im Stuttgarter Bestellbezirk), M. 2.20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalteii,
tt fl. 1.27 in Oesterreich, Frcs. 3.40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen lverdeu
itU-l ♦ 11« auch angenommen von allen Buchhandlungen, sowie gegen Einsendung des Betrags direkt
von der Expedition des „Deutschen VoNsblatts" in Stuttgart, Nrbansstraße 91, zum
Preise von M. 2.05 halbjährlich.

D. Erste Ausstellung der deutschen
Gesellschaft für christliche Kunst.

(Fortsetzung und Schluß.)

Aufsehen erregt ebenfalls durch feine
technische Behandlung „Der Jüngling zu
Naim" von dem Düsseldorfer L o ni s Feld-
iit anii. Wenn der Meister mit seinem
Bilde in malerischer Beziehung auch einen
großen Erfolg zu verzeichnen hat, indem
er ans der Antwerpener Ausstellung 1894
die erste Medaille erhielt, so können wir
der Darstellung trotz ihrer tüchtigen Kom-
position und der vorzüglich geschulten ma-
lerischen Behandlung doch keinen rechten
Geschmack abgewinnen. Eine das gewählte
Thema verwässernde Originalitätshascherei
tritt hier so offen zu Tage, daß sie den
Eindruck, den das Bild machen soll, fast
vollständig verwischt. Wir haben eben
nicht die Auferweckung eines Verstorbenen
vor uns, sondern ein einfaches Leichen-
begängnis, eine Grablegung, bei der
Christus der Herr mitgeht und die Wittwe
tröstet, ohne aber durch eine göttliche That,
durch ein Wunder, in das herbe Geschick
der Wittwe einzugreisen. Wie einfach und
doch in Harmonie mit der biblischen Er-
zählung haben die Alten unfern Gegen-
stand gegeben! Schon ans den Sarkophagen
des 4. und 5. Jahrhunderts richtet sich
der Jüngling von der Lectica auf und
sitzt wie ans einem Stuhle. Im 6. Jahr-
hundert z. B. in dem Evangeliencodex von
Cambridge sehen wir bereits einen Leichen-
zng wenigstens angebeutet und dem Be-
richt der heiligen Schrift näher getreten;
der Jüngling wird eben ans dem Stadt-
thore heransgetragen; Christus steht da,
die Rechte gegen den Jüngling ansstreckend,
um das Wort anzndente» : „Jüngling, icb
sage dir, stehe auf!" In der romanischen
Kunst, z. B. ans dem Wandgemälde der

St. Georgskirche ans der Reichenau be-
wegt sich der Leichenzng ans dem befestig-
ten Castellnm und hat, dem Evangelium
getreu, eben die Thore desselben verlassen,
als von der anderen Seite Jesus, von
nenn seiner Jünger gefolgt, ihm entgegen-
tritt; die Wittwe ist dem Herrn zu Füßen
gefallen und dieser erhebt sprechend („Jüng-
ling, ich sage dir, stehe auf!") seine Rechte
nach der Bahre zu, von welcher der An-
geredete sich ansrichtet. Würden die Künstler,
welche sich aufs religiöse Gebiet wagen
wollen, mehr sich an die Worte der hei-
ligen Schrift halten und namentlich auch
die Alten mehr befragen, so würden sie
keine solche ikonographischen Schnitzer
machen, wie die Feldmannsche Komposition
fie anfweist.

Von Franz von Defregger sieht
man in dem Saale eine „Anbetung der
Hirten", deren Komposition ebenso einfach
als klar ist und die eine Auffassung von
großer Innigkeit und tiefem Glauben zeigt;
das Colorit erinnert sehr an seine welt-
bekannten Tirolerbilder. Friedrich von
Kanlbach hat eine „Hl. Cäcilia" ansge-
stellt, der nicht eine eigenthümliche Färbmig,
wohl aber jede „Heiligkeit" fehlt. Woran
soll man erkennen, daß das eine „Heilige"
ist? Wir haben ein einfach schlichtes,
orgelspielendes Mädchen vor uns. Einem
solchen Ding den Namen einer Heiligen
zu geben, ist eigentlich ein Mißbrauch.

Daß unsere „Deutsche Gesellschaft für
christliche Kunst" wie schon in den Mappen
so auch in ihrer ersten Ausstellung nicht
einseitig vorging, sondern so ziemlich allen
Richtungen vom überzeugten oder dilettan-
tischen Nachahmer romanischer und go-
thiscber Form bis zum modernsten Farben-
künstler Unterkunft gewährte, beweist der
Umstand, daß sogar ein „Secessionist",
allerdings ein zahmer, ansstellen konnte.
 
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