Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 13.1895

DOI Heft:
Nr. 11
DOI Artikel:
Erste Ausstellung der deutschen Gesellschaft für die christliche Kunst, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15912#0101

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
92

Ciborienkelch in vergoldetem Silber ans
dem bekannten Atelier von Jakob Leser
in Straubing, eine Tanfschüssel, fein gra-
virt, eine Pa;-- oder Kußtafel nnd eine
Hostienbüchse, alle drei Stücke ans Silber
gefertigt von oer Freiin Wilhelm ine
von Grube n in München ; von derselben
Künstlerin stammen auch die sechs Blätter
Miniaturen. Ein HanSaltärchen ans Eichen-
holz von Heinrich Schwade in Mün-
chen ist plastisch weniger gut dnrchgeführt
als desselben Meisters ztvei kleine Statuet-
ten St. Petrus und Paulus. Ein in
Kupfer getriebener romanischer Tanfstein-
deckel ist von Jos. Lasser in München
ansgeführt, nackdem sein Entwurf als
Konkurrenz für den alten Taufstein in der
Kirche zu Brenken in Westfalen den ersten
Preis erhalten hat. Was die Gemälde in
diesem Saale anlangt, so stehen sie an
Zahl und Bedeutung denen in den andern
Sälen nach. >Der Münchener Anton
Stockmann wollte, wie mir scheint, in
seinem Gemälde »ecce ancilla Domini«
den Gedanken wiedergeben, den Wade re
in seiner »Rosa mystica« so schön ans-
gedrückt hat. Aber da reichen Form und
Auffassung lange nicht hin, denn ein schwär-
merisch zum Himmel anfschanendes Mäd-
chen ist noch keine „Magd des Herrn".
Von kleineren plastischen Werken, die hier
noch zu sehen sind, führen wir zum Schlüsse
nur noch die „Madonna mit dem Jesus-
kinde" von dem Salzburger Bildhauer
Michael Ruppe an, dessen technische
Ausführung und geistige Auffassung uns
zum Ankäufe des Bildchens veranlagte.
Die Kritik über dasselbe überlassen wir da-
her andern!

Nur noch einige Sätze, die uns bei Ver-
gleichung unserer Ausstellung mit den bis-
herigen modernen Ausstellungen, sei es im
Glaspalaste oder bei den Secessionisten,
soweit sie religiöse Gegenstände betreffen,
eingefallen sind! Was uns bei den letzt-
jährigen Ausstellungen, namentlich den seces-
sionistischen, abgesehen von ihrem religiösen
Gehalte überhaupt, besonders ausgefallen
ist, das war die große Anzahl von Land-
schaftsbildern. Nehmen wir z B. gleich
die letzte Stuttgarter Ausstellung der Seces-
sion. Da sehen wir schon im ersten und
zweiten Saale ungefähr zusammen 60 Land-
schaften, im vierten etwa 10, im fünften

gar „nichts als Gegend", im sechsten wieder
20, kurz, bei der Gesammtzahl der nicht
viel über zweihundert Bilder betragenden
Ausstellung war mehr als die Hälfte der
Landschaftsmalerei gewidmet. Woher diese
Erscheinung, die an und für sich schon eine
Ausstellung einförmig und langweilig
machen muß, besonders, wenn dasselbe
Thema ein paar Dutzendmal wiederkehrt?
Es ist offenbar die Gegenstandslosigkeit, der
Ma nge l an Ged ankeninh alt, der
weite Kreise der Künstler erfaßt hat. Woher
aber dieser Mangel an Gedankentiefe, fragen
wir weiter? Wir erklären uns diese Er-
scheinung aus der falschen Auffassung der
Modernen über die Frage: was ist Knust?
Das falsche Formalprinzip dieser Richtung,
daß Natur Kunst sei, daß die Kunst keinen
andern Zweck als sich selbst, die Kunst,
habe, und daß also nur derjenige ein eigent-
licher Maler sei, der die Natur nachmalt,
erklärt uns hinlänglich die große Anzahl
der Landschaftsbilder. Daß ein solcher
Grundsatz in der Kunstrichtung nicht nur
Einseitigkeit, sondern noch viel größeru
Schaden, daß er nur Verwirrung und
Schmälerung ihres Herrschaftsgebietes
bringen kann, ist selbstverständlich. Die
nächste Konsequenz kann nichts anderes sein
als der Untergang einer jeoen religiösen und
Historienmalerei. Hier auf diesen Feldern
muß man denken und etwas wissen,
eine Landschaft „komponiren" kam: im Noth-
falle die Photographie. Welche Gedanken-
fülle tritt uns dagegen bei der Ausstellung
der Gesellschaft für christliche Kunst ent-
gegen !

Als eine weitere Eigenthümlichkeit bei
den Ausstellungen der Modernen mußte
jedem Besucher eine ebenfalls stark vertre-
tene Art von Malerei ansfallen, die weder
Genre noch Landschaft, weder Historie noch
Mythologie, am allerwenigsten aber religiöse
Kunst genannt werden kann. Es ist eine
Malerei, die im eigentlichen Sinne des
Wortes das Bizarre und Ph antast -
ische knltivirt, das dann selbst wieder bis
zum Häßlichen ansartet. Viele dieser Bilder
suchten so zu sagen mit Gewalt sich dem
Blicke anfzndrängen, — wie das ja auch
Menschen mit sonderbarem Benehmen thnn
—, aber ihre Sprache ist ganz unver-
ständlich und verwirrt, man meint vielfach
Schöpfungen aus dem Jrrenhanse vor sich
 
Annotationen